Austausch - Programm. Jürgen Ruhr

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Название Austausch - Programm
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750224544



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Ich blickte auf meine Uhr und stellte fest, dass mir noch etwas Zeit blieb, bis die Maschine mit dem Afrikaner landen würde. Ein kurzer Blick auf das Infoblatt, das Jennifer zusammengestellt hatte, zeigte mir, dass der Polizist mit KLM von Amsterdam aus einschweben würde. Nun gut, es dürfte ihm keine Schwierigkeiten bereiten, mich zu finden, wenn ich mich nur günstig positionierte. Man hätte mir wenigstens ein Bild von ihm geben können. Vielleicht sollte ich ein Schild anfertigen mit seinem Namen, dann würde er mich ganz bestimmt finden.

      Da mir noch genügend Zeit blieb und es nun weit nach vierzehn Uhr war, beschloss ich den Autohändler anzurufen und für morgen einen neuen Termin zu machen. Die Rufnummer hatte ich - sorgfältig und gewissenhaft wie ich war - in mein Handy eingespeichert.

      „Internationales Autozentrum Wolpensky.“ Diesmal wurde der Satz von einem kontinuierlichen Husten begleitet und ich wusste sofort, dass ich nicht mit dem Anrufbeantworter verbunden war.

      „Guten Tag. Jonathan Lärpers hier“, meldete ich mich und unterdrückte grinsend den Wunsch, ihr Husten nachzuahmen.

      „Ja bitte, was kann ich für sie tun?“

      „Es geht um den Termin mit Herrn Wolpensky“, erklärte ich, wurde aber sofort unterbrochen.

      „Herr Wolpensky hat jetzt keine Zeit. Er nimmt seit vierzehn Uhr einen Termin wahr und ist beschäftigt. Das geht jetzt gar nicht. Ein Herr Lämpers von der Versicherungsgesellschaft ist bei ihm, der hat nämlich heute Morgen wegen der brennenden Autos angerufen.“

      Ich stöhnte leise, erklärte dann aber mit ruhiger Stimme: „Der Termin bei Herrn Wolpensky sollte eigentlich mit mir stattfinden. Lärpers, Jonathan Lärpers.“ Ich buchstabierte meinen Namen langsam: „L ä r p e r s“ und fügte dann hinzu: „Und ich bin von der Detektei Argus, nicht von der Versicherung.“

      „Ja“, hörte ich lediglich, dann war es still.

      „Kann ich für morgen vierzehn Uhr einen neuen Termin bekommen?“

      Wieder blieb es eine Weile still und ich dachte, die Frau hätte den Hörer einfach liegengelassen und wäre fortgegangen. Doch ein röchelndes Husten überzeugte mich, dass sie immer noch da war.

      „Der Termin“, erinnerte ich. „Morgen um vierzehn Uhr, geht das?“

      „Das weiß ich nicht, das muss ich erst Herrn Wolpensky fragen. Ich schaue einmal, ob ich ihn stören darf. Wissen sie, er ist in einem wichtigen Gespräch mit diesem Herrn von der Versicherung.“

      Ich nickte. „Gut, aber machen sie schnell, ich bin am Flughafen und gleich landet die Maschine aus Kapstadt.“ Wieder vernahm ich, wie der Hörer polternd auf den Tisch fiel und ich fragte mich, ob das Teil noch in Ordnung oder an allen Ecken und Enden beschädigt und gesplittert war. Es dauerte diesmal eine ganze Weile, doch dann hörte ich die Frau heranschnaufen.

      „Der Chef sagt: ‚Meinetwegen, soll er doch kommen‘. Allerdings war er ziemlich sauer, weil der Mann von der Versicherung wohl doch nicht da ist. Ich habe Herrn Wolpensky aber gesagt, dass sie aus Kapstadt kommen und da fragte er ‚welche Stadt‘ und vielleicht ist ja auch die Innenstadt gemeint.“

      Erneut musste ich kurz aufstöhnen, hatte aber nicht mehr die Zeit, noch irgendwelche Erklärungen abzugeben. Unser Gast musste jede Minute landen. „Gut, dann bin ich morgen um vierzehn Uhr bei ihnen.“

      „Nach vierzehn Uhr. Unsere Geschäftszeiten sind montags bis freitags von zehn bis zwölf Uhr und von vierzehn bis achtzehn Uhr, sowie samstags von zehn bis zwölf Uhr. Also von vierzehn Uhr und nicht um vierzehn Uhr. Herr Wolpensky lässt noch fragen, worum es denn überhaupt geht. Warum wollen sie mit Herrn Wolpensky sprechen?“

      „Wegen der Autos. Die in einigen Nächten abgebrannten Wagen. Ich bin von der Detektei Argu...“

      „Am besten sie sagen ihm das morgen selber“, unterbrach sie mich und hustete lautstark. „Ich denke, es reicht, wenn ich ‚wegen der brennenden Autos‘ sage. Merkwürdig“, fügte sie dann hinzu, „dass sich so viele Leute dafür interessieren.“

      Ich unterbrach das Gespräch und hastete in die Ankunftshalle. Mittlerweile musste der Flieger gelandet sein und zahlreiche Menschen strömten dem Ausgang entgegen. Hoffentlich erkannte Herr Maangj mich auch. Oder sollte ich ihn direkt ausrufen lassen? Ich schaute mir die Menschen an, die mir entgegenkamen, doch keiner von denen ähnelte einem Polizisten aus Kapstadt oder trug eine Uniform.

      Dann endlich entdeckte ich einen Mann in Uniform. Das musste Maangj sein, denn sein Gang erinnerte mich ein wenig an die Polizisten in amerikanischen Spielfilmen. Ich lächelte: Die Uniform sah gelinde gesagt merkwürdig aus. Aber was erwartet man auch von Afrikanern? Jedenfalls sah der Mann in seiner Kleidung eher aus wie ein Pilot, als ein Polizist. Aber andere Länder, andere Sitten. Ich stürmte auf den Uniformierten zu und schob einen großen Neger im dunklen Anzug mit Krawatte, der sich mir plötzlich in den Weg stellte, zur Seite. Fast wäre ich über seinen Rollkoffer gestolpert und wütend versetzte ich dem Ding einen Tritt. Dass die Leute aber auch nicht aufpassten, wohin sie gingen ...

      Maangj bewegte sich in die völlig falsche Richtung und wenn ich mich nicht beeilte, dann würde er im Bereich einer Airline verschwinden. Ich konnte mir vorstellen, dass es für einen Afrikaner nicht leicht war, sich in einem europäischen Flughafen zurechtzufinden. Endlich kam ich nahe genug an ihn heran und legte dem Polizisten aus Kapstadt die Hand auf die Schulter. „Moment, Herr Polizist“, sprach ich ihn freundlich an und hoffte, er würde mich verstehen. Um die Kommunikation zu vereinfachen, drückte ich mich jetzt verständlicher aus: „Du Polizei? Südamerika? Kapstadt? Hier gut in Deutschland?“

      Der Polizist Maangj drehte sich zu mir um und blickte mir ins Gesicht. Er sah ein wenig besorgt aus und trat einen Schritt zurück. Ich war mir sicher, dass er mich nicht verstanden hatte. „Entschuldigen sie“, sprach er dann in einem einwandfreien Deutsch. Obwohl ich vermeinte, einen leichten holländischen Akzent zu vernehmen. „Ich bin weder Polizist, noch komme ich aus Kapstadt. Ich bin Flugkapitän der KLM und wir sind gerade aus Amsterdam hier angekommen. Brauchen sie Hilfe, soll ich den Sicherheitsdienst rufen?“

      Ich schüttelte den Kopf. Wenn das wirklich Maangj war, dann spielte er eine verdammt gute Rolle. Als der Mann sich umdrehte und durch eine Tür schritt, auf der ‚KLM Services‘ stand, war ich allerdings geneigt, ihm zu glauben, dass er eher Pilot als Polizist sei.

      Also zurück zur Ankunftshalle! Hoffentlich befand sich Maangj noch dort. Wieder musste ich den Neger im Anzug zur Seite schieben, der sich vor mir aufbaute. Was lief der Kerl eigentlich hinter mir her? Ich kontrollierte kurz meine Taschen, doch alles befand sich an seinem Platz. Achselzuckend eilte ich in die Ankunftshalle zurück und bemerkte aus den Augenwinkeln, dass der Schwarze mich schon wieder verfolgte. Sollte der Kerl zu aufdringlich werden, so würde er meine Krav Maga Kenntnisse zu spüren bekommen.

      „Herr Lärpers“, hörte ich eine tiefe Stimme hinter mir. „Nun laufen sie doch nicht immer weg!“

      Ich blieb stehen und sah mich um. Der Neger stand vor mir, stellte seinen Rollkoffer ab, der einen deutlichen Schuhabdruck trug und streckte mir die Hand hin. Ich sah ihn verständnislos an. Woher kannte der Kerl meinen Namen?

      „Sie sind doch Herr Lärpers?“

      Ich nickte.

      „Kyle Maangj. Wir sollten uns hier treffen.“

      „Sie sind der Polizist aus Kapstadt?“, fragte ich entgeistert und ergriff die Hand, die er mir immer noch hinhielt. Bernd hätte mich ja vorwarnen können, dass es sich bei Maangj um einen Schwarzen handelte. Oder Maximalpigmentierten, wie es so schön neudeutsch hieß. Und ich sollte mich jetzt drei Wochen mit einem Neger herumquälen?

      „Entspreche ich nicht ihrem Bild, das sie von einem Südafrikaner haben? Es tut mir leid, wenn wir ihnen kein Foto schicken konnten, doch die meisten Daten wurden mit den Kollegen in Düsseldorf ausgetauscht. Und dann mussten wir plötzlich umdisponieren, wie uns der Oberstaatsanwalt Eberson mitteilte.“

      Ich nickte. Der Mann sprach ja wirklich unsere Sprache. „Sie sprechen deutsch?“

      Maangj