Louis Nicolas Davout. Das Genie hinter Napoleons Siegen. Alain Felkel

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Название Louis Nicolas Davout. Das Genie hinter Napoleons Siegen
Автор произведения Alain Felkel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788711448939



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wartete, bis der Krieg ausbrach. Dieser ließ nicht lang auf sich warten. Als Leopold II. starb und sein Sohn als Franz II. römisch-deutscher Kaiser wurde – ab 1804 Kaiser Franz I. von Österreich –, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Waffen sprachen.

      Während die Kriegsrüstungen Preußens und Österreichs immer unverhohlener wurden, zwang die kriegswillige Partei der Girondisten das Kabinett des Königs zum Rücktritt.

      Angesichts der drohenden Gefahren und einer wachsenden Kriegseuphorie in der Bevölkerung entschied sich die neue Regierung, dem Gegner zuvorzukommen. Am 20. April 1792 erklärte Frankreich Österreich den Krieg, was den sofortigen Kriegseintritt von Preußen und Hessen-Kassel auf österreichischer Seite nach sich zog.

      Gleich zu Beginn der Kampfhandlungen zeigte sich, wie schlecht die französische Armeeführung auf den Krieg vorbereitet war. Nach einer Serie von Niederlagen geriet der französische Aufmarsch ins Stocken, herrschte Chaos an allen Fronten.

      Nachdem das 3. Bataillon am 21. April den Befehl bekommen hatte, das Lager von Dormans abzubrechen, wurde es in den ersten Kriegsmonaten erst nach Verdun, dann wieder nach Sedan beordert, um sich mit der Armee General Lafayettes zu vereinigen.

      Kaum war die Vereinigung vollzogen, mussten die Freiwilligen von Yonne schon wieder weitermarschieren. Im Juli bezogen sie im befestigten Lager von Maulde Stellung. Die Soldaten waren des Marschierens müde, die Offiziere nervös. Ungeduldig brannten sie darauf, sich im Kampf beweisen zu können. Dann, endlich, kam der Tag, an dem das Bataillon und Oberstleutnant Louis Davout ihre Feuertaufe erhielten. Beim Versuch, eine vorgeschobene Einheit abzulösen, lief das Bataillon in einen Hinterhalt und verlor nach einem wilden Scharmützel zehn Mann, sodass es sich überstürzt zurückziehen musste.

      Das erste Gefecht in Davouts Karriere endete mit einer Niederlage. Trotzdem war Davout nicht entmutigt. Seine Männer hatten sich gut geschlagen.

      Dagegen waren andere Ereignisse weit weniger dazu angetan, Davouts Gemüt zu beruhigen.

      In Paris hatte sich Ungeheuerliches ereignet. Am 10. August 1792 war eine erregte Menschenmenge ins Schloss des Königs gestürmt, hatte die Schweizer Garde massakriert, das Königtum für aufgehoben erklärt und die Königsfamilie in der alten Burg der Tempelritter gefangen gesetzt. Dies waren die Anfänge der zweiten Phase der Revolution, die Geburtswehen der französischen Republik, die nach Verkündung der Abschaffung des Königtums am 21. September das Licht der Welt erblickte.

      Die Nachricht von der Erstürmung der Tuilerien und der Gefangennahme der Königsfamilie hatte sofort Folgen für die Freiwilligen von Yonne. Gerade, als das Bataillon den Befehl erhielt, auf Condé zurückzugehen, erfuhr es, dass der Oberkommandierende der Nationalgarde, der Marquis de Lafayette, zu den Österreichern übergelaufen war.

      Die Regierung reagierte schnell. Sie übertrug General O’Moran das Kommando über die Nationalgarde, während sie General Dumouriez zum Oberbefehlshaber der Nordarmee machte. Nun erst wendete sich auf dem nördlichen Schauplatz das Kriegsglück.

      Unter dem Kommando O’Morans hatte Davout mit seinem Bataillon endlich die Gelegenheit, sich für die im August erlittene Niederlage zu rächen und den ersten bedeutenden Sieg zu erfechten.

      Am 1. September wiesen die Nationalgardisten einen Angriff von 6000 Österreichern ab und setzten ihnen so schwer zu, dass sie 400 Mann verloren. Am 4. September 1792 konnte Davout in einem Brief an die Administratur von Yonne schreiben, dass das 3. Bataillon den Tod seiner Kameraden gerächt hatte.

      Dieser kleine Sieg der Nationalgarde ist symptomatisch für den weiteren Kriegsverlauf. Nachdem General Kellermann die Offensive der Preußen bei Valmy gestoppt, der Feldherr Custine Mainz erobert und Dumouriez die Österreicher bei Jemappes in Belgien geschlagen hatte, brach der Angriff der Verbündeten zusammen. In einem Siegeslauf sondergleichen eroberten die französischen Armeen innerhalb eines Monats Belgien. Jetzt konnte die neue französische Regierung die Völker Europas endlich dazu aufzurufen, sich gegen die Monarchien zu erheben.

      Doch so schnell, wie dies die Führer Frankreichs erhofften, erhoben sich die Völker nicht. Berauscht durch ihre Siege und vom festen Willen beseelt, die Revolution zu exportieren, erklärten die Revolutionäre England und den Niederlanden den Krieg.

      Das Wiederaufflammen der Feindseligkeiten im nächsten Jahr sollte zeigen, dass die Ideen der Revolution in den besetzten Gebieten an Boden verloren hatten.

      Die Hinrichtung von Ludwig XVI. am 31. Januar 1793 hatte unmissverständlich jedem in Europa klar gemacht, dass dieser Konflikt kein gewöhnlicher Kabinettskrieg des 18. Jahrhunderts, sondern ein totaler Krieg zweier Gesellschaftssysteme war. Entweder siegen oder sterben, dies war die Parole.

      Als Dumouriez die Österreicher bei Neerwinden stellte, erlitt er am 18. März 1793 eine vernichtende Niederlage. Im Gegensatz zur Schlacht von Jemappes nahm das 3. Bataillon der Freiwilligen von Yonne an der Schlacht teil und kämpfte tapfer auf dem Flügel General Mirandas, der letztendlich geworfen wurde, was die Katastrophe einleitete.

      Dumouriez verlor die Schlacht, was in Zeiten der Revolution lebensgefährlich sein konnte. Unter dem Druck der radikalrevolutionären Bergpartei wurde dem General befohlen, nach Paris zu kommen.

      Der General konnte sich ausrechnen, was das für ihn bedeutete. Wie die Verhaftungen von General Custine und Marschall Luckner später bewiesen, war der Befehl zum Rechenschaftsbericht in Paris gleichbedeutend mit der Verurteilung zum Tod. Eine verlorene Schlacht oder ein missratener Feldzug reichte, altgediente Soldaten aufs Schafott zu bringen.

      Dumouriez entschied sich dafür, ein derartiges Schicksal zu vermeiden. Heimlich nahm er mit den Österreichern Verhandlungen auf und gewann sie für sein Vorhaben, gegen die Regierung in Paris zu putschen.

      Sein Plan war einfach. Während er mit loyalen Truppen auf Paris marschieren wollte, sollten die Österreicher stillhalten und nicht angreifen. Doch Dumouriez’ Putschvorhaben hatte eine Achillesferse. Um seinen Angriff auf Paris durchzuführen, musste er seine Armee ins Vertrauen ziehen und für sich gewinnen.

      Schon in dieser Phase zeigte sich, dass Dumouriez die Loyalität seiner Truppen gegenüber der Regierung weit unterschätzt hatte. Die meisten Generäle und Offiziere verweigerten ihm die Gefolgschaft und unterrichteten ihrerseits die Regierung von Dumouriez’ Plänen.

      Diese entsandte eine vierköpfige Kommission unter Kriegsminister Pierre Beurnonville zu Dumouriez, um ihn festzunehmen. Abermals durchkreuzte der Abtrünnige die Pläne. Statt sich verhaften zu lassen, setzte er Beurnonville und die Kommission gefangen und schickte sie den Österreichern. Dann befahl er seinen Truppen den Rückzug aus Belgien nach Frankreich, um der österreichischen Armee die Grenze zu öffnen.

      Der Plan wäre fast geglückt, hätte nicht Louis Nicolas Davout dem Verräter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Verärgert durch die Order, kampflos aus Belgien abzurücken, und aufgewühlt durch das Publikwerden von Dumouriez’ Umsturzplänen, trafen sich die Kommandeure der Freiwilligen im Lager von Löwen und hielten Kriegsrat.

      Was sollten sie tun? Mit Dumouriez marschieren oder gegen ihn kämpfen? Für Davout als treuen Anhänger der Revolution gab es keinen Zweifel: Gegen Dumouriez, für die Revolution!

      Entschlossen, die Republik zu retten und Dumouriez zu verhaften, setzte er seine Truppe in Marsch. Der Zufall wollte, dass Davouts Marschkolonne ausgerechnet dem Verräter begegnete, als dieser gerade in Begleitung einer kleinen Eskorte vom österreichischen Hauptquartier kam.

      Überrascht, die Nationalgardisten Davouts an derartig unvermutetem Ort zu sehen, wusste der Ertappte, dass er verloren war, und wandte sich überstürzt zur Flucht.

      Sofort heftete sich Davout an seine Fersen. In der folgenden halsbrecherischen Verfolgungsjagd wurde Dumouriez beim Übersetzen eines Grabens von seinem Pferd abgeworfen. War dies das Aus? Schon jagte Davout heran, pfiffen die Flintenkugeln der Freiwilligen von Yonne links und rechts am General vorbei. In diesem Moment bewies ein Begleiter des Generals, der Herzog von Chartres, der spätere Bürgerkönig Louis-Philippe, großen Mut. Geistesgegenwärtig kehrte er zurück, hob Dumouriez auf sein Pferd und gab ihm die Sporen.

      Der Verräter