Название | Louis Nicolas Davout. Das Genie hinter Napoleons Siegen |
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Автор произведения | Alain Felkel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788711448939 |
Folgendes war passiert: Beim alljährlichen Abschlussfest seiner Schule hatte Louis, in der Annahme, bei der Preisverleihung unfairerweise übergangen worden zu sein, aus Rache die Birnenbäume seiner Lehrer verwüstet und war dabei von Dom Laporte erwischt worden.
Doch es kam noch schlimmer. Nachdem Dom Laporte dem Wüterich vor versammelter Schule seine Verfehlungen vorgehalten hatte, erhielt Louis den Preis nicht, den man ihm ursprünglich zugedacht hatte. Es war eine peinliche Situation, an die sich Davout noch Jahrzehnte später erinnerte.
Von nun an änderte sich Davouts Wesen. Der einstige Problemschüler tat alles, um die Scharte auszuwetzen, und brachte bis zum Ende seines Aufenthalts in Auxerre gute Leistungen. Trotzdem hätte er sich nie für die École Royale Militaire von Paris qualifiziert, wenn sein Onkel Jean Edme Davout sich nicht für ihn verwendet hätte. Dieser nutzte seine guten Beziehungen zum stellvertretenden Generalinspekteur der Militärschulen und verschaffte seinem Neffen im Handumdrehen den heiß begehrten Platz. Klüngeleien wie diese waren im Ancien Régime an der Tagesordnung und der Türöffner für so manche Karriere.
Mit der Reise nach Paris öffnet sich für das Halbwaisenkind aus der Provinz das Tor zur großen weiten Welt. Wie muss der Junge gestaunt haben, als er zum ersten Mal die von 5000 Straßenlaternen beleuchtete Metropole mit ihren gepflasterten Straßen, luxuriösen Karossen und dem Königspalast sah. Wie wird er innerlich gejubelt haben, als er seine neue Schule, die »École Royale Militaire de Paris«, entdeckte, die ein junger Korse namens Napoleon Bonaparte erst einen Monat zuvor mit seinem Offizierspatent verlassen hatte.
Die Akademie, die für weitere zwei Jahre sein Heim werden sollte, glich in keinster Weise dem Militärkolleg von Auxerre, sondern einem königlichen Lustschloss. Eine große Allee führte durch einen gepflegten Park auf das Portal des Haupthauses, ausladende Seitenflügel verliehen dem Gebäude Grandeur. Was jedoch auf den ersten Blick wie ein Paradies anmutete, erwies sich schnell als goldener Käfig. Architektonisch ein Prachtbau, wehte in diesen scheinbar so glanzvollen Mauern der eisige Wind schneidender Kommandos und die moralische Sittenstrenge klösterlichen Lebens.
Von Montag bis Samstag wurden die Zellen der Kadetten pünktlich morgens um halb sechs aufgeschlossen, damit sie sich waschen konnten. Dann gingen die Offiziersanwärter gemeinsam zur Messe, bevor sie sich zum Uniformappell sammelten. War diese allmorgendliche Prozedur überstanden, begannen nach einem kräftigen Frühstück um 7 Uhr morgens die Kurse. Klassische Unterrichtsfächer wie Geschichte, Geografie, Englisch, Deutsch und Mathematik wechselten sich mit Fächern wie Festungsbau, Exerzieren, Schießen, Fechten, Reiten ab.
Darüber hinaus wurden die Zöglinge der École Royale Militaire im öffentlichen Recht unterwiesen und bekamen Tanzstunden. Schließlich musste ein Offizier auch bei gesellschaftlichen Anlässen glänzen.
Der Stundenplan war dicht, das Leben in der Schule hart und entbehrungsreich. Die Kadetten sollten in der École Royale derartig geschliffen werden, dass der spätere Dienst in ihren Einheiten ihnen wie ein Kinderspiel vorkam.
Und so verging jeder Unterrichtstag im steten Wechsel von Kursblöcken, Uniformappellen, Messen und Pausen, bis es 20.45 Uhr schlug und die Kadetten erschöpft auf ihre Zimmer gingen und wieder eingeschlossen wurden.
Nur donnerstags und sonntags wurde nicht gelernt. An diesen beiden Tagen gab es für die Offiziersanwärter nur eine Pflicht: die Messe zu besuchen. Danach waren sie frei, Briefe zu schreiben, auszureiten oder auf den Schießplatz zu gehen, bis sie sich wieder zur gewohnten Zeit in ihre Zimmer begaben und einschließen ließen.
Für den jungen Davout war diese Tagesordnung an sich nichts Neues, kannte er derartige Regeln doch schon von Auxerre. Der wesentliche Unterschied zu seiner alten Schule bestand darin, dass die Anforderungen an den einzelnen Offizierskadetten viel höher waren und er endlich praxisbezogen lernte. Im Festungsbau, in dem sich Davout fast 30 Jahre später in Hamburg bestens bewährte, lernte ein angehender Offizier nicht nur theoretisch das Anlegen von Schanzen und die Verteidigung von Breschen. Es wurde ihm auch Zeichnen beigebracht, damit er in der Lage war, selbständig Festungswerke zu entwerfen und zu skizzieren. Desgleichen war auch der Geografieunterricht alles andere als praxisfern. Da Frankreich in den letzten 150 Jahren immer wieder Krieg um Italien, die Niederlande und Deutschland geführt hatte, gehörte es zu den Hauptaufgaben der Kadetten, die Topografie der betreffenden Länder und ihre Sprachen zu kennen. Ein französischer Offizier sollte sich zu jeder Zeit, in jedem Land auch ohne Karten grundsätzlich auf feindlichem Gebiet orientieren können.
Das Erziehungsprogramm der École Royale Militaire war für seine Zeit vorbildlich. In den zehn Jahren ihres kurzen Bestehens zwischen 1777 und 1787 brachte die École Royale Militaire niemand Geringeres als Napoleon Bonaparte, die Marschälle Davout und Clarke, zehn Divisionsgeneräle sowie dreißig Brigadegeneräle hervor. Vor allem Napoleon und Davout sollten zeit ihres Lebens immer wieder beweisen, dass sie ihre Lektionen gut gelernt hatten.
Entgegen seiner Schulzeit in Auxerre wissen wir nichts von irgendwelchen Eskapaden Davouts aus der Zeit an der École Royale Militaire de Paris. Er scheint sich von Anfang an gut eingefügt zu haben, war bei seinen Kameraden beliebt und bestand alle Prüfungen, sodass er am 2. Februar 1788 die Kaderschmiede als Unterleutnant verließ. Keinen Moment zu spät. Nur zwei Monate später wurde die Schule Opfer der schweren Wirtschaftskrise, die Frankreich erfasst hatte, und musste aus Kostengründen schließen. Die Revolution warf ihre Schatten voraus, und ehe es sich der frisch gebackene Unterleutnant Davout versah, sollte er wie so viele Hunderttausende in ihren Sog gerissen werden.
Was Davout außerhalb der Mauern der königlichen Militärschule erwartete, war ein Land in Agonie, dessen Bevölkerung dabei war, zu verelenden.
Grund dafür waren Missernten, welche durch Getreidespekulationen verschlimmert wurden. Dies zog eine Teuerung der Lebenshaltungskosten um 100 bis 200% und somit eine Hungersnot nach sich, welche mit einer Finanzkrise zusammenfiel, die auf Frankreichs Teilnahme am US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg in den Jahren 1776–1783 zurückging. Damals war es Finanzminister Necker nur durch die Zeichnung von Staatsanleihen gelungen, die französische Militärintervention zugunsten der amerikanischen Unabhängigkeitskämpfer zustande zu bringen. Von dieser massiven Neuverschuldung hatte sich Frankreich nicht mehr erholt.
1788 schätzte der dem König vorgelegte Haushaltsbericht die Ausgaben des französischen Staates auf 629 Millionen Livres, die Einnahmen dagegen nur auf 503 Millionen, was einen Fehlbetrag von 20% ergab. Noch schlechter sah es jedoch hinsichtlich der Tilgung und Zinsen für die Staatsschulden aus. Diese erreichten die enorme Zahl von 318 Millionen Livres, was der Hälfte aller Ausgaben entsprach.
Diese Unsummen türmten sich zu einem Haushaltsdefizit, was das Königreich Frankreich nach Meinung führender Finanzexperten nicht mehr allein durch die Mittel seiner bisherigen Steuerverfassung auffangen konnte. Obwohl die Bevölkerung Frankreichs gegen Ende des Ancien Régime ca. 25 Millionen betrug, sank die Kaufkraft der Massen infolge der Teuerung der Grundnahrungsmittel.
Fortschrittlich denkende Wirtschaftsminister wie Neckers Nachfolger Calonne versuchten verzweifelt, den Staatsbankrott durch eine Territorialsteuer, die jeden Grundbesitzer ungeachtet seiner Standeszugehörigkeit zur Zahlung von Steuern verpflichtete, abzuwenden. Das Prinzip der Steuergleichheit scheiterte jedoch an der zähen Weigerung von Adel und Klerus, sich besteuern zu lassen, was Calonne zu Fall brachte. Am 8. April 1787 entließ der durchsetzungsschwache König seinen ungeliebten Finanzminister und ersetzte ihn durch den Finanzpolitiker Loménie de Brienne. Dessen Versuche, die Schatztruhen Frankreichs zu füllen, indem er Unterzeichner für eine Staatsanleihe von 120 Millionen Livres warb, scheiterte erneut am Widerstand der Adelskaste. Nur wenige Wochen nach Calonne kapitulierte auch Loménie de Brienne. Seine letzte Tat bestand darin, am 8. August 1788 die Generalstände für den 1. Mai 1789 einzuberufen. Damit war der Versuch Ludwigs XVI. gescheitert, sein Königreich mittels bloßer Steuerreformen aus dem Sumpf der Wirtschaftskrise zu ziehen. Mit der Einberufung der Generalstände hoffte der schwache Enkel Ludwigs XIV., den Widerstand von Adel und Klerus zu brechen, ohne