Название | Louis Nicolas Davout. Das Genie hinter Napoleons Siegen |
---|---|
Автор произведения | Alain Felkel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788711448939 |
Wie es schien, hatte der Kriegsminister an allen Fronten gesiegt und die Disziplin wiederhergestellt.
Aber so schnell gaben die Kameraden Davouts nicht auf. Mit Hilfe der Nationalgardisten gelang es Ihnen, die Nationalversammlung zur Entsendung einer Kommission zu bewegen, die Ende September zu dem Schluss kam, dass die Verhaftung Davouts unrechtmäßig gewesen war.
Nach sechs Wochen Kerkerhaft kam Davout wieder frei. Seine Freilassung erfolgte zum Zeitpunkt, als seine verzweifelte Mutter Françoise-Adélaïde durch ihre Beredsamkeit den mitleidigen Festungskommandanten von Arras schon dazu gebracht hatte, ihrem Sohn die Flucht zu ermöglichen.
Aber hier zeigt sich wieder ein bemerkenswerter Zug in Davouts Charakter, der seine Mutter schier verzweifeln ließ. Halsstarrig wie er war, hatte sich der Gefangene der Flucht verweigert, weil diese als Eingeständnis seiner Schuld gewertet werden konnte. Dieser Starrsinn wäre fast tödlich für ihn gewesen, wenn nicht das Urteil der Untersuchungskommission ihn befreit hätte.
Die Episode gewährt einen Einblick in Davouts Rechtsverständnis und in die innige Beziehung zwischen Mutter und Sohn. In seinem naiven Gerechtigkeitswahn hätte Davout sich lieber selbst geopfert, als die Flucht zu ergreifen.
Was seine Mutter anbetrifft, so ist man erstaunt, wie geschickt sie vorging, um ihren Sohn zu befreien und welches Risiko sie dabei in Kauf nahm. Zwei Jahre später sollte der Tag kommen, an dem ihr Sohn sich für den Altruismus seiner Mutter revanchieren konnte.
Fürs Erste war Davout gerettet. Seine Karriere als Offizier konnte er jedoch vergessen. Die Kommission hatte seine Verhaftung zwar als ungerechtfertigt eingestuft, aber den Aspekt der Insubordination als gegeben angesehen. Jetzt gehörte Davout zu den Elementen, deren Dienste für den König nicht mehr angenehm oder nützlich waren. Dies bedeutete: Für Rädelsführer wie Davout war kein Platz mehr in der Armee. Er war gezwungen, den Dienst zu quittieren. Dem Unterleutnant stand eine ungewisse Zukunft bevor. Da half es auch nichts, dass er die Einreichung seines Abschieds um ein Jahr hinauszögerte. Auch seine Hoffnung, sich durch eine Klage am Kriegsminister rächen zu können, erwies sich als trügerisch. Schon im November wurde sein Todfeind De la Tour Du Pin gestürzt und somit selbst zum Opfer der Revolution.
All die tristen Jahre in Auxerre, all die Schinderei in der École Royale Militaire – sollte dies alles umsonst gewesen sein? Davout musste den Kopf freikriegen, Distanz gewinnen und zog zu seiner Mutter nach Ravières, die ihn vorerst finanziell unterstützte.
Nach all den Verwicklungen und schlechten Erfahrungen hatte der ehemalige Unterleutnant Ruhe nötig. Er fand Zerstreuung und Muße in der Bibliothek des Schlosses Ancy-le-Franc, deren Benutzung ihm Freunde seiner Mutter, die Familie Louvois, gewährte. Seiner Tochter Adélaïde-Louise Davout D’Auerstedt zufolge las er in dieser Zeit bevorzugt Reiseliteratur und interessierte sich auffallend für das Leben in den Kolonien Frankreichs.
Wollte Davout auswandern, um ein neues Leben anzufangen? Die Quellen belegen dies nicht. Falls er dies jedoch vorgehabt hatte, so durchkreuzte die Macht des Schicksals seine Pläne.
Wenige Monate nach seiner Entlassung lernte Davout die 23-jährige Nicole de Seuguenôt kennen, die gerade zu Gast bei Verwandten in Ravières war, und heiratete sie nach kurzem Werben am 8. November 1791. Über die Ehe ist kaum etwas bekannt. Weder Dokumente noch Briefe sind aus dieser Zeit erhalten geblieben – was vermutlich dem tragischen Ende dieser kurzen Beziehung zuzuschreiben ist. Kein Brief, weder von der Braut an den Bräutigam noch vom Gatten an die Ehefrau, ist uns überliefert, was angesichts der Tatsache, dass Davout zeit seines Lebens gern Briefe schrieb, verwundert. Sicher ist nur, dass die Flitterwochen ganze 34 Tage dauerten, bevor er sich gezwungen sah, von Nicole Abschied zu nehmen, um ins Feld zu ziehen.
Denn mittlerweile war zusätzlich zu Davouts Heirat ein neues Ereignis in sein Leben getreten, das ihm bald einen entscheidenden Beitrag zur Geschichte Frankreichs ermöglichte. Davout hatte ein Mittel gefunden, seine militärischen Kenntnisse doch wieder in den Dienst seines Heimatlandes zu stellen. Nicht, dass er rehabilitiert worden wäre, nein, diesmal kam der Ruf zu den Waffen von der Nationalgarde, die niemand Geringeres als der Comte de Lafayette befehligte. Ursprünglich als Bürgerwehr gedacht, hatte das Kriegsministerium per Erlass die Kompetenzen der Nationalgarde erweitert und sie als gleichberechtigte militärische Kraft der Armee zur Seite gestellt. Wie es aussah, stand Frankreich kurz vor einem Krieg.
Die heimliche Flucht der königlichen Familie im Juni 1791 und ihre darauffolgende Verhaftung in Varennes hatten dazu geführt, dass die Revolution sich radikalisierte.
Nachdem der König und seine Familie im Triumphzug nach Paris zurückgeführt worden waren, hatten sich Friedrich Wilhelm II., König von Preußen, und Kaiser Leopold II. am 27. August 1791 in einem kleinen sächsischen Ort namens Pillnitz getroffen. Das Resultat dieses Gipfeltreffens war die Erklärung von Pillnitz gewesen, in der die Fürsten Europas dazu aufgefordert wurden, sich für die Wiederherstellung der monarchischen Regierung in Frankreich einzusetzen.
Was dies bedeutete, lag auf der Hand. Aus Sicht der Revolutionsregierung hatten die Monarchen die Weichen für einen kommenden Krieg gestellt. Stillschweigend rüsteten Preußen, das Reich und das revolutionäre Frankreich zum Entscheidungskampf.
Da half es nichts, dass König Ludwig am 14. September den Eid auf die neue Verfassung leistete und Frankreich endlich eine konstitutionelle Monarchie wurde. Von nun an standen die Zeichen auf Krieg. Langsam massierten sich die Berufsarmeen der Gegenrevolution an ihren Sammelpunkten, während die improvisierten Bataillone der Revolution sich hastig im Inland formierten.
Zu einer dieser Kampfeinheiten gehörte das 3. Bataillon der Nationalgarde von Yonne, das erst am 22. 9. 1791 aufgestellt worden war. In dieser Einheit hatte Louis Davout sofort, kaum dass er sich in die Musterrolle eingetragen hatte, einen entscheidenden Karrieresprung gemacht. Da es in sämtlichen Truppenteilen der Nationalgarde an Berufssoldaten mangelte und die Soldaten ihre Offiziere selbst wählten, bestimmten sie Louis Davout erst zum Kapitän der 8. Kompanie, dann zum stellvertretenden Oberstleutnant des Bataillons.
Dieser war höchst motiviert und begann sofort mit der Ausbildung der ungeübten Miliz, um sie auf die schweren Kämpfe mit den vermeintlich besten Armeen Europas vorzubereiten. Die meisten der Freiwilligen wussten weder, wie man eine Waffe hielt, noch, wie man schoss. Auch musste der Umgang mit dem Bajonett und das taktische Exerzieren auf dem Gefechtsfeld geübt werden. Vielen der Nationalgardisten fehlte es auch schlichtweg an körperlicher Eignung, was man nicht von ihrem stellvertretenden Bataillonskommandeur sagen konnte.
Davout maß in der Höhe 1,80 Meter, was für die damalige Zeit groß war. Er hatte ausladende, breite Schultern und einen großen Kopf, auf dem sich schon erste Anzeichen einer baldigen Kahlheit bemerkbar machten.
Ein Gemälde aus der Zeit zeigt Davout in der blau-rot-weißen Uniform der Freiwilligen von Yonne. Was sofort auffällt, ist der leicht verhangene Blick, der vielleicht schon damals ein Hinweis auf seine später dokumentierte Kurzsichtigkeit war, und eine eigenartige Aura kühner Überlegenheit, die aus dem Porträt spricht.
Wie sich bald herausstellen sollte, konnte sich das 3. Bataillon von Yonne keinen besseren Oberstleutnant wünschen. Als sich das Bataillon am 16. Dezember 1791 nach Norden Richtung Verdun in Marsch setzte, kam es im Ort Dormans zu einem schweren Zwischenfall, bei dem Davout mehrere wegen Landesverrats angeklagte Gefangene davor bewahrte, von einem Mob gelyncht zu werden.
Dieser Vorfall, bei dem Davout und seine Kameraden sieben mutmaßliche Verräter vor dem Galgen retteten, ist typisch für ihn. Unerschütterlich war selbst in Zeiten der Revolution sein Glaube an den Anspruch des Einzelnen auf Gerechtigkeit, auch wenn er erwiesenermaßen schuldig war.
Wahrscheinlich bestärkte ihn die Erinnerung an seine eigene, unrechtmäßige Verhaftung in seinem Verhalten, willkürliche Gewaltakte wie den in Dormans