Austausch - Programm. Jürgen Ruhr

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Название Austausch - Programm
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750224544



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ist Teil des Austauschprogramms. Das ist sehr interessant, Jonathan.“

      ‚Ja‘, dachte ich, ‚eigentlich hätte mir ja die Reise zugestanden‘.

      Ich führte Maangj in mein Büro. „Das hier ist mein Reich. Einfach und funktionell. So wie wir Männer es lieben.“ Ich erwähnte nicht, dass Bernd mir damals lediglich den einfachen Schreibtisch genehmigt hatte und nicht das Designerstück, das ich mir eigentlich aussuchte. Aber letztlich hätte ich es selbst bezahlen müssen, was ich dann auch wieder nicht einsah.

      Zwei Minuten später betrat Birgit den Raum. Wie immer vergaß sie auch diesmal anzuklopfen, doch ich konnte sie nicht zurechtweisen und musste mich mit einem bösen Gesicht begnügen. Maangj erhob sich prompt von dem Besucherstuhl und wandte sich ihr zu. Der Neger mochte gut und gerne mehr als zwei Köpfe größer sein als Birgit und beugte sich jetzt lächelnd zu ihr herunter. „Miss Zickler“, gab er von sich, ergriff ihre Hand und deutete einen Handkuss an. Birgit kicherte wie ein Backfisch.

      „Herr Maangj aus Kapstadt?“ Als Kyle nickte, fuhr sie fort. „Ich freue mich, sie kennenzulernen. Schön, eine solche Persönlichkeit aus einem so fernen Land bei uns zu Gast zu haben.“

      Im Geiste schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen. Was sülzte die ‚Bergzicke‘ denn jetzt so herum? Wenn sie wollte, würde ich ihr die Betreuung des Mannes gerne überlassen. Ob Bernd damit einverstanden wäre?

      „Sie können mich Kyle nennen, das ist mein Vorname“, bot Maangj an und lächelte immer noch. Wieso hatte der Kerl so weiße Zähne und ich nicht? Ich rauchte nicht und putzte sie mir regelmäßig und sehr intensiv, doch so weiß wurden sie nie.

      Birgit blickte mir in mein missmutig verzogenes Gesicht und lächelte. „Jonathan, träumst du? Bernd lässt dir mitteilen, dass du so schnell wie möglich mit unserem Gast ins Studio kommen sollst. Er hat einen kleinen Empfang im Atrium vorbereitet. Und leg deinen Telefonhörer richtig auf, dass er dich auch erreichen kann! Ich habe noch einen Moment hier zu tun, dann folge ich euch.“ Sie blickte Maangj an: „Es gibt doch bestimmt viel zu erzählen und ich bin gespannt, wie die Polizeiarbeit in Kapstadt so aussieht.“

      „Ich war sowieso schon fast auf dem Weg“, murrte ich. „Also, Kyle, dann wollen wir mal ...“ Der Hörer lag wirklich nicht richtig auf der Gabel, doch das war nie und nimmer mein Fehler gewesen. Vielleicht hatte Birgit daran manipuliert.

      Im Krav Maga Studio kam Jennifer uns schon an der Tür entgegen. „Herr Maangj, wir freuen uns, sie hier begrüßen zu dürfen. Kommen sie, ich führe sie ins Atrium. Dort wartet unser Chef, Bernd Heisters, schon auf sie.“

      „Dir auch einen schönen guten Morgen, Jennifer“, knurrte ich. Was die für ein Theater um diesen Neger machten! Als wäre es ein besonderer Verdienst, auf Kosten unserer Staatsanwaltschaft von Südafrika hierhin zu reisen. Wurde Christine momentan dort auch mit solch einem Pomp empfangen? Wieder einmal ärgerte ich mich, hier den Babysitter spielen zu müssen, obwohl es mir doch zugestanden hätte, die Gruppe Heisters im hintersten Afrika zu repräsentieren. Für solch eine Aufgabe wäre ich vielleicht sogar bereit gewesen, Suaheli oder was immer die da sprachen, zu lernen. Vielleicht. Ich überlegte: Was hatte Bernd beim Meeting gesagt, das man dort sprach? Englisch. Na, das wäre nun gar kein Problem gewesen. Ich hatte extra einen Englischkurs bei der Volkshochschule mitgemacht und das Diplom schmückte jetzt eine Wand in meinem Büro.

      Das Atrium war so eine Art Garten mitten in dem Gebäude. Bei schönem Wetter ließ sich hier herrlich relaxen und nach einem erfolgreichen Einsatz hatten wir schon so manche Grillparty gefeiert. Jetzt befand sich an einer Seite ein langer Tisch mit belegten Brötchen, verschiedenen Kuchenstücken, einer Schale mit gemischtem Obst, Säften und Kaffee. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Besonders, als ich die Hälften mit Mett und gekochtem Schinken entdeckte. Ich musste zusehen, möglichst schnell in die Nähe des Buffets zu gelangen.

      Bernd und Maangj unterhielten sich angeregt, Birgit war noch nicht eingetroffen und auch die anderen Kollegen fehlten noch. Dozer befand sich mit Sicherheit in einem Lehrgang und könnte erst zur Pause kommen und ob Monika momentan auf Reisen war oder an dem ‚Empfang‘ noch teilnehmen würde, konnte ich nicht sagen. Die Gelegenheit war also günstig, zwei oder drei Mettbrötchen zu ergattern. Als ich kurz davor war, mein Ziel zu erreichen, legte sich eine Hand auf meine Schulter.

      „Jonathan, kommst du mal eben mit nach vorne?“ Jennifer lächelte mich an. Aha, nahm die Kleine mich nun doch noch wahr und nicht nur den schwarzen Mann. „Da sind noch einige Unterlagen wegen der Aufträge von Christine. Außerdem muss ich wieder zurück, der Empfang kann ja nicht unbesetzt bleiben.

      „Natürlich“, antwortete ich und unterdrückte ein Seufzen. Doch ich wollte mir vor Jenny keine Blöße geben und warf lediglich einen letzten sehnsuchtsvollen Blick auf die Brötchen. Aber in wenigen Minuten wäre ich ja wieder hier.

      Es dauerte dann doch noch etwas länger, bis Jennifer mir die Unterlagen aushändigen konnte, da sie vorher einer älteren Frau, die ihr Kind zu einem Judokursus bei Dozer anmelden wollte, die Formulare aushändigen und auch noch Erklärungen dazu abgeben musste.

      Mit mehreren Mappen versehen, kehrte ich ins Atrium zurück. Schon der erste Blick zeigte mir, dass die Mettbrötchen, sowie die mit Schinken, vom Buffet verschwunden waren. Bernd und Maangj standen mit je einem Teller in der Hand neben dem Tisch und ließen sich meine Brötchen schmecken. Birgit wuselte auf der Suche nach Leckereien um das Buffet herum und legte sich gerade die beiden letzten Hälften mit Fleischwurst auf den Teller.

      „Ich liebe Mettbrötchen“, hörte ich den schwarzen Mann gerade sagen. Während meines Studiums in Hamburg habe ich jeden zweiten Tag solche Brötchen gegessen. Was war das für eine herrliche Zeit!“

      „Ah, da ist ja Jonathan wieder“, ließ sich Bernd vernehmen und winkte mich zu sich. „Kyle liebt das deutsche Essen. Du solltest einmal einen Tisch im Chez Duedo reservieren. Oder nein, ich lasse Jennifer das machen. Sie soll alles so organisieren, dass wir alle teilhaben können.“

      Ich nickte und schielte zu den restlichen Brötchen hinüber. Neben einer glibberigen Sülze, die ich auf keinen Fall essen würde, befanden sich dort nur noch einige mit einem undefinierbaren Käse.

      „Jonathan, bedien dich. Das Buffet ist eröffnet“, sprach mich Bernd an. „Zur Feier des Tages solltest du dich nicht zurückhalten.“

      Ich nickte. Bei dem Anblick der Reste war mir der Appetit vergangen und auch der Kuchen reizte mich jetzt am frühen Morgen nicht. Mit letzter Verzweiflung griff ich mir einen Apfel und biss hinein.

      Fast hätte ich den Bissen wieder ausgespuckt, denn das Obst war so sauer, dass sich mir der Mund schlagartig zusammenzog. Tapfer kaute ich weiter und suchte eine Möglichkeit, den Apfel unauffällig zu entsorgen.

      „Was macht der Auftrag mit dem Autohaus?“, wollte Bernd wissen, während Maangj sich gleich zwei Brötchen mit der ekligen Sülzwurst griff.

      „Ich liebe Sülze“, erklärte der Schwarze und ich fragte mich, was der Mann eigentlich nicht liebte.

      „Ich habe heute um vierzehn Uhr den Termin mit dem Chef dort“, brachte ich Bernd auf den neuesten Stand. „Nachher wollte ich die Gelegenheit nutzen und Kyle in den Fall einarbeiten. Wir haben ja noch etwas Zeit.“

      Bernd nickte: „Gut. Du nimmst unseren Gast natürlich mit zu dem Autohaus. Aber zunächst führe ich Kyle durch das Gebäude hier, danach schicke ich ihn wieder zu dir ins Büro. Was ist mit den anderen Fällen? Wie ich sehe, hat Jennifer dir noch Unterlagen gegeben.“

      „Die schaue ich mir gleich an. Momentan muss ich Prioritäten setzen. Alle gleichzeitig kann ich ja schlecht bearbeiten.“

      Eine halbe Stunde später saß ich wieder in meinem Büro und blätterte in den Unterlagen. Mein Magen knurrte. Besonders, da mir meine Mettbrötchen vor der Nase weggeschnappt worden waren. Vielleicht ließ es sich ja einrichten, ein wenig früher mit der Mittagspause zu beginnen und bei Curry-Erwin etwas Ordentliches zu essen. Ich wollte Maangj ja meinem Freund noch vorstellen.

      Der Afrikaner kam sehr spät aus dem Krav Maga Studio