Название | Ryloven |
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Автор произведения | Manuel Tschmelak |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991076872 |
„Weißt du, dieses Gerücht mit dem flammendem Schwert habe ich mir als Lehrling und Student selber ausgedacht, um mir einen Ruf aufzubauen, allerdings hätte ich nie gedacht, dass sich diese Geschichte so lange in den Gedächtnissen der Leute halten würde“, erklärte Sir Nicolas, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. „Im Großen und Ganzen hattest du natürlich recht damit, dass du diesen Geschichten keinen Glauben geschenkt hast. Die Menschen neigen dazu, deine Erfolge größer erscheinen zu lassen, als sie in Wirklichkeit waren, aber du solltest dir trotzdem immer einen offenen Geist bewahren. Ich bin mir sicher, dass du noch so einige Dinge erleben wirst, die dir jetzt vielleicht unmöglich erscheinen.“
„Ihr habt studiert?“, fragte Keron interessiert.
„Als Lehrling der Reichsschützen bekommt man eine umfangreiche Ausbildung, wenn man es will. Soldaten werden ausgebildet, um zu kämpfen und zu töten. Aber Reichsschützen müssen zu mehr fähig sein, als ein Schwert zu schwingen und Feinde niederzustrecken. Du erhältst an der Akademie für Reichsschützen zweifellos eine hervorragende Kampfausbildung und kannst dich ab einem gewissen Zeitpunkt auch auf diese beschränken, doch die Meister der Schule raten jungen Lehrlingen dazu, mehr Fächer zu studieren. Du kannst dort zum Beispiel eine diplomatische Ausbildung erhalten und später für den König mit anderen Fraktionen verhandeln. Du wirst dort auch im Rechnen unterwiesen und hast die Möglichkeit, andere Sprachen zu erlernen, die dir bei deinen Missionen weiterhelfen. Hinzu kommt, dass du ebenso eine medizinische Ausbildung erlangen kannst und die Akademie der Reichsschützen eine der größten Bibliotheken von Ryloven besitzt.“
„Warum heißt der Orden dann die Reichsschützen, wenn die Leute noch zu so viel mehr fähig sind, als mit dem Bogen umzugehen.“
„Natürlich wissen das nicht viele Leute, weil die Reichsschützen ihre Geheimnisse nicht mit jedem besprechen. Unsere außerordentlichen Fähigkeiten mit dem Bogen sind unser hervorstechendstes Merkmal und deshalb hat das Volk uns diesen Namen gegeben. Vor langer Zeit trug unser Orden einen anderen Namen, vielleicht wirst du ihn eines Tages erfahren“, sprach Sir Nicolas und wechselte dann das Thema. „Wie du dir sicher vorstellen kannst, wird nicht jeder an der Akademie der Reichsschützen aufgenommen. Einerseits muss man ein gewisses Talent mitbringen und andererseits machen sich die Meister bei einer Aufnahmeprüfung ein Bild von deiner Persönlichkeit. Viele von ihnen sind sehr gut darin geworden, abzuschätzen, wie weit sich ein Schüler entwickeln kann und ob er der Ausbildung überhaupt gewachsen ist. Was uns unweigerlich zu meiner letzten Frage an dich bringt. Ich stelle diese Frage jedem, der mein Schüler werden will, und deine Antwort wird darüber entscheiden, ob du der Ausbildung auch würdig bist.“
Keron erschrak, denn er dachte, dass ihn Sir Nicolas schon längst als Schüler akzeptiert hätte. Die beiden blieben am Ufer des Weihers stehen und Keron wartete gespannt, dass ihm Nicolas seine Frage stellte: „Wer bist du?“
Diese Frage hatte Keron wirklich nicht erwartet. Nachdenklich betrachtete er sein verschwommenes Spiegelbild im Wasser. „Wer bin ich?“ Sir Nicolas sagte nichts mehr, sondern wartete geduldig auf eine Antwort. „Also ich bin Keron, ein 18-jähriger Junge …“
„Nein“, unterbrach Sir Nicolas ihn und schüttelte den Kopf. „Ich will nicht wissen, wie alt oder wie groß du bist. Das kann mir jeder Dummkopf sagen und du kannst dir sicher denken, dass kein Dummkopf es wert ist, mein Schüler zu werden.“
Keron ärgerte sich. Frust stieg in ihm hoch, weil er nicht wusste, was Sir Nicolas von ihm hören wollte oder warum er ihm so eine Frage überhaupt stellte. Plötzlich brachen die ganzen Emotionen aus ihm heraus, die er in den letzten Tagen aufgestaut hatte und er schrie Sir Nicolas beinahe an.
„Ich bin Keron Adrin, Sohn von Sahra und Jerar Adrin, Freund von Will und bald ein stolzer Schüler der Reichsschützen. Und eines Tages werde ich ein starker und mächtiger Krieger wie Sir Francis, damit ich alle beschützen kann, die mir etwas bedeuten.“
Eine Zeit lang sagte keiner der beiden etwas. Sir Nicolas schaute Keron einfach nur an und Keron hatte das Gefühl, dass er ihn nicht nur anschaute, sondern irgendwie in ihn hinein. Dann begann Sir Nicolas langsam zu nicken. „Eine gute Antwort“, sagte er und Keron atmete unwillkürlich aus. „Sie zeigt, wo du herkommst, wer dir wichtig ist und was du im Leben erreichen willst. Es wäre mir eine Ehre dich zu unterweisen und ich verspreche dir, wenn du mir vertraust, werde ich dich soweit bringen, dass du jedes deiner Ziele erreichen kannst.“ Sir Nicolas beendete seinen Satz mit einer leichten Verbeugung, was Keron etwas peinlich war.
„Danke“, antwortete er verlegen und verbeugte sich ebenfalls, aber etwas tiefer als Sir Nicolas.
„Komm, ich sehe gerade, dass Will von seinem Ausflug aus dem Wald zurückgekommen ist. Es wird Zeit, dass wir mit eurer Ausbildung beginnen“, sagte Sir Nicolas und gemeinsam gingen sie zur Hütte zurück. Als die beiden dort ankamen, wartete Will schon auf der Veranda auf sie.
„Was hast du entdeckt?“, fragte ihn Sir Nicolas.
„Nichts. Ich habe keine Anzeichen gefunden, dass Menschen in letzter Zeit hier waren oder dass uns jemand gefolgt ist“, antwortete er mit einem Achselzucken.
„Gut, dann lasst uns beginnen“, sagte Sir Nicolas und ging in die Hütte.
Will wandte sich verwundert an Keron: „Mit was genau beginnen wir?“
„Sir Nicolas will mit unserer Ausbildung zu Reichsschützen beginnen“, erklärte Keron. Woraufhin ein breites Lächeln auf Wills Gesicht erschien. Als Sir Nicolas wieder zurückkam, hatte er sein Schwert an seinem Gürtel befestigt und trug je ein Holzschwert in einer Hand. Er stellte sich vor den beiden hin und überreichte ihnen die Schwerter.
„Wir kriegen keine richtigen Schwerter?“, fragte Will und die Enttäuschung in seiner Stimme war kaum zu überhören.
„Natürlich nicht“, sagte Sir Nicolas mit Bestimmtheit. „Ihr seid vollkommene Anfänger im Schwertkampf und ihr würdet euch nur selber verletzten. Ihr bekommt erst ein richtiges Schwert, wenn ich der Meinung bin, dass ihr auch damit umgehen könnt. Und selbst dann werdet ihr in Übungskämpfen nur mit den Holzschwertern gegeneinander antreten. Ein Schwert ist kein Spielzeug, sondern eine Waffe“, sagte Sir Nicolas und bedachte Will mit einem strengen Blick, woraufhin dieser betreten zu Boden blickte. „Und jetzt schaut her und passt genau auf.“ Sir Nicolas zog sein eigenes Schwert aus der Scheide, nahm einen etwas breiteren Stand ein und ließ das Schwert ein paar Mal in geschmeidigen Bewegungen durch die Luft schneiden. Es war beinahe so, als würde er eine Art Tanz aufführen. Zum Schluss kam er wieder in seine Ausgangsposition zurück und versiegelte seine Klinge in ihrer Scheide. Danach begann das Training.
Sir Nicolas zeigte ihnen, wie sie ihr Schwert am besten halten sollten, damit ein Gegner es ihnen nicht so leicht aus der Hand schlagen konnte. Nachdem Will seinen Unmut darüber geäußert hatte, dass er wusste, wie man ein Schwert hält, nahm Sir Nicolas Keron das Schwert aus der Hand und entwaffnete Will mit einer einzigen schnellen Bewegung. Will wusste überhaupt nicht, was passiert war, und unterbrach den Unterricht danach nicht mehr. Ihr Meister zeigte ihnen die Bewegungen mit seinem eigenen Schwert, die Will und Keron nachmachen sollten. Nachdem er ihnen eine Reihe von Bewegungen vorgeführt hatte, sollten die beiden sie hintereinander vollführen, während Sir Nicolas sie genau beobachtete und nötigenfalls korrigierte. So übten sie den ganzen Vormittag weiter. Nicolas zeigte ihnen, wie man welche Angriffe am besten parierte und wie sie ihre Beine bewegen müssen, damit sie nicht das Gleichgewicht verlieren, wenn sie einen kräftigen Schlag blocken mussten oder ihr Gegner ihren Schlägen auswich. Keron hätte nicht gedacht, dass das Training so anstrengend sein würde, aber er beschwerte sich nicht, sondern machte einfach weiter, weil er es unbedingt lernen wollte.
Als