Название | Louis Nicolas Davout. Das Genie hinter Napoleons Siegen |
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Автор произведения | Alain Felkel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788711448939 |
Daran änderte sich auch durch die Heirat mit Françoise-Adélaïde de Minard nichts. Entgegen den Gepflogenheiten des Jahrhunderts hatten beide 1768 aus Liebe und nicht aus materieller Berechnung geheiratet, was die Mutter der Braut nicht guthieß. Aber die bildhübsche, energische Françoise-Adélaïde hatte es verstanden, sich gegen den Willen ihrer Mutter durchzusetzen, die in der Verbindung mit einem mittellosen Offizier eine klassische Mesalliance sah. Indes, die anfängliche Abneigung von Davouts Schwiegermutter legte sich bald, als sie sah, dass sich ihr Schwiegersohn rührend um ihre Tochter und sein Kind kümmerte, wann immer es ihm sein Dienst ermöglichte.
Die junge Familie blieb nur kurze Zeit in Annoux und zog Ende 1770 nach Étivey bei Avallon, wo die Mutter von Françoise-Adélaïde wohnte. Dort brachte die junge Mutter drei weitere Kinder zur Welt: Julie (1771), Louis Alexandre Edme François (1773) und Isidore Louis Charles (1774). Das Leben der Davouts schien unbeschwert, als am 26. Dezember 1778 eine schreckliche Tragödie über die Familie hereinbrach.
Der Schicksalsschlag ereignete sich, als Jean François D’Avoust an einer Treibjagd auf Wildschweine teilnahm. Während die Treiber das Wild durch den Wald hetzten, löste sich aus der Flinte eines Jägers ein Schuss und verletzte den jungen Familienvater schwer im Unterbauch. Zwar gelang es, den Junker noch in ein nah gelegenes Hospital zu bringen und ihn vorläufig zu stabilisieren, aber den Ärzten wurde nach mehreren Operationen bald klar, dass Jean François D’Avoust nicht zu retten war. Am 3. März 1779 schloss der Leutnant nach mehrwöchigem Todeskampf für immer die Augen. Er hinterließ eine verzweifelte Frau mit vier kleinen Kindern.
Françoise-Adélaïde wusste vor Trauer weder ein noch aus. Wie sollte sie sich und ihre Zöglinge durchbringen? Zum persönlichen Schmerz um den Verlust des geliebten Mannes gesellten sich Geldprobleme: 372 Pfund schuldete sie den Chirurgen des Hospitals, 66 Pfund dem Apotheker, 180 Pfund für die Trauerfeierlichkeiten.
Die Not war groß und wurde einzig durch den Umstand gelindert, dass ihre Mutter Mme. de Velars sich vorerst um die Erziehung ihrer Kinder kümmerte und Louis Nicolas bei einer renommierten Privatlehrerin namens Mme. Moreau anmeldete.
Diese Maßnahme, die als Vorbereitung auf den Besuch einer höheren Schule gedacht war, wurde ein Fehlschlag.
Der Neunjährige erwies sich nicht als besonders gelehrig und machte vor allem in Latein wenig Fortschritte. Die Lektionen von Mme. Moreau langweilten den Knaben. Stattdessen spielte Davout in jeder freien Minute lieber mit seinen Mitschülern Krieg.
Bei diesen Spielen, die er meistens auch anführte, bewies er unermüdlichen Eifer und ließ keinen über seinen Berufswunsch im Zweifel. »Wenn ich groß bin, werde ich die Köpfe der Feinde mit einem großen Säbel abschlagen«, hörte man ihn oft sagen, worauf Mme. Moreau stets resigniert erwiderte, dass er wohl nur zum Offizier tauge.
Zu diesem Zeitpunkt ahnten weder Mme. Moreau noch der kleine Louis, dass seine kindlichen Fantasien nur drei Monate später einen entscheidenden Anschub erfahren sollten. Von der Situation überfordert, hatte Françoise-Adélaïde D’Avoust ihren ältesten Sohn Louis Nicolas in der Militärschule von Auxerre-Sur-Yonne angemeldet, wodurch sich ihre finanzielle Lage etwas enspannte. Dank einer Maßnahme des Kriegsministeriums, das den niederen Adel der Provinz für die Armee begeistern wollte, wurde der Schulbesuch mit einem Stipendium gefördert. Françoise-Adélaïde konnte sich glücklich schätzen. Ihr Glück bestand nicht nur darin, für ihren Sohn einen der heiß umkämpften Plätze an der Militärschule ergattert zu haben. Vielmehr zählte, dass sie die Unterbringung ihres Sohnes sowie dessen Unterricht und Verpflegung nichts kostete. Um dem jungen Kadetten den Schulbesuch zu ermöglichen, bewilligte ihm das Kriegsministerium eine Pension von 1100 Pfund jährlich, was deutlich über dem Durchschnitt lag. Normalerweise betrug die Höhe der Jahrespensionen für den Besuch der Militärschule in Auxerre 700 Pfund. Aber dies war nicht der einzige Geldsegen, der über das leidgeprüfte Haus der Davouts hereinbrach. Gegen Ende des Jahres 1779 genehmigte der König Françoise-Adélaïde eine Witwenrente von 200 Pfund jährlich, was ihre Existenz absicherte. Zur gleichen Zeit gelang es der jungen Witwe, ihre Tochter Julie in einer Mädchenschule unterzubringen und für den Schulbesuch ihres Sohnes Alexandre ebenfalls ein Stipendium zu erlangen. Was ihren jüngsten Sohn Charles anbetrifft, so brachte sie ihn bei einem Regimentskameraden ihres Vaters, einem gewissen M. d’Hargicourt unter. Jetzt, nachdem sie die Erziehung und Zukunft ihrer Kinder abgesichert hatte, konnte die junge Mutter endlich aufatmen.
Zu Beginn des Jahres 1780 betrat der »Cadet gentilhomme« Louis Nicolas Davout in einer blauen Uniform mit roten Aufschlägen und weißen Knöpfen das alte Jesuitenkollegium von Amyot, die Militärschule von Auxerre. Diese wurde von Benediktinern geleitet und war erst 1776 gegründet worden. Die Militärschule von Auxerre war Baustein eines umfassenden Reformprogramms, das die Ausbildung des französischen Offizierskorps von Grund auf zu erneuern trachtete. Die schweren Niederlagen des Siebenjährigen Krieges hatten die taktischen Schwächen und das strategische Unwissen vieler französischer Offiziere offenbart, die das Schlachtfeld für einen besseren Exerzierplatz hielten. Katastrophale Niederlagen wie die Schlachten von Rossbach (1757) und Minden (1759) hatten den guten Ruf der einst gefürchteten französischen Armee schwer erschüttert.
Mit der Reform von 1776 hoffte das Kriegsministerium, dies zu ändern. Zu diesem Zweck wurde ein Dutzend Militärschulen gegründet, die ihre Standorte in der Provinz hatten. Mit dieser Maßnahme sollte vor allem der niedere Landadel, dessen Angehörige oft zu arm waren, um Offizier zu werden, mithilfe von Pensionen die Chance erhalten, die Offizierslaufbahn einzuschlagen.
In dieser Hinsicht hatte der Besuch des Militärkollegs die Funktion, dem Schüler eine solide Allgemeinbildung und militärische Werte wie Disziplin und Standhaftigkeit zu vermitteln. Die Lehrer dieser Kollegien waren in Ermangelung geeigneter Pädagogen keine Offiziere, sondern erfahrene Geistliche, die klassische Lehrfächer wie Latein, Mathematik, Englisch und sogar Fechten unterrichteten. Hatten die Schüler sich nach fünf Jahren Schulunterricht bewährt, entschied ein Auswahlverfahren darüber, ob sie in Paris die École Royale Militaire, das West Point des Ancien Régime, besuchen durften.
Dass ausgerechnet Davout sämtliche Instanzen dieser Einrichtung erfolgreich durchlaufen würde, schien zu Beginn des Jahres 1780 noch völlig undenkbar. Der Neunjährige tat sich mit der strengen Disziplin im Militärkolleg äußerst schwer und kam mit dem Erziehungskonzept der Benediktiner nicht zurecht. Er störte oft den Unterricht und glänzte eher als Raufbold denn als Musterschüler. Dies ging sogar so weit, dass er eines Tages einem Mitschüler vorschlug, ihn bei den tagtäglichen Schulhofschlägereien zu beschützen, falls dieser für ihn lästige Hausaufgaben erledigte.
In einem Brief aus dem Jahre 1807 meinte Davouts Mutter rückblickend, dass ihr Sohn während seiner Kindheit dafür bekannt gewesen sei, mit äußerster Kaltblütigkeit für viel Lärm zu sorgen. Diese und andere Eigenschaften – der Hang zur Provokation und Rebellion sowie eine außergewöhnliche Nervenstärke – sollten sich im Lauf der Jahre zu seinen Hauptcharakterzügen entwickeln.
Aber noch etwas anderes zeigte sich in diesen prägenden Jahren: sein Hang zu den Kriegskünsten sowie seine hohe analytische Begabung. Während er überhaupt keine Neigung zu Latein zeigte und in Deutsch versagte, war er ein guter Fechter und erbrachte unter der Anleitung des Pädagogen Dom Laporte in Algebra und Geometrie ausschließlich exzellente Leistungen.
Wie es schien, erreichte dieser hervorragende Lehrer, dass der Klassenrabauke langsam Interesse am Unterrichtsstoff entwickelte. Dies lag zum einen an seiner einfühlsamen Pädagogik, zum anderen an seinem Charisma. Dom Laporte war nicht ausschließlich Pädagoge und Geistesmensch wie seine Lehrerkollegen, sondern auch ein hervorragender Sportsmann mit gewaltiger Körperkraft. Sein Lieblingssport war Ringen. In dieser Disziplin erreichte Dom Laporte eine derartige Meisterschaft, dass ein Schausteller es auf dem Jahrmarkt mit der Angst zu tun bekam, als der Geistliche ihm anbot, einen Schaukampf gegen seinen Tanzbären zu machen. Statt sich auf die Urkraft seines Untiers zu verlassen, zog es der Bärenführer vor, die Flucht zu ergreifen. Augenscheinlich hatte er von Dom Laportes Ringkünsten gehört und Angst bekommen, dass dieser seinen Tanzbären schwer verletzen und somit seine Existenz ruinieren könnte.
Erzählungen wie diese waren natürlich