Название | Ryloven |
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Автор произведения | Manuel Tschmelak |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991076872 |
In dem Bestreben nicht aufzufallen, versuchte Sir Nicolas deshalb nur Seitengassen zu benutzen. Als er den Marktplatz durch mehrere Seitenstraßen umrundete, war es bereits dunkel geworden. Er hatte den großen Platz gerade hinter sich gelassen, als er in der Gasse hinter sich ein Geräusch hörte. Mit einer schnellen Bewegung drehte er sich um und starrte in die Finsternis, doch er konnte niemanden erkennen. Wachsam ging er weiter und änderte manchmal seine Schrittfolge, um zu hören, ob ihn jemand verfolgte. Das Geräusch war kaum wahrnehmbar, aber als er plötzlich ohne Vorwarnung ganz kurz stehen blieb, hörte er jemanden, der in sicherer Entfernung noch einen Schritt machte und dann innehielt. „Das ist kein normaler Straßenräuber“, dachte er. „Denn niemandem ohne eine spezielle Ausbildung ist es möglich, sich so präzise zu bewegen, dass er genau in demselben Takt geht wie ich und sich den veränderten Schrittfolgen so schnell anpasst.“
Ohne sich anmerken zu lassen, dass er von seinem Verfolger wusste, ging er weiter die Gasse entlang, änderte allerdings seine Richtung, weil er seinen Verfolger nicht zum Gasthof führen wollte. Nach einigen Minuten, in denen er vergeblich versuchte die Position seines Schattens zu bestimmen, bog er um die Ecke in eine leicht erhellte Straße und hielt abrupt an. In der Mitte stand eine einzelne, von einem Mantel umhüllte Figur, die auf ihn zu warten schien. Misstrauisch blieb Nicolas mit genügend Abstand zwischen ihm und dem Fremden stehen. Ohne eine Vorwarnung zog die dunkle Gestalt ihr Schwert und machte einen Satz nach vorne. Nicolas hatte gerade noch genügend Zeit sein eigenes Schwert zu ziehen, es hochzureißen und den Schwertstreich seines Gegenübers zu parieren. Immer wieder führte sein Gegner heftige Schläge aus und Sir Nicolas musste erstaunt feststellen, dass die Schwerthiebe schneller auf ihn niederprasselten, als es einem durchschnittlichen Kämpfer möglich sein dürfte. Er parierte einen Seitenhieb, aber der nächste Schwertstreich, der ihm den Kopf von den Schultern getrennt hätte, wenn er sich nicht schnell genug weggeduckt hätte, ließ nicht lange auf sich warten.
Nicolas wich zurück, um etwas Distanz zwischen ihm und seinem Angreifer zu bekommen, doch dieser ließ ihm keine Pause und griff unermüdlich an. Erneut wehrte Nicolas mehrere schnell geführte Hiebe ab, aber er konnte sich in keine bessere Position bringen. „Ich muss irgendetwas unternehmen, sonst könnte dieser Kampf schlecht ausgehen“, dachte Sir Nicolas, duckte sich erneut geschickt unter einem Schwertstreich hinweg und versuchte seinen Gegner an der Seite zu treffen. Nicolas grinste, denn er war sich sicher, dass er es nun endlich geschafft hatte, die Verteidigung seines Angreifers zu durchbrechen. Doch mit einer schon fast übermenschlichen Geschwindigkeit drehte sich der Kämpfer herum und blockte seinen Hieb mit Leichtigkeit ab. Überrascht taumelte Nicolas einen Schritt zurück. Als er glaubte eine weitere Schwäche in der Verteidigung seines Gegners entdeckt zu haben, griff er ihn frontal an, doch zu spät erkannte er, dass diese einladende Bewegung eine Falle gewesen war. Schnell zog der verhüllte Krieger mit seiner freien Hand einen Dolch unter seinem Gewand hervor und versuchte Nicolas’ Schwertarm zu treffen. Der konnte diesem präzise geführten Streich nicht schnell genug ausweichen und so durchschnitt der Dolch sein Gewand und brachte ihm eine Schnittwunde an der Schulter bei. Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen rechten Arm und er musste schnell die Schwerthand wechseln, um den nächsten hart geführten Schlag abwehren zu können. Sir Nicolas konnte das Gesicht seines Gegners nicht genau sehen, aber trotzdem glaubte er kurz ein Lächeln erkannt zu haben. Es wurde immer schwieriger für ihn seinem Gegner Widerstand zu leisten. Sein Arm pochte vor Schmerzen und durch die immer wiederkehrenden harten Schläge wurde sein Handgelenk langsam taub. Wieder versuchte sein Gegenüber ihn mit dem Dolch in der Seite zu treffen, doch dieses Mal erkannte Sir Nicolas die Finte und konnte noch rechtzeitig ausweichen. Bei dieser Gelegenheit erhellte der Schein eines nahen erleuchteten Fensters die Klinge des Dolches, den sein Gegner führte. Sie war tiefrot und dies lag nicht an dem Blut, das sich darauf befand. Während seiner Nachforschungen hatte Sir Nicolas Gerüchte über Attentäter gehört, deren Markenzeichen angeblich Dolche mit roten Klingen waren. Allerdings gelang es den Reichsschützen nie, diese Gerüchte zu bestätigen, weil es nie einen Augenzeugen gegeben hatte, den sie befragen hätten können. Angeblich war jeder, der einen dieser Männer gesehen hatte, am Ende tot. Sir Nicolas hatte keinen Zweifel daran, dass er vor genau solch einem Mann, einem Nah’ranen, stand, was seine Chancen auf einen Sieg nicht gerade verbesserte.
Plötzlich hörte Sir Nicolas hinter sich schnelle Schritte, die, wie er vermutete, zu den Nachtwachen gehörten, die in der Stadt patrouillierten. Und da der Nah’rane nun noch schneller angriff, hatte sein Gegner vermutlich denselben Gedanken. Doch so einfach wollte es Nicolas ihm nicht machen und hielt weiter stand. Umso näher die Wachen kamen, umso schneller und stärker wurden die Schwerthiebe seines Gegners, aber je stärker diese wurden, desto unvorsichtiger wurden diese auch. Gerade als die Wachen in ihre Gasse bogen, schaffte es Sir Nicolas, seinem Gegenüber den Dolch aus der Hand zu schlagen, was ihm allerdings eine weitere Schnittwunde einbrachte. Sir Nicolas hoffte, dass der Nah’rane nun die Flucht ergreifen würde, doch zu seiner Überraschung rannte er an ihm vorbei und direkt auf die Patrouille zu. Die vollkommen unvorbereiteten Wachen sahen sich plötzlich einem tödlichen Gegner gegenüber und noch bevor sie ihre Waffen gezogen hatten, waren schon zwei von ihnen der Klinge des Attentäters zum Opfer gefallen. Die restlichen vier Wachen versuchten ihn aufzuhalten, aber nachdem noch ein Soldat tot zu Boden sank, hatte sich der Attentäter schon einen Weg durch die Wachen gebahnt und lief vom Kampfgeschehen weg. Sir Nicolas eilte zu den Wachen und nahm sich einen Bogen, der einem der toten Wachen gehört hatte. Schnell spannte er einen Pfeil ein und schoss auf den flüchtenden Feind. Der Pfeil sirrte durch die Luft und drang in die rechte Schulter des Nah’ranen ein, der jedoch einfach weiter lief, als wäre nichts gewesen, und im nächtlichen Nebel verschwand.
„Kümmert euch um die Toten!“, befahl er den Wachen noch bevor er den zurückgelassenen Dolch in ein Tuch wickelte und sich auf den Weg zum Gasthof machte. Nicolas machte sich Sorgen. Er konnte sich nicht vorstellen, worauf dieser Mann es abgesehen hatte und er handelte möglicherweise nicht alleine. Er musste nachsehen, ob es Will und Keron gut ging. Aber selbst wenn dieses Monster es nur auf ihn abgesehen hatte, sollten sie so schnell wie möglich Reduna verlassen, um herausfinden zu können, wer dieser Nah’rane war und warum er überhaupt angegriffen worden war.
„Da ist etwas in der Dunkelheit. Es ist nahe. Ich kann es in der Stille atmen hören.“ Keron wagte nicht seine Augen zu öffnen. Er blieb reglos liegen und lauschte auf weitere Geräusche. Plötzlich nahm er eine Bewegung neben sich war. Keron schoss hoch, aber eine Hand über seinem Mund hielt ihn davon ab, sich ganz aufzurichten. Sein Herz raste, aber als er sah, wer ihm den Mund zuhielt, entspannte er sich wieder. Es war nur Will, der neben seinem Bett stand. „Wen hatte ich auch erwartet?“ Doch irgendetwas stimmte nicht, denn Wills Hand ließ ihn nicht los und die andere ruhte mit ausgestrecktem Zeigefinger auf seinen eigenen Lippen.
„Da draußen ist jemand“, flüsterte er und ließ Keron los.
Keron blickte zur Tür, und wirklich, langsam bewegte sich die Türklinke nach unten. So ernst hatte er Will bis jetzt noch nicht gesehen. Es gab nicht einmal ein Anzeichen eines Lächelns auf seinem Gesicht. Die Tür immer fest im Blick bewegte Will sich,