Название | Ernst Kuzorra |
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Автор произведения | Thomas Bertram |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783730705728 |
Dabei mussten - was aber offenbar nur für Pflichtspiele galt, siehe oben - Tore für Kuzorra stets einen Zweck erfüllen, und der lag nicht darin, möglichst hoch zu gewinnen. Was andere Schalker ähnlich sahen: „Denn ins Tor schießen [...], das war wahrhaftig nicht der Zweck des Spieles. Schön spielen, zaubern und kreiseln sollten alle. Tore wollten die Zuschauer gar nicht sehen, die waren lächerlich“, erinnerte sich Rechtsverteidiger Hans Bornemann, der mit den „Knappen“ sechsmal Deutscher Meister wurde, in der Jubiläumsschrift zum 50-jährigen Vereinsjubiläum augenzwinkernd.
Dennoch waren angesichts der Schalker Überlegenheit Kantersiege gegen Stadt- und Lokalrivalen schon seit den 1920er Jahren keine Seltenheit. Allerdings hatte das zur Folge, dass sich häufig nur ein paar Hundert Unentwegte ins Stadion verirrten. Am 13. Februar 1938 erlebten gerade mal 700 Zuschauer in der Kampffahn Glückauf ein 8:1 gegen Hüsten 09, zu dem Kuzorra zwei Tore beisteuerte. Auch deshalb waren die in solchen Partien ohne große Anstrengung herausgespielten Treffer im Grunde gar nicht wichtig, ebenso wenig wie Tore, die am Ende nicht zum gewünschten Erfolg verhalfen, etwa Kuzorras von ihm selbst als „ärgerlich“ bezeichnete beide Tore im Wiederholungsspiel um die Deutsche Meisterschaft 1938 gegen Hannover 96. Ärgerlich waren sie deshalb, weil sie nichts einbrachten! Denn die Partie ging in der Verlängerung mit 3:4 verloren. Und der Titel ging an Hannover 96.
Ein Tor, das etwas „einbrachte“, war Kuzorras Treffer zum 2:1 gegen den 1. FC Nürnberg im Meisterschaftsfinale 1934, „wieder mal eine der alten Kuzorra- Bomben“, wie die Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung anderntags schrieb. Es bescherte Schalke die erste Deutsche Meisterschaft, war aber nicht Kuzorras erster spielentscheidender Treffer in einem entscheidenden Spiel. Acht Jahre zuvor hatte er ein ähnlich wichtiges Tor erzielt. Eines, mit dem der damals 20-Jährige das Fundament für die Schalker Erfolge der nächsten anderthalb Jahrzehnte legte.
Als Sieger in der Gruppe Gelsenkirchen der zweitklassigen Emscher-Kreis- liga trafen die Schalker am 18. April 1926 im Endspiel um die Kreismeisterschaft und den Aufstieg in die 1. Ruhrbezirksklasse im Altenessener Kaiserpark auf die Sportfreunde 07 Essen. Zur Halbzeit lagen sie 0:1 hinten. In der Kabine gab es fragende Gesichter in Richtung des Kapitäns, der sich siegesgewiss gab. Das Spiel gewinnen wir, wollen wir und müssen wir gewinnen! Tatsächlich glich Schalke nach der Pause durch Huppertz aus, und in der 114. Minute traf Kuzorra zum siegbringenden 2:1. Knapp zweieinhalb Jahre nach seiner zweiten „Gründung“ und pünktlich zum Ablauf der vom Westdeutschen Spielverband 1922 verfügten vierjährigen Auf- und Abstiegssperre stieg der Verein damit in Westdeutschlands höchste Spielklasse auf.
„6 Minuten vor Schluß fällt endlich das Siegtor, das schönste, das die Zuschauer seit langer Zeit gesehen haben. Eine Flanke von halbrechts nimmt Kuzorra und köpft zum ,Gauligaaufstieg‘ ein. Der Rest der Spielzeit war ein Drängen Essen’s, jedoch Schalke war nicht mehr zu schlagen“,
schrieb die Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung in ihrer Montagsausgabe vom 19. April 1926 über diesen Treffer, der ebenfalls etwas „einbrachte“.
Dreifach gegründet hält besser
Im Jahr 1904, nicht überprüffaren mündlichen Überlieferungen zufolge am 4. Mai, einem Mittwoch, gründeten ein paar Jungbergleute und Handwerkslehrlinge aus der Gegend um die Herzog-, Hammer- und Gewerkenstraße in Schalke den SV Westfalia Schalke. Um den Makel des „wilden Vereins“ loszuwerden, schloss man sich acht Jahre später, am 17. März 1912, dem Schalker Turnverein 1877 an und bemühte sich erfolgreich um Aufnahme in den Westdeutschen Spielverband (WSV).
Nachdem der Spielbetrieb im Ersten Weltkrieg zum Erliegen gekommen war, wurde 1915 auf Initiative des aus Essen-Kray stammenden Bankangestellten Robert Schuermann mit einigen Gleichgesinnten aus bürgerlichen Kreisen erneut ein Verein unter dem Namen „SV Westfalia Schalke“ ins Leben gerufen, der noch im selben Jahr Aufnahme in den WSV fand. Nachdem sein Gründer Schuermann und die meisten Spieler zum Militär eingezogen worden waren, konnte aber auch dieser Verein keine Spiele mehr austragen.
Am 25. Juli 1919 schlossen sich nach Streitigkeiten um die Nutzung eines gemeinsamen Spielfeldes an der Grenzstraße die „zweite Westfalia“ und der Schalker TV 1877, der bereits die „erste Westfalia“ geschluckt hatte, zum „Turn- und Sportverein Schalke 1877 e.V.“ zusammen.
Nach der von der Deutschen Turnerschaft zum 31. Dezember 1923 verfügten „reinlichen Scheidung“ zwischen Turnern und Sportlern verließen die Fußballer den TuS Schalke 1877 vier Jahre später wieder und gründeten am 5. Januar 1924 in der Gaststätte Oeldemann an der Ecke Wilhelminen- und Grenzstraße in Gelsenkirchen den FC Schalke 04.
Ein Jahr später sicherte Kuzorra dem Aufsteiger quasi im Alleingang die erste Ruhrbezirksmeisterschaft, als er in den beiden Finalpartien gegen den BV Altenessen (1:0, 2:2) alle drei Schalker Treffer erzielte. Zuvor hatten die Essener noch getönt: „Wir werden es diesen Schalker Jungens schon zeigen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen.“ Kuzorra belehrte sie eines Besseren. Auch im Spitzenspiel um die Westdeutsche Meisterschaft gegen den punktgleichen Duisburger Spielverein wenige Wochen später war es der junge Nachwuchsstürmer, der beide Schalker Tore zum 2:2-Endstand erzielte. Die reichten jedoch nicht, um den Schalkern in ihrem ersten Gauligajahr zur „Westdeutschen“ zu verhelfen, denn die letzte Endrundenpartie gegen Fortuna Düsseldorf ging mit 3:4 verloren, während die Duisburger ihr letztes Spiel gewannen.
Auch Treffer, die nach Kuzorras Philosophie „nichts einbrachten“, waren natürlich Tore, und die produzierte der Schalker inzwischen am Fließband. In seinen 89 Gauligaspielen zwischen dem Aufstieg 1926 und der ersten „Deutschen“ 1934 blieb er lediglich in 21 Spielen torlos. In 59 Endrundenpartien zur Ruhrbezirks-, Westdeutschen und Deutschen Meisterschaft traf er lediglich 21-mal nicht, netzte in den übrigen 38 Spielen aber 57-mal ein. In den Gauliga-Spielzeiten von 1926 bis 1934 war er für etwa ein Drittel der Schalker Torausbeute verantwortlich. Nur Hermann Nattkämper erzielte in den Spielzeiten 1931/32, 1932/33 und 1933/34 für die Königsblauen mehr Treffer als Kuzorra; das Torverhältnis der beiden betrug in diesen Jahren 19:18, 23:19 und 24:18.
Schönheit und Effizienz
In den acht Jahren des Schalker Aufstiegs von der Emscher-Kreisliga bis zur ersten Deutschen Meisterschaft war Kuzorra Schalkes „Tormaschine“. Seine Treffer hatten entscheidenden Anteil daran, dass die deutsche Meisterschaftstrophäe „Viktoria“ im Sommer 1934 erstmals an den Schalker Markt kam. Dabei war das Kreiselspiel, wie Aussagen von einigen Mitspielern Kuzorras bestätigen, gar nicht primär aufs Toreschießen angelegt. Durch schnelle Flachpässe, verwirrende Kombinationen und häufiges, wie man heute sagen würde, „Verschieben“, eröffnete es den Spielern jedoch immer wieder Räume, die Torgelegenheiten schufen. Wir haben den Ball laufen lassen - und plötzlich kam der Steilpaß. Die filigrane Schalker Spielweise, das jeden Gegner langsam zermürbende schnelle Kurzpassspiel und die bullige Aggressivität eines Ernst Kuzorra ergänzten einander perfekt. In seinen besten Momenten spielte Schalke schön und erfolgreich. In seinen dunkelsten wurde man hingegen Opfer des schönen Spiels. Nach dem 3:3-Unentschieden gegen Hannover 96 im Meisterschaftsfinale 1938 schrieb die Fußball-Woche: „Es wurde wunderschön kombiniert, aber über lauter Abspielen und Quergepasse wurde das Schießen vergessen.“ Und als das Wiederholungsspiel 3:4 verloren ging, urteilte dasselbe Blatt: „Schalke ist in der zweiten Halbzeit wieder in seine beliebte Kreiselmanie verfallen und hat über dem Kreiseln den Meistertitel eingebüßt.“
Dieses schöne Spiel