Название | Cowboys & Indies |
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Автор произведения | Gareth Murphy |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862871612 |
Goodman traute Hammond zwar noch immer nicht über den Weg, aber da er gerade einmal 50 Dollar die Woche verdiente, hörte er dem jungen Mann lieber zu. Hammond erzählte ihm von seinem Plan, eine Band aus virtuosen Musikern zusammenzutrommeln, die mit ihrem Improvisationstalent einen geschmeidig fließenden Jazz kreieren würden.
Als er aber am nächsten Abend Goodmans reguläre Band hörte, zuckte Hammond erst einmal zusammen. »Das englische Publikum wird uns vom Plattenspieler pusten«, sagte er Goodman, der zunächst zwar pikiert war, die Kritik dann aber doch annahm. Für Hammond war Swing nicht nur ein Wort, sondern das Synonym für einen gelebten Rhythmus. Und der wurde in seinen Augen nun einmal viel überzeugender von farbigen Musikern ausgelebt. Goodman lehnte den Vorschlag rundweg ab: »Wenn sich rumspricht, dass ich mit Schwarzen Aufnahmen mache, krieg ich in dieser Stadt keinen Job mehr.«
»So schlimm kann es doch nicht sein.«
»John, Sie haben keine Ahnung. Es ist so schlimm.«
Zum Glück war Hammond ein geborener Tänzer, der selbst viele Nächte in Hammonds Lieblingsclubs verbracht hatte – und letztlich ehrlich zugab, dass die farbigen Musiker in puncto Rhythmus nicht zu schlagen waren.
Für das erste Projekt beschränkte sich Hammond allerdings darauf, nur weiße Musiker einzuladen: Artie Bernstein, Dick McDonough, Joe Sullivan, Charlie Teagarden und Manny Klein. Er fuhr sogar nach Boston, um Meisterdrummer Gene Krupa zur Teilnahme zu überreden. Für die dreistündige Session bekamen die Musiker magere 20 Dollar, aber immerhin war Ben Selvin von »Ain’tscha Glad«, einer der drei Aufnahmen, so angetan, dass er Hammond dazu überredete, die Nummer doch direkt der amerikanischen Columbia zu überlassen und zudem mit Benny Goodman einen Künstlervertrag aufzusetzen. Die Nummer verkaufte immerhin 5000 Exemplare – was unter den deprimierenden Umständen des Jahres 1933 sogar als kleinerer Hit gehandelt wurde.
Eine weitere Aufnahme mit Benny Goodman musste her – und Hammond hatte sich dafür etwas ganz Besonderes ausgedacht: Endlich bekam er die Chance, Billie Holiday als Sängerin einzusetzen. »Riffin’ the Scotch« und »Your Mother’s Son-in-Law« waren die ersten Aufnahmen, die sie je machte.
Hammond erkundigte sich bei Selvin auch nach Bessie Smith, die Anfang der Dreißiger von der Bildfläche verschwunden war. Bei Columbia glaubte niemand daran, dass sie noch eine Zukunft habe. Hammond ließ nicht locker und ließ sich von Selvin ein Experiment absegnen, das praktisch kein Geld kosten würde. Er spürte Bessie in einem Club in Philadelphia auf, wo sie als Hostess arbeitete. Als Hammond ankam, war sie betrunken und offensichtlich deprimiert. »Was zahlt ihr denn?«, fragte sie. Alles, was Hammond ihr anbieten konnte, war ein Vertrag mit der fast bankrotten Columbia und eine 35-Cent-Platte auf dem Okeh-Label. Immerhin bot er ihr an, die Fahrt nach New York aus eigener Tasche zu zahlen. Bessie stimmte dem Vorschlag zu, war aber wenig enthusiastisch: »Niemand will heute mehr Blues hören«, sagte sie. »Wir leben in harten Zeiten. Die Leute wollen lieber mit seichterer Kost unterhalten werden.«
Wie befürchtet, ging die Aufnahme unter. Bessie Smith, wenige Jahre zuvor noch als »Queen of the Blues« gefeiert, nahm wieder den Zug nach Philadelphia und war genau 37.50 Dollar reicher. Hammond mochte jung und enthusiastisch sein, hatte aber einen banalen ökonomischen Faktor übersehen: Bessie Smith’ Stammpublikum waren Farbige aus den ländlichen Gegenden – und die waren von der Depression doppelt hart getroffen.
Die einzige Person, die in jenen Jahren überhaupt noch ländlichen Blues aufnahm, war ein Texaner namens John Lomax, der allerdings keinerlei kommerzielle Interessen hatte. Der 60-jährige Literatur-Professor verstand sich eher als Musikologe und hatte bereits eine Sammlung mit »Cowboy Songs and Other Frontier Ballads« herausgegeben. Seine Aufgabe sei es, »einen Almanach der gegenwärtigen Folklore zusammenzustellen, um sie vor dem Aussterben zu retten und für das Studium künftiger Forscher zugänglich zu machen«.
Mit Unterstützung der »Library of Congress«, des Macmillan-Verlags und des »American Council of Learned Societies« machte er sich 1933 auf den Weg in die Südstaaten. Begleitet wurde er von seinem ältesten Sohn Alan und einer drei Zentner schweren Maschine, mit der sich gleich vor Ort Acetate der Aufnahmen schneiden ließen. Lomax interessierte sich besonders für Häftlinge, da »sie gezwungen sind, selbst zu singen, wenn sie sich irgendwie unterhalten wollen. Das gilt besonders für die Langzeit-Häftlinge, die noch nicht vom Jazz oder Radio beeinflusst wurden, sondern die originalen Negro-Melodien singen.« Bereits im ersten Jahr entdeckte Lomax Originale wie Lightnin’ Washington und Lead Belly.
Am gleichen Tag, an dem Hammond mit Bessie Smith im Studio war, wurde für Grigsby-Grunow, die neuen Besitzer der amerikanischen Columbia, ein Insolvenzverwalter bestimmt. Im April 1934 wurde die Firma endgültig als zahlungsunfähig erklärt. Da der Firmenmantel meistbietend verkauft werden sollte, machte sich der englische Decca-Chef Edward Lewis auf den Weg nach New York, um dort gemeinsam mit ARC-Boss Herbert Yates ein Angebot vorzulegen. Doch während Lewis noch auf hoher See war, fiel ihm Yates in den Rücken und riss sich die Firma – samt Büros, Studios, Katalogen, Künstlerverträgen, Trademarks und einer Fabrik in Connecticut – für lächerliche 75000 Dollar allein unter den Nagel.
Als Lewis nach seiner Ankunft in New York davon erfuhr, rief er Jack Kapp an, der mit Brunswick eins der Yates-Label leitete und als einer der gestandenen record men galt. Lewis hatte das nötige Geld, während Kapp ein respektierter Produzent war. Vor allem aber hatte Kapp eine »Key-Man«-Klausel in die Verträge seiner wichtigsten Künstler schreiben lassen, darunter auch Kapps neuem Star Bing Crosby. Was bedeutete, dass sie bei Kapps Ausscheiden ebenfalls das Label verlassen konnten. Yates schaute jedenfalls dumm aus der Wäsche, als Lewis und Kapp alle Verträge auf eine amerikanische Tochterfirma von Decca übertrugen und obendrein auch ARCs Vertriebs- und Promotion-Chefs abwarben. Als Folge der Marktkonsolidierung gab es 1934 nur noch vier »Majors«, die in einem erschreckend geschrumpften Markt praktisch alle Label, Master und Künstlerverträge kontrollierten.
Das Ende der Prohibition lieferte 1933 indirekt einen positiven Impuls, den niemand auf dem Schirm hatte. Auch wenn Amerika in den 14 Jahren der verordneten Abstinenz eigentlich nie mit dem Trinken aufgehört hatte, so mutierten die Speakeasys doch nun zu regulären Bars, in denen auch offiziell wieder Krach gemacht werden durfte. Wurlitzer ergriff die Gelegenheit beim Schopfe und präsentierte 1933 die »Debutante«-Jukebox, die immerhin schon zehn verschiedene Platten abspielen konnte. Ende 1934 waren in ganz Amerika bereits 25000 Jukeboxen im Einsatz. Decca engagierte sich aggressiv in dem neuen Markt – Kopf an Kopf mit Erz-Rivale ARC, der nun auch im Markt der 35-Cent-Platten der direkte Konkurrent war.
Edward Wallerstein, Victors neuer und innovativer Präsident, trat 1934 eine andere wichtige Entwicklung los. Wie Louis Sterling in London war er davon überzeugt, dass sich der Markt erst wieder erholen könne, wenn auch die Technik der Plattenspieler einen Schritt nach vorne mache. Angesichts der Tatsache, dass inzwischen 20 Millionen Amerikaner ein Radio besaßen, lag die Vermutung auf der Hand, dass die altbackenen Plattenspieler längst auf den Speicher gewandert waren. Sein ungewöhnlicher Vorschlag sah deshalb vor, einen preiswerten Adapter zu entwickeln, mit dem man Platten durch den Radioverstärker abspielen könne. Der »Duo Jr.« war ein elektrisch betriebener Plattenspieler mit einem magnetischen Tonabnehmer, der für 16.50 Dollar in den Handel kam. Kaufte man mehrere RCA Victor-Platten, boten einige Händler den »Duo Jr.« sogar kostenlos an.
Im September 1934, als Roosevelts »New Deal« der US-Wirtschaft endlich neue Kapitalspritzen gab, konnte Wallerstein seinen demoralisierten Mitarbeitern bereits positive Zahlen vermelden: »Als die Depression die Talsohle durchlief, war es tatsächlich so, dass Schallplatten wie Blei im Regal lagen. Diese Tage liegen für immer hinter uns ... Die Zeit ist gekommen, die Welt darüber zu informieren, dass die Verkäufe im letzten Jahr um 100 Prozent angezogen haben – und dass sie noch weiterhin klettern.«
Die schwierigen Zeiten hatten auch Musiker gezwungen, ungewohnte Wege zu gehen. Benny Goodmans musikalische Neuorientierung hatte begonnen, als ihm Hammond einen aufregenden farbigen Pianisten namens Teddy Wilson vorstellte. Ihre Improvisationen klangen fast schon wie Kammermusik, hatten aber eine ungewohnte, fast schon hypnotische Qualität. Die harmonische Virtuosität erreichte magische Momente, als das trommelnde