Austausch - Programm. Jürgen Ruhr

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Название Austausch - Programm
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750224544



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erwiderte ich und hoffte, dass Maangj nicht die Ironie in meiner Stimme auffallen würde. Die Zeit wurde knapp, wenn ich ihm noch alles über den Autohaus - Fall erklären musste und wir noch zu Curry-Erwin wollten.

      „Also, die Sache mit dem Autohaus verhält sich folgendermaßen ...“ Ich fasste die bisherigen Erkenntnisse im Telegrammstil zusammen und erklärte ihm kurz, wie ich weiter vorgehen wollte. Maangj hörte mir aufmerksam zu und nickte hin und wieder. Dann schlug ich ein anderes Thema an: „Wie wäre es mit einem kulinarischen Highlight heute Mittag? Die deutsche Küche in ihrer besten und reinsten Form.“ Ich wollte ihm nicht direkt mitteilen, wohin ich plante zu gehen, es sollte schließlich eine Überraschung sein, doch das Essen würde ein voller Erfolg werden. Das spürte ich.

      Kyle schüttelte den Kopf und in seinen Augen sah ich echtes Bedauern: „Das tut mir leid, Jonathan. Aber ich bin heute Mittag schon mit Jennifer zum Essen verabredet. Vielleicht geht es ja morgen.“

      „Ja, vielleicht“, bemerkte ich. Wie schaffte der Kerl es, kaum dass er hier war, Jennifer schon zu einem gemeinsamen Essen zu überreden? Mich hatte sie bisher immer abblitzen lassen. „Und wer besetzt so lange die Rezeption?“, fragte ich. Mir gegenüber hatte die Blonde immer das Argument benutzt, dort nicht abkömmlich zu sein. Doch Kyle kam nicht mehr dazu, mir zu antworten, denn in diesem Moment klingelte mein Telefon. Er saß lächelnd da, präsentierte seine weißen Zähne und beobachtete mich.

      „Jonathan Lärpers, Privatdetektiv und Personenschützer“, meldete ich mich und warf einen unauffälligen Blick auf Kyle. Beeindruckte ihn, wie professionell ich mich am Telefon meldete?

      „Hallo Jonathan. Jennifer hier. Schön, dass du zu erreichen bist, sonst ist ja meistens besetzt bei dir.“

      „Hallo Jennifer“, entgegnete ich lächelnd. Ich ahnte, was sie von mir wollte. Schließlich waren ja Maangj und ich so eine Art Partner und sie würde mich jetzt bestimmt dazu einladen, mit ihnen zusammen essen zu gehen. Wohin wollte sie uns einladen? Ich war mir fast sicher, dass Jennifer Maangj eingeladen hatte, da das Essen ja auf Spesen ging. Oberstaatsanwalt Eberson zahlte mit Sicherheit alles, was diesen Südafrikaner betraf. In Gedanken ging ich die verschiedenen Restaurants in der Nähe durch. Allzu weit konnten wir allerdings nicht fahren, da ja noch der Termin um vierzehn Uhr auf ...

      „Jonathan, bist du noch dran?“, riss mich Jennifers Stimme aus den Gedanken. „Du bist doch nicht etwa eingeschlafen? Also, was sagst du?“

      Ich wollte mir keine Blöße geben, schon gar nicht, da Maangj mich immer noch lächelnd beobachtete. Ein wenig kam ich mir vor wie das Kaninchen, das von der Schlange fixiert wird. „Ja sage ich, natürlich ‚Ja‘.“ Ich hatte zwar nicht mitbekommen, was sie mich zuvor fragte, doch es konnte sich ja nur darum handeln, ob ich mit zum Essen käme.

      „Fein, danke Jonathan. Du bist ein echter Kumpel.“ Jennifers Worte gingen mir herunter wie Öl. „Sonst hätte ich hier ja nicht weggekonnt. Aber ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann und du hier die Stellung hältst, während ich mit Kyle beim Essen bin. Kommt ihr dann gleich herüber?“

      Ich spürte, wie ich blass wurde. Entgeistert legte ich den Hörer auf die Gabel. Jennifer wollte mich nicht einladen, sondern lediglich, dass ich sie in der Mittagspause an der Rezeption vertrat, während sie mit diesem Grinsemann irgendwo piekfein zu Mittag aß.

      „Sie sind wirklich ein guter Kollege, Jonathan“, grinste Maangj immer noch und mir kam zum ersten Mal der Gedanke, ihm die weißen Zähne aus dem Mund zu schlagen. Ich seufzte leise. Das ging natürlich nicht, da wir dann richtig Ärger mit dem Oberstaatsanwalt bekommen hätten.

      Zwanzig Minuten nach zwei Uhr parkte ich den Mercedes auf dem kleinen Platz vor dem Autohaus. Jennifer und Maangj hatten sich zuvor verspätet, waren aber bester Laune. Selbst als ich den Neger mit finsterem Gesicht drängte, dass wir endlich zum Autohaus fahren mussten, um unseren Termin einzuhalten, lachten die beiden sich noch an.

      „Wir sind spät dran“, murrte ich und deutete symbolisch auf meine Armbanduhr. „Das macht keinen guten Eindruck!“

      Maangj lachte nur und zeigte seine Zähne. „In Südafrika gehen die Uhren langsamer. Da spielt es keine Rolle, ob du eine Stunde oder zwei später bei einem Termin erscheinst. Ihr Deutschen seid da einfach nicht locker genug. Du wirst sehen, dass dir niemand die paar Minuten krumm nehmen wird.“

      Trotz seiner beschwichtigenden Worte beeilte ich mich, in das Verkaufsgebäude zu gelangen. Das Haus war schon älteren Datums und hatte die besten Zeiten hinter sich. Die Fassade zeigte tiefe Risse und der Putz bröckelte teilweise ab. Ein neuer Anstrich und einige Reparaturen konnten dem Gebäude nicht schaden. Die großen Glasfenster waren schmutzig und ließen kaum einen Blick in das Innere zu. Wir traten durch eine Tür, die noch aus den fünfziger Jahren stammen musste. Direkt gegenüber der Tür, vor einer Wand, befand sich eine Art Verkaufstresen, der aus einer Holzplatte und einfachen Hohlblocksteinen als Stützen bestand. Hinter dem Tresen stand eine mehr als füllige Frau, die uns neugierig anblickte. Ich hatte den Eindruck, als würde sie nicht jeden Tag Menschen sehen, die das Geschäft betraten. Langsam führte sie eine Zigarette zum Mund, nahm einen tiefen Zug und stieß den Rauch durch Nase und Mund aus. Für mich ähnelte der Anblick ein wenig einem feuerspeienden Drachen.

      Ich setzte mein gewinnendstes Lächeln auf und trat an den Tresen. „Guten Tag“, grüßte ich freundlich, doch die dicke Frau hatte nur Augen für Maangj. „Guten Tag“, wiederholte ich und hoffte, ihre Aufmerksamkeit auf mich lenken zu können.

      „Ein Neger“, ließ sie sich vernehmen. „Ja mei, ein Neger!“

      „Maximalpigmentierter“, korrigierte ich. „Wir haben einen Termin bei ihrem Chef.“

      Maangj lächelte die Frau an und zeigte wieder einmal seine Zähne. „Guten Tag“, grüßte nun auch er und als sei der Bann gebrochen, blickte die Frau plötzlich mich an.

      „Wollen sie ein Auto kaufen?“, fragte sie mich, warf aber hin und wieder einen Seitenblick auf den Schwarzen.

      „Nein, wir haben einen Termin bei ihrem Chef. Jonathan Lärpers von der Detektei Argus.“ Ich kramte eine Visitenkarte hervor und hielt sie ihr unter die Nase.

      „Das ist aber schlecht, der Chef ist gerade in einer Besprechung. Ein Herr aus der Innenstadt, der hat den Termin für vierzehn Uhr gemacht. Also kurz nach vierzehn Uhr. Unsere Geschäftszeiten sind montags bis freitags von zehn bis zwölf Uhr und von vierzehn bis achtzehn Uhr, sowie samstags von zehn bis zwölf Uhr. Wenn sie wollen, kann ich für sie ja einen Termin bei Herrn Wolpensky machen. Weswegen wollen sie ihn denn sprechen?“ Während sie sprach, steckte sie sich an dem glühenden Zigarettenstummel eine neue Zigarette an.

      „Der Vierzehnuhrtermin, das sind wir“, erklärte ich geduldig. „Wir wollen mit Herrn Wolpensky über die öfter in der Nacht brennenden Autos sprechen. Ihre Versicherung hat uns beauftragt. Und wir kommen nicht aus der Innenstadt, der Kollege kommt aus Kapstadt. Würden sie uns also bitte zu ihrem Chef führen?“

      „Das weiß ich jetzt nicht, der Herr aus der Innenstadt ...“ Sie blickte uns verwirrt an und zog wie wild an ihrer Zigarette. Dann schien sie der Geistesblitz zu treffen und sie meinte: „Wissen sie was? Ich gehe jetzt einfach einmal den Chef fragen. Vielleicht hat er ja später Zeit für sie, wenn der Herr aus der Innenstadt gegangen ist. Sie können sich ja inzwischen die Wagen ansehen, vielleicht kaufen sie ja doch noch einen.“ Sie beugte sich ein wenig zu mir vor und ich roch ihren Tabakatem. „Sagen sie, die Neger, da in diesem ... diesem ...“

      „Kapstadt“, half ich ihr aus.

      „Ja genau“, sie flüsterte jetzt und schielte zu Maangj, „ob die auch Autos haben?“

      Ich flüsterte jetzt ebenfalls: „Ich glaube nicht. Die haben da Nilpferde, auf denen sie reiten.“

      „Ach so, ja dann. Neger, ja mei, die Neger!“ Sie verschwand durch eine kleine Tür, nicht ohne uns noch einen unsicheren Blick zuzuwerfen. Hatte die Frau Angst, wir würden in der Zeit, die sie ihren Chef befragte, den Laden leerräumen und die Autos stehlen?

      Keine zwei