Название | Ernst Kuzorra |
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Автор произведения | Thomas Bertram |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783730705728 |
Gelsenkirchen wurde zur Großstadt, und der preußisch-wilhelminische Obrigkeitsstaat beeilte sich, der städtebaulichen Entwicklung mit eigenen Repräsentativbauten seinen Stempel aufzudrücken. Zu diesen steinernen Machtdemonstrationen zählten der Schlachthof (1886), das neue Rathaus, ein verspielter Bau mit Spitztürmen, Erkern und gotischen Fenstern, der eher an Schloss Neuschwanstein denn an einen Verwaltungsbau erinnerte (1894), das Amtsgericht (1900), die Badeanstalt (1904), die erste ihrer Art im Ruhrrevier, deren Gründung hygienischen Notwendigkeiten entsprang, da die meisten Wohnungen weder über Toiletten noch über Bäder verfügten, und die Hauptpost (1911), die zusammen mit dem Hauptbahnhof den neu gestalteten Bahnhofsvorplatz nach Osten hin abschloss.
In der angrenzenden Ortschaft Schalke bestimmte hingegen nicht der Staat den Takt der Stadtentwicklung, sondern die Industrie. Keimzelle und Zentrum der neuen Ortschaft war das Bergwerk Consolidation, an das im Süden unmittelbar der Schalker Markt angrenzte. Im direkten Umkreis siedelten sich bald andere Industriebetriebe an, von denen aus sich das „neue“ Schalke anfangs planlos auf den bislang landwirtschaftlich genutzten Freiflächen zwischen den Industrieanlagen ausbreitete. Erste Impulse zu einer planvollen Stadtentwicklung gingen von der Industrie aus. Der Stadtteil Schalke wurde rasterförmig angelegt, die Hauptachsen bildeten in Nord-Süd-Richtung die Kaiser- bzw. König-Wilhelm-Straße und die Schalker Straße (ein alter Wiesenweg, der von der Zeche 1870 zunächst zur „Friedrichstraße“ ausgebaut wurde) und in WestOst-Richtung die Magdeburger bzw. Gewerken- und Grenzstraße. Erst im Jahr 1903 erhielt Schalke, das nun zur neuen Großstadt Gelsenkirchen gehörte, nach einer Typhusepidemie eine Kanalisation.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert entwickelte sich die Kaiserstraße zwischen Kaiserplatz und Schalker Markt zur repräsentativen Prachtstraße, gesäumt von Bäumen und klassizistischen Villen. Hier wohnten Bergwerksund Fabrikdirektoren, höhere städtische Beamte und Fabrikanten. Treffpunkt der Schalker Oberschicht war um 1900 der holzvertäfelte „Fürstenberger Hof“.
Etwas profaner waren die Vergnügungen in der parallel verlaufenden Schalker Straße, wo sich Geschäfte und Gaststätten aneinanderreihten, wo „normale“ Schalker ihre Einkäufe tätigten und die Kumpel sich nach der Schicht oder sonntags nach der Kirche mit Bier und „Kurzen“ stärkten. Durch die Schalker Straße ratterte im Jahr 1910 auch die Straßenbahn, die Alt-Gelsenkirchen mit dem Industrievorort verband und bis zur Endstation Schalker Markt fuhr.
Ein wenig der baulichen und kommerziellen Entwicklung hinterher hinkte die soziale Fürsorge der sprunghaft gewachsenen Großstadt für ihre Bewohner. Sie beschränkte sich auf das Polizeiwesen und die Armenpflege sowie den Bau von Straßen und Schulen. „Die Säuglingssterblichkeit ist hoch, die Schulbildung schlechter als in älteren Städten. Seuchen grassieren“, heißt es in der Schalker Vereinschronik Königsblau aus dem Jahr 2015. Für einen rudimentären soziokulturellen Unterbau durch „ein ausgebautes Netz von Umfeldorganisationen“, zu denen „Jugendverbände und Gesangsvereine ebenso wie Sportvereine“ zählten, sorgten die Kirchen und die verschiedenen politischen Lager. Weil diese Aktivitäten sich in gesonderten sozialen, konfessionellen und landsmannschaftlichen Subkulturen entfalteten, entstand in den neuen „Industriedörfern“ eine „politisierte Sozialstruktur“ (Königsblau) - der „Masurenaufruf“ hob ausdrücklich darauf ab -, innerhalb derer die einzelnen sozialen Gruppen ein relatives Eigenleben führten.
Aufgebrochen wurde diese Struktur durch eine Bewegung, die, aus England kommend und zunächst bürgerliche Pennälerkreise erfassend, nach dem Ersten Weltkrieg in der Industriearbeiterschaft: wachsenden Zuspruch fand und sich in den folgenden Jahren zu einem klassenübergreifenden Massenphänomen entwickelte: den Fußballsport.
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13 Vgl. dazu https://www.kuladig.de/Objektansicht/A-P363L310-20100420-0007, zuletzt aufgerufen am 19. Juni 2017.
14 Vgl. https://www.gelsenkirchen.de/de/stadtprofil/stadtgeschichten/stadtname_und_stadtwappen/index.aspx, zuletzt aufgerufen am 26. Juni 2017.
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