Название | Das Passagen-Werk |
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Автор произведения | Walter Benjamin |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788026829706 |
»Von allen Versprechungen, welche Cabets Roman, ›Reise nach Ikarien‹ gemacht, ist jedenfalls eine realisirt worden. Cabet hatte nämlich in dem Romane, den sein System enthielt, zu beweisen gesucht, daß der künftige communistische Staat kein Product der Phantasie enthalten und in Nichts irgend einen Wechsel erleiden dürfe; er hatte deshalb alle Moden und namentlich die capriciösen Priesterinnen der Mode, die Modistinnen, sowie die Goldarbeiter, und alle anderen Professionen, welche dem Luxus dienen, aus Ikarien verbannt und gefordert, daß die Trachten, Gerätschaften u. s. w. nie verändert werden sollen.« Sigmund Engländer: Geschichte der französischen Arbeiter-Associationen Hamburg 1864 II p 165/166 [B 4, 2]
1828 fand die Uraufführung der »Stummen von Portici« statt. Das ist eine wallende Musik, eine Oper aus Draperien, die sich über den Worten heben und senken. Sie mußte in einer Zeit Erfolg haben als die Draperien ihren Triumphzug (zunächst als türkische Shawls in der Mode) antraten. Diese Revolte, deren erste Aufgabe es ist, den König vor ihr selbst in Sicherheit zu bringen, erscheint als Vorspiel derjenigen von 1830 – einer Revolution, die doch wohl nur Draperie vor einem Revirement in den herrschenden Kreisen war. [B 4, 3]
Stirbt die Mode vielleicht – in Rußland z. B. – daran, daß sie das Tempo nicht mehr mitmachen kann – auf gewissen Gebieten zumindest? [B 4, 4]
Grandvilles Werke sind wahre Kosmogonien der Mode. Ein Teil seines œuvres ließe sich überschreiben: der Kampf der Mode mit der Natur. Vergleich zwischen Hogarth und Grandville. Grandville und Lautréamont. – Was hat die Hypertrophie des Mottos bei Grandville zu sagen? [B 4, 5]
»La mode … est un témoin, mais un témoin de l’histoire du grand monde seulement, car chez tous les peuples … les pauvres gens n’ont pas plus de modes que d’histoire et leurs idées, leurs goûts ni leur vie ne changent guère. Sans doute … la vie publique commence à pénétrer dans les petits ménages, mais il faudra du temps.« Eugène Montrue: Le XIXe siècle vécu par deux français Paris p 241 [B 4, 6]
Die folgende Bemerkung erlaubt, zu erkennen, welche Bedeutung die Mode als Tarnung ganz bestimmter Anliegen der herrschenden Klasse hat. »Die Herrschenden haben eine große Abneigung gegen starke Veränderungen. Sie möchten, daß alles so bleibt, am liebsten tausend Jahre. Am besten der Mond bliebe stehen und die Sonne liefe nicht weiter! Dann bekäme keiner mehr Hunger und wollte zu Abend essen. Wenn sie geschossen haben, so soll der Gegner nicht mehr schießen dürfen, ihr Schuß soll der letzte gewesen sein.« Bertolt Brecht: Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit (Unsere Zeit VIII 2/3 April 1935 Paris Basel Prag p 32) [B 4 a, 1]
Mac-Orlan, der die Analogien zum Surrealismus hervorhebt, die man 〈bei〉 Grandville findet, macht in diesem Zusammenhang auf das Werk von Walt Disney aufmerksam, von dem er sagt: »Il ne contient aucun germe de mortification. En ceci il s’éloigne de l’humeur de Grandville qui porta toujours en soi la présence de la mort.« Mac-Orlan: Grandville le précurseur (Arts et métiers graphiques 44 15 Dezember 1934 〈p 24〉) [B 4 a, 2]
»Zwei bis drei Stunden etwa dauert die Vorführung einer großen Kollektion. Je nach dem Tempo, an das die Mannequins gewöhnt wurden. Zum Schluß, das ist Tradition, erscheint eine verschleierte Braut.« Helen Grund: Vom Wesen der Mode p 19 (Privatdruck München 1935) In der erwähnten Gepflogenheit macht die Mode der Sitte eine Referenz, bedeutet ihr aber zugleich, daß sie vor ihr nicht halt macht. [B 4 a, 3]
Eine gegenwärtige Mode und ihre Bedeutung. Im Frühjahr 1935 ungefähr kamen in der Frauenmode mittelgroße à jour gearbeitete Metallplaketten auf, die auf dem Jumper oder dem Mantel getragen wurden und den Anfangsbuchstaben des Vornamens der Trägerin zeigten. Darin machte die Mode sich die vogue der Abzeichen zu nutze, die im Gefolge der ligues bei Männern sehr häufig geworden waren. Auf der andern Seite aber kommt damit die zunehmende Einschränkung der Privatsphäre zum Ausdruck. Der Name, und zwar der Vorname, der Unbekannten wird an einem Zipfel in die Öffentlichkeit gezogen. Daß damit die »Anknüpfung« einer Unbekannten gegenüber erleichtert wird, ist von sekundärer Bedeutung. [B 4 a, 4]
»Die Modeschöpfer … verkehren in der Gesellschaft und gewinnen aus ihrem Bild einen Gesamteindruck, sie nehmen Teil am künstlerischen Leben, sehen Premieren und Ausstellungen, lesen die sensationellen Bücher – mit anderen Worten, ihre Inspiration entzündet sich an den … Anregungen, … die eine bewegte Aktualität bietet. Da nun aber keine Gegenwart sich völlig von der Vergangenheit loslöst, bietet ihm auch die Vergangenheit Anregung … So läßt sich aber nur das verwenden, was in die Harmonie des modischen Klanges gehört. Das in die Stirn gerückte Hütchen, das wir der Manet-Ausstellung zu verdanken haben, beweist nichts anderes als daß wir eine neue Bereitschaft haben, uns mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts auseinanderzusetzen.« Helen Grund: Vom Wesen der Mode 〈München 1935〉 p 13 [B 4 a, 5]
Über den Reklamekampf des Modenhauses und die Modejournalisten. »Es erleichtert seine Aufgabe, daß unsere Wünsche übereinstimmen.« (sc die der Modejournalisten) »Es erschwert sie aber auch, da keine Zeitung oder Zeitschrift das als neu ansehen mag, was eine andere schon gebracht hat. Aus diesem Dilemma können ihn und uns nur die Photographen und Zeichner retten, die einem Kleid durch Pose und Beleuchtung vielerlei Aspekte abgewinnen. Die wichtigsten Zeitschriften … haben eigene, mit allen technischen und künstlerischen Raffinements ausgestattete Photoateliers, die hochbegabte, spezialisierte Photographen leiten … Allen aber ist die Veröffentlichung dieser Dokumente vor dem Zeitpunkt verboten, zu dem die Kundin ihre Wahl getroffen hat, also gewöhnlich 4 bis 6 Wochen nach der Erstaufführung. Die Ursache für diese Maßregel? – Auch die Frau will sich mit dem Auftreten in der Gesellschaft in diesen neuen Kleidern den Effekt des Überraschenden nicht nehmen lassen.« Helen Grund: Vom Wesen der Mode p 21/22 (Privatdruck München 1935) [B 5, 1]
Dem Überblick über die six premières livraisons zufolge befindet sich in der von Stéphane Mallarmé herausgegebnen Zeitschrift »La dernière mode« Paris 1874 »une charmante esquisse sportive, résultat d’une conversation avec le merveilleux naturaliste Toussenel«. Abdruck dieses Überblicks in Minotaure (II) 6 Hiver 1935 〈p 27〉 [B 5, 2]
Eine biologische Theorie der Mode im Anschluß an die im »Kleinen Brehm« p 771 geschilderte Entwicklung des Zebras zum Pferde »die sich durch Millionen von Jahren hinzog … Die in den Pferden liegende Strebung ging auf die Schöpfung eines erstklassigen Renners und Läufers … Die ursprünglichsten Tiere der Gegenwart tragen eine ganz auffällige Streifenzeichnung. Es ist nun sehr merkwürdig, daß die äußeren Streifen des Zebras eine gewisse Übereinstimmung zeigen mit der Anordnung der Rippen und Wirbel im Innern. Auch kann man durch die besonders eigenartig angeordnete Streifung an Oberarm und Oberschenkel die Lage dieser Teile schon äußerlich bestimmen. Was bedeutet diese Streifung? Schützend wirkt sie sicher nicht … Ihre Streifen werden … erhalten, trotz ihrer ›Zweckwidrigkeit‹ und – daher müssen sie … eine besondere Bedeutung haben. Sollten wir es hier nicht mit äußeren auslösenden Reizen für innere Bestrebungen zu tun haben, die in der Paarungszeit besonders lebendig werden müssen? Was dürfen wir aus dieser Theorie für unser Thema übernehmen? – Mir scheint, etwas grundlegend Wichtiges. – Die ›sinnwidrige‹ Mode übernimmt, seit die Menschheit von der Nacktheit zur Kleidung übergegangen ist, die Rolle der weisen Natur … Indem nämlich die Mode in ihrem Wandel … eine dauernde Revision aller Teile der Gestalt anordnet … zwingt sie die Frau zu einer dauernden Bemühung um die Schönheit.« Helen Grund: Vom Wesen der Mode 〈München 1935〉 p 7/8 [B 5, 3]
Auf der pariser Weltausstellung von 1900 gab es ein Palais du Costume, in dem Wachspuppen vor gestellten Hintergründen die Trachten der Völker und die Moden der Zeiten zur Schau trugen. [B 5 a, 1]
»Nous, nous observons autour de nous … les effets de confusion et de dissipation que nous inflige le mouvement désordonné du monde moderne. Les arts ne s’accommodent pas de la hâte. Nos idéaux durent dix ans! L’absurde superstition du nouveau – qui a fâcheusement remplacé l’antique et excellente croyance au jugement de la postérité – assigne aux efforts le but le plus illusoire et les applique à créer ce qu’il y a de plus périssable, ce qui est périssable par essence: la sensation du neuf … Or, tout ce que l’on voit