Austausch - Programm. Jürgen Ruhr

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Название Austausch - Programm
Автор произведения Jürgen Ruhr
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750224544



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einverstanden bist. Dein Flug geht nämlich schon heute Nachmittag und Jonathan kann dich mit zum Flughafen nehmen.“

      Christine nickte begeistert und vermied es, mir ins Gesicht zu schauen.

      „Ich kann diesen Manga gar nicht abholen“, trumpfte ich auf. „Ich habe heute Nachmittag einen Termin in dem Autohaus Wolpensky. Wegen der abgebrannten Autos.“

      Bernd lächelte. „Das trifft sich doch prima, Jonathan. Du legst deinen Termin auf morgen Nachmittag und nimmst Kyle Maangj mit. Und merke dir den Namen: Maangj und nicht Manga. Denk immer daran, dass diese Austauschgeschichte unserem Oberstaatsanwalt sehr am Herzen liegt. Versau es also nicht!“

      Ich nickte ergeben. Wieder einmal blieb die unerfreuliche Arbeit an mir hängen. Ich würde mich drei Wochen mit einem Polizisten irgendeines Hinterwäldlerlandes, der vermutlich nicht einmal richtig unserer Sprache mächtig war, herumquälen dürfen. War das nicht eher eine Aufgabe für Birgit? Aber ich nickte nur stumm und fügte mich in mein Schicksal. Wenn ich doch wenigstens an eine der leckeren Fläschchen mit dem Orangensaft herankommen könnte ...

      „Gut, wenn ihr noch Fragen habt, dann fragt jetzt. Ansonsten erhaltet ihr weitere Informationen von Jennifer.“

      Birgit meldete sich zu Wort: „Soll ich alle Aufträge von Christine übernehmen?“

      „Nein, nur einen Teil. Ich denke so an zwei Drittel, den Rest kann Jonathan mitmachen. Und die unwichtigen Sachen schieben wir erst einmal nach hinten. Du, Christine, übergibst am besten gleich deine Aufträge an Birgit, fährst dann nach Hause und packst einige Sachen für die Reise ein. Bedenke bitte, dass in Südafrika momentan Herbst ist, die Temperaturen dort durchaus zwischen zehn und zwanzig Grad Celsius liegen können. Plus minus einige Grade natürlich. Und jetzt ran an die Arbeit!“

      Missmutig ließ ich mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen und griff zum Telefonhörer. Die Sache schmeckte mir überhaupt nicht. Ermittlungen mit einem Klotz am Bein! Was für ein Mensch würde der Kollege aus Kapstadt sein? Arrogant, ein Besserwisser? Oder vielleicht doch eher ein verträglicher Typ? Als ich den Hörer des Telefons in die Hand nahm, betrat Birgit ohne anzuklopfen mein Büro und legte mir einen Stapel Akten auf den Tisch. Ich erkannte auf Anhieb, dass es sich größtenteils um die Fälle handelte, die ich ihr heute Morgen untergeschoben hatte.

      „Das ist ungefähr ein Drittel der Aufträge“, lächelte Birgit mich an. „Da hast du mit deinem Gast genug zu tun.“

      Der Stapel machte auf mich eher den Eindruck, als hätte sie die Hälfte aller Aufträge an mich weitergegeben. Wie bösartig die Kleine doch sein konnte!

      Seufzend wählte ich die Nummer des Autohauses. „Internationales Autozentrum Wolpensky.“

      „Ja, Jonathan Lärpers noch einm...“

      „Sie rufen außerhalb unserer Geschäftszeiten an. Sie erreichen uns montags bis freitags von zehn bis zwölf Uhr und von vierzehn bis achtzehn Uhr, sowie samstags von zehn bis zwölf Uhr.“ Wieder nur der Anrufbeantworter, dabei zeigte die Wanduhr gerade einmal fünfzehn Minuten vor Zwölf an. Vermutlich gab es im Internationalen Autohaus Wolpensky eine andere Zeitrechnung, als allgemein üblich. Achselzuckend warf ich den Hörer auf die Gabel. Meine Laune war auf dem Nullpunkt, doch ich wusste, wie ich die Stimmung wieder etwas heben konnte: Ich würde meine Mittagspause bei Curry-Erwin verbringen.

      III.

      Ich lehnte mich in meinem Bürosessel zurück, schloss die Augen und dachte an die kulinarischen Spezialitäten, die Curry-Erwin zu meiner Freude immer wieder auftischte. Er war ein Meister darin, neue Gerichte zu erfinden und besonders der ‚Lärpers Spezial‘ Teller, den er seinen eigenen Worten zufolge nach dem berühmten Privatdetektiven benannt hatte, war ihm mit einer einzigartigen Mischung aus Wurst, Pommes, Soße, Mayonnaise und Senf hervorragend gelungen. Mir blieb zwar nicht verborgen, dass ich der Einzige war, der so etwas kaufte, doch irgendwie machte mich allein schon die Bezeichnung dieser leckeren Kreation mächtig stolz.

      Bei einer weiteren Erfindung meines Freundes handelte es sich um das Schaschlik ‚Eiffelturm‘, das er nach meiner Rückkehr aus Paris servierte. Problematisch war allerdings noch, dass sich wegen des Schaschlikspießes im Boden der Pappschachtel ein Loch befand, da er den Spieß senkrecht aufstellen musste. Die herausfließende Soße hatte mir schon meine Schuhe versaut, doch Curry-Erwin arbeitete an einer Verbesserung des Essens.

      Heute war ich gespannt, was er mir Besonderes servieren würde. Nach dem Fiasko heute Morgen mit dem Obst und den Säften war ich richtig hungrig und vor meiner Fahrt zum Flughafen Düsseldorf würde ich es mir bei Curry-Erwin so richtig schmecken lassen.

      Ein lautes Klopfen auf meinen Schreibtisch ließ mich aufschrecken und die Augen öffnen. „Jonathan, sag nicht, dass du geschlafen hast“, bemerkte Christine grinsend. Sie stand mit einem Packen Unterlagen vor mir und hielt mir schließlich eine dünne Mappe hin. „Hier, das soll ich dir von Jennifer geben. Darin findest du alles in Zusammenhang mit Kyle Maangj.“

      Ich blätterte die Unterlagen kurz durch und murrte: „Da ist ja gar kein Foto dabei. Wie soll ich den Mann denn erkennen?“

      „Tja, das ist so eine Eigenart der Polizei dort: Die Beamten lassen sich nicht gerne fotografieren. Soll wohl dem Selbstschutz dienen. Aber Maangj hat ein Foto von dir bekommen und wird am Flughafen auf dich zukommen. Du musst lediglich in Ankunftshalle auf ihn warten.“

      „Na schön, sonst noch was?“

      „Lies dir die Unterlagen durch“, riet mir Chrissi. „Du bringst ihn heute Nachmittag direkt zum Hotel. Morgen geht’s dann richtig los.“

      Ich nickte. Dieser Austauschmist hatte noch nicht richtig begonnen und ging mir jetzt schon gründlich auf den Wecker! Es wurde Zeit, dass ich es mir bei Curry-Erwin gutgehen ließ.

      „Da ist noch etwas, Jonathan“, meinte Chrissi und ihre Stimme klang reumütig. „Ich hatte vorhin den Eindruck, dass du fest damit gerechnet hattest, nach Kapstadt fliegen zu dürfen. Irgendwie fühle ich mich schuldig und da dachte ich ...“

      Sie stockte und irgendwie kam sie mir jetzt vor, wie ein kleines Mädchen, das wieder etwas gutzumachen hatte. „Was dachtest du, Chrissi? Sprich es ruhig aus, egal was es ist.“

      „Nun, vielleicht kann ich dich zum Essen einladen und damit wieder einen Teil gutmachen.“

      Ach die gute Chrissi! Wollte mich zum Essen einladen, um die Fehler von Bernd auszubügeln. Mir kamen fast die Tränen, doch dann schweiften meine Gedanken zum ‚Chez Duedo‘, meinem Lieblingssteakhaus. Christine lud mich ein, da wollte ich mich natürlich nicht lumpen lassen. Ein riesiges Filetsteak, mindestens aber zwei kleine mit einem großen Berg goldgelber Pommes erschienen vor meinem hungrigen Auge. Ich würde in mich hineinstopfen, was immer hineinpasste!

      „Chrissi, jetzt weiß ich nicht so recht, was ich sagen soll“, beeilte ich mich zu antworten und gab meiner Stimme einen tiefen, sonoren Klang. „Dass du, also ich ...“

      „Heißt das ja?“, strahlte sie plötzlich und ich nickte anhaltend.

      „Ja, das heißt natürlich ja!“

      Chrissi drehte sich um, winkte mir mit ihrer freien Hand kurz zu und meinte im Hinausgehen: „Gut, dann sei in einer halben Stunde bei mir. Und nach dem Essen kannst du mir beim Packen helfen.“

      Sie ließ mich einigermaßen perplex zurück, denn ich konnte mir jetzt nicht vorstellen, wie sie alles zeitlich in Einklang bringen wollte. Nun gut, ich würde sie zu Hause abholen, wir aßen dann im Chez Duedo und danach sollte ich ihr noch beim Packen helfen? Hatte Christine vergessen, dass wir schon um fünfzehn Uhr am Flughafen sein mussten? Ich würde noch einmal mit ihr reden müssen ...

      Aber zunächst war Eile geboten, denn der Mercedes stand drüben in einer Tiefgarage unter dem Krav Maga Studio. In den Kellerräumen dort befand sich neben einem kleinen Schwimmbad, einem Schießstand, einem Labor und sogenannten Gästezimmern auch darunter eine Tiefgarage, in der