Austausch - Programm. Jürgen Ruhr

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Название Austausch - Programm
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750224544



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die Nächte um die Ohren schlagen.

      Da erschien der Fall, bei dem uns die Versicherung eines Autohauses um Hilfe bat, doch schon ein wenig interessanter: Des Öfteren waren auf dem Gelände der Firma hochwertige Fahrzeuge in Brand gesteckt worden, doch die Polizei schien machtlos zu sein. Es wurden weder Spuren, geschweige denn ein oder mehrere Täter gefunden. Nun, wenn jemand diesen Fall lösen konnte, dann ein Jonathan Lärpers. Ich nahm mir vor, gleich für heute Nachmittag einen Termin mit dem Chef des Autohauses zu vereinbaren. Leider bedeutete der Auftrag auch wieder Nachtarbeit und ich stöhnte gequält auf. Wieso landeten solche Angelegenheiten eigentlich immer bei mir?

      Nach und nach trudelten auch die Kollegen ein, wobei diese lediglich aus Christine und Birgit bestanden. Da Christine und ich ja in dem gleichen Mietshaus wohnten, dachten wir einmal kurz darüber nach, eine Fahrgemeinschaft zu gründen. Doch den Gedanken hatten wir schnell wieder verworfen, da wir ja flexibel bleiben mussten und bei Außeneinsätzen nie pünktlich Feierabend machen konnten. So fuhr ich mit meinem neuen postgelben Kia Venga zum Büro. Nachdem ich des Öfteren Briefe auf dem Fahrersitz gefunden, hatte, vergewisserte ich mich vor jedem Einsteigen, dass der Sitz auch frei war. Irgendwelche Witzbolde schienen meinen Wagen für einen Briefkasten zu halten. Auch überlegte ich, mir einen anderen Wagen zu kaufen, da wir von unserem letzten Auftraggeber eine nicht unerhebliche Belohnung erhalten hatten. Jetzt ruhte das Geld auf meinem Konto und es juckte mich in den Fingern, mir einen anständigen Wagen zuzulegen. Doch zunächst einmal musste ich meinen Job tun ...

      Seufzend wählte ich die Rufnummer des Autohauses. „Internationales Autozentrum Wolpensky“, meldete sich eine Stimme, der ein übermäßiger Zigarettenkonsum anzuhören war.

      „Guten Tag, mei...“

      „Sie rufen außerhalb unserer Geschäftszeiten an“, unterbrach mich die Stimme und ich begriff, dass es sich um einen Anrufbeantworter handelte. „Sie erreichen uns montags bis freitags von zehn bis zwölf Uhr und von vierzehn bis achtzehn Uhr, sowie samstags von zehn bis zwölf Uhr“, fuhr die Stimme fort und ich vermeinte zwischendurch kurz ein röchelndes Husten zu vernehmen. Achselzuckend legte ich auf und warf einen Blick auf die Wanduhr über der Bürotür. Drei Minuten nach zehn Uhr, stellte ich fest.

      Eine Viertelstunde später versuchte ich mein Glück erneut, doch wieder meldete sich diese Stimme. „Internationales Autozentrum Wolpensky.“

      Es war jetzt exakt neunzehn Minuten nach zehn Uhr und in dem verflixten Autohaus lief immer noch der Anrufbeantworter. „Ja Kruzitürk“, schimpfte ich und wollte gerade auflegen, als die Reibeisenstimme wieder erklang: „Hallo, hallo? Ist da jemand?“

      Ich nahm grinsend den Hörer an das Ohr und wollte mich melden. Doch dann vernahm ich nur noch das Klicken, als die Verbindung unterbrochen wurde.

      Meinen dritten Versuch startete ich, als ich spürte, wie mein Herz wieder ruhiger schlug und die Wärme aus meinem Gesicht gewichen war. „Internationales Autozentrum Wolpensky.“

      „Ja guten Tag, hier ist Jonathan Lärpers. Ich möchte einen Termin mit dem Inhaber des Autohauses machen.“

      „Mit Herrn Wolpensky?“, fragte die Stimme.

      Ich nickte. „Wenn das der Inhaber ist.“

      „Und warum? Wollen sie einen Wagen kaufen? Dafür brauchen sie keinen Termin. Kommen sie doch einfach während unserer Geschäftszeiten in das Autohaus. Unsere Geschäftszeiten sind montags bis freitags von zehn bis zwölf Uhr und von vierzehn bis achtzehn Uhr, sowie samstags von zehn bis zwölf Uhr.“

      „Nein, nein“, erklärte ich. „Ich möchte kein Auto kaufen. Ich bin von der Detektei Argus und ich möchte mit Herrn Wolpenky wegen der Brände sprechen. Passt es ihnen heute Nachmittag um vierzehn Uhr?“

      „Wolpensky“, korrigierte mich die Frau. „Wegen was für Brände denn?“ Sie lachte leise und hustete anschließend keuchend in den Apparat. „Meinen sie Weinbrände oder so etwas?“

      „Nein“, gab ich von mir und merkte, dass meine Stimme leicht gereizt klang. „Wegen der Autos, die bei ihnen brennen.“

      Die Frau schrie erschreckt auf und der Hörer polterte auf den Tisch. Dann hörte ich, wie sie zurückkam. „Was erzählen sie denn?“, krächzte sie. „Hier brennen keine Autos!“

      „Nein, jetzt doch nicht!“ Ich spürte, wie mir wieder wärmer im Gesicht wurde. „Nachts. Nachts brennen doch immer die Autos bei ihnen.“

      „Nicht immer“, beharrte die Frau und ich hörte, wie sie sich eine Zigarette ansteckte. War das überhaupt noch erlaubt in einem Gebäude? „Die meisten Tage brennt es hier nämlich nachts nicht.“

      „Gut, kann ich dann einen Termin bei Herrn Wolpensky bekommen? Vierzehn Uhr heute?“

      „Und letzte Nacht hat es auch nicht gebrannt.“ Hörte die Frau mir überhaupt zu?

      „Der Termin, geht das heute?“

      „Das weiß ich nicht, da muss ich erst Herrn Wolpensky fragen.“ Der Hörer landete wieder grob auf dem Tisch und ich konnte hören, wie sie hustend davonschlurfte. Eine ganze Weile war es ruhig und ich beobachtete den großen Zeiger der Uhr dabei, wie er über die dreißig hinauswanderte.

      „Hallo? Sind sie noch dran?“

      „Ja. Was ist jetzt mit meinem Termin?“

      „Herr Wolpensky sagt: ‚Meinetwegen, soll er doch kommen‘.“

      Ich atmete auf. „Gut, prima. Ich bin dann um vierzehn Uhr bei ihnen.“

      Die Frau hustete, dann meinte sie: „Nach vierzehn Uhr. Unsere Geschäftszeiten sind montags bis freitags von zehn bis zwölf Uhr und von vierzehn bis achtzehn Uhr, sowie samstags von zehn bis zwölf Uhr. Also von vierzehn Uhr und nicht um vierzehn Uhr.“

      Ich bedankte mich noch einmal und legte mit schweißnasser Stirn den Hörer auf den Apparat. Das konnte heute Nachmittag ja lustig werden!

      Keine fünf Minuten später trat Birgit in mein Büro. „Na, fleißig Jonathan? Der Big Boss hat für elf Uhr ein Meeting im Planungsraum anberaumt. Sei pünktlich!“

      Als Birgit sich umdrehen wollte, um zu gehen, meinte ich rasch: „Warum ruft er dich an und nicht mich?“ Schließlich war ich ja eigentlich der Verantwortliche hier in der Detektei und nicht Birgit. Auch wenn niemand es offiziell erwähnt hatte, so war ich doch wegen meiner Erfahrung und des Alters eigentlich prädestiniert, so eine Art Chef hier zur sein.

      Die ‚Bergzicke‘ verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf mit den bunten Haaren. „Jonathan“, stöhnte sie schließlich, „du warst nicht erreichbar. Hattest du wieder einmal den Hörer neben dem Telefon liegen?“

      „Nein, Fräulein Schlaumeier“, wies ich sie zurecht. „Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich habe wirklich telefoniert. Schließlich fange ich schon früh morgens an und mache meine Termine.“

      Birgit zuckte mit den Schultern und wandte sich zur Tür. „Elf Uhr! Und sei pünktlich. Ich hab’s dir ausgerichtet und wenn du zu spät kommst, ist es nicht meine Schuld.“

      Ich streckte ihrem Rücken die Zunge heraus und dachte etwas Hässliches, weil ich mich immer noch daran erinnerte, wie flink sie die Wand hinaufgeklettert war und deswegen ein dickes Lob von Bernd eingeheimst hatte.

      Der Planungsraum war bei der Vorgängerfirma für Schulungen benutzt worden und besaß alle Annehmlichkeiten, die man sich wünschen konnte: Eine Leinwand, die von der Decke herabgelassen werden konnte, einen großen Tisch, auf dem ein Beamer auf seinen Einsatz wartete und mit einer Außenjalousie vor dem Fenster, die bei Bedarf elektrisch ausgefahren werden konnte.

      Christine und Birgit saßen schon auf ihren Plätzen und Bernd blickte mir entgegen, als ich den Raum betrat. Zu meiner Enttäuschung standen in der Mitte des Tisches lediglich mehrere Flaschen mit Säften, sowie eine Schüssel mit frischem Obst. Bisher hatte uns Jennifer zu den Meetings immer mit frischen belegten Brötchen und Kaffee versorgt, doch die Äpfel, Birnen, Nektarinen und Bananen hatte so gar