Название | Es gibt keine Wiederkehr |
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Автор произведения | John Mair |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783939483649 |
Kaum war Desmond eingetreten, geriet er in einen kleinen Strudel bekannter Gesichter.
«Hallo Thane, wo haben Sie nur die ganze Zeit gesteckt?»
«Ach, ich hatte zu arbeiten. Wie geht’s euch? Gibt’s was zum Lästern?»
Die wohlkalkulierte Bitte sollte dem Fragesteller Ruhe verschaffen – und den anderen eine Menge einfacher Vergnügungen bieten. Wie erwartet brach ein Sturm von Gerüchten über Desmond herein.
Offenbar hatte Milly Peter verlassen, und Tony war jetzt mit Susan liiert; Matthew war ins Beschaffungsministerium der Streitkräfte übergewechselt und Paul hatte sich nach Frankreich versetzen lassen; John war bei einem Luftwaffeneinsatz gefallen, und von Nancy hieß es, sie sei in einen Fahrer ihrer Rettungswache verliebt; Mark widersprach irgendeiner Ansicht, weil die Deutschen brutale Bestien seien, er selbst aber Mitglied in der Königlichen Gesellschaft zur Verhütung von Grausamkeiten an Tieren; und irgendjemandes Cousin hatte tatsächlich vor den Schranken des Gerichts ausgerufen: «Ich bin eine Feuersäule!» Und so ging es fort und fort. Desmond, der diesen Tratsch normalerweise goutierte, dachte nur: Stünde mir ein Engel mit Flammenschwert zur Seite, bräuchte er sich nicht über einen Mangel an Aufgaben zu beschweren.
Als endlich Ruhe einkehrte und man sich auf allgemeines Geplauder verlegte, blieb Desmond einsilbig; er suchte nach einem Vorwand, um sich wieder zu entfernen.
Weit hinten in der Kneipe bemerkte er ein großes blondes Mädchen, dessen schrille Stimme und grelle Kleidung die Ansehnlichkeit ihrer Figur ebenso wenig zu beeinträchtigen vermochten, wie die vollendeten Formen den Ausdruck einer großen Leere überspielen konnten. Sie war ein wenig angetrunken und damit ein Problem für ihre dunkelhaarige Freundin und den jungen Unteroffizier mit dem Zahnbürstenschnäuzer, der die beiden offenbar angeschleppt hatte. «Herunter, herunter bis zum Boden», dachte Desmond. «Wer kein Gewissen hat, hat auch kein Recht auf guten Geschmack.» Er entschuldigte sich etwas schroff, trat zu den dreien hinüber und klopfte dem Offizier auf die Schulter.
«Na sowas! Dass wir uns hier wiedertreffen! Schätze, Sie erkennen mich gar nicht mehr – wir sind uns vor dem Krieg in Cowes begegnet. Darf ich Sie und Ihre Freundinnen vielleicht auf einen Drink einladen?»
Nach Desmonds Berechnungen musste gerade dieser snobistische Tonfall den Schnurrbart gefügig machen, der offenbar niemals in Cowes gewesen war und der sich offensichtlich gern vor den Frauen in Szene setzte; etwaige Zweifel zerstreute man am besten mit Großzügigkeit.
«Äh, ja, danke», stotterte der Schnurrbart zögernd.
Desmond setzte nach.
«Lassen Sie doch einfach stehen, was Sie gerade trinken, und gönnen wir uns einen Champagner. Ich glaube, dieses Lokal hat einige sehr anständige Flaschen auf Lager, auch wenn es gar nicht danach aussieht.»
«Oh ja, aber gern», bat die Blonde.
«Das wäre wirklich sehr nett», sagte die Dunkelhaarige.
«Aber hallo», bekräftigte der Schnurrbart.
Geschafft. Während Desmond dem Barkeeper mit den Fingern ein Zeichen gab, spürte er förmlich die erstaunten und missbilligenden Blicke seiner Freunde, und er ahnte den Tadel in ihrem Geflüster. Ihn kümmerte das nicht im Geringsten; er fing an, sich großartig zu amüsieren.
Der Mann, der neben dem Leichnam gekniet hatte, erhob sich wieder. «Sie ist kaum länger als drei Stunden tot», sagte er, «vermutlich weniger.» Er schrieb etwas in sein Notizbuch. Einer der anderen durchsuchte das Zimmer, fachkundig und ohne Hast, während der dritte den Türknauf und glatte Oberflächen auf Fingerabdrücke hin untersuchte.
Alles, was Desmond über seine neuen Bekannten wissen wollte, fand er im Nu heraus. Die Blondine, deren Beitrag zur Konversation vornehmlich aus Kichern bestand, war, so versicherte ihm die Dunkelhaarige, in einer «waaahnsinnig verantwortungsvollen Position – Privatsekretärin bei einem wichtigen Manager in der Werbebranche». Desmond vermutete, das «privat» beziehe sich wohl eher darauf, dass die Frau des Managers von dieser Sekretärin nichts wissen durfte, und das sei dann auch schon alles. Die Dunkelhaarige war Kanadierin und im gleichen Unternehmen beschäftigt, zeichnete sich aber durch ein höheres Streben aus: «Sie machen sich ja überhaupt keine Vorstellung davon, Mr. Tisket» (Desmonds Pseudonym für diesen Abend), «in welch wundervollen Frieden Sie eintauchen, wenn Sie sich erst einmal ins astrale Denken vertiefen.» Der Schnurrbart war auf Wochenendurlaub vom Regiment («Darf nicht sagen, wo wir stationiert sind, oh nein, nein! Der Feind hört mit und so weiter, Sie kennen das ja, alter Knabe!») und sehr darum bemüht, als Offizier und Gentleman zu imponieren – zwei Rollen, die immer weniger miteinander in Einklang zu bringen waren, je betrunkener er wurde.
Ursprünglich hatte Desmond geplant, die Blondine von der Party wegzulotsen, doch schon bald zeigte sich, dass dies äußerst knifflig würde; deshalb beschloss er, stattdessen den Schnurrbart loszuwerden. Die einfachste Methode bestand darin, ihm beim Abfüllen bis zur Bewusstlosigkeit zur Hand zu gehen – beim Blick in seine bereits glasigen Augen vergleichsweise unkompliziert. Leider besaß der Offizier einen robusten Magen, wenn ihm schon der Kopf fehlte, und Desmonds Großzügigkeit steigerte allenfalls seine Streitsucht und sein Misstrauen.
Die Blondine wurde fröhlicher und fröhlicher.
«Tisky, Liebling, ich glaube, ich bin beschwipst! Glaubst du nicht auch, dass ich ein ungezogenes Mädchen bin?»
«Ich werde dich verhauen!» rülpste der Schnurrbart und grabschte ungeschickt nach ihr. Desmond schob ihn beiseite.
«Also bitte, denken Sie immer daran, dass Sie für die Freiheit kämpfen, nicht für die Freizügigkeit. Möchten Sie noch einen Drink?»
Der Schnurrbart schwankte auf ihn zu.
«Ich kämpfe für mein Land, jeder kämpft für sein Land. Was tun Sie denn so?»
«Nun, ich dürfte Ihnen das eigentlich gar nicht verraten, aber ich arbeite in der Propagandaabteilung des Rüstungsministeriums.»
«Oh bitte, verraten Sie mir doch ein Staatsgeheimnis», kreischte die Blondine und schüttete ihm ihr Glas über den Ärmel.
«Tja, das sollte ich wirklich nicht tun, fürchte ich, aber ich weiß ja, dass ich mich auf euch verlassen kann.» Er lehnte sich vertrauensvoll nach vorn. «Ich habe in letzter Zeit an einem eigenen Projekt gearbeitet, einem Propagandageschoss.»
Der Schnurrbart blinzelte misstrauisch.
«Wassndas?»
«Das werden Sie gleich erfahren. Eigentlich eine ganz einfache Konstruktion, sie basiert auf dem Prinzip der Pfeifenorgel. Wir bohren ganz spezielle Löcher in ein Metallgeschoss, und wenn der Luftstrom nach dem Abfeuern durch diese Löcher entweicht, entsteht ein Propaganda-Ton. Gerade haben wir zehn Millionen angefertigt, die ‹Freieieieieieieieieiheit› pfeifen, wenn sie hinter den Linien des Feindes zu Boden gehen. Stellen Sie sich vor, was das für die Moral der Nazis bedeutet, wenn sie beim Klang unserer herrlichen Parole vor die Hunde gehen!»
Die Dunkelhaarige vertiefte sich in diesen Gedanken. «Aber müsste das Wort nicht auf Deutsch erklingen, damit sie es verstehen?»
«Da haben Sie vollkommen recht. Sie haben die Schwachstelle dieses Programms erkannt. Ein Fehler der Bürokratie – keiner im Ministerium hat auf diesen Punkt geachtet, bis die Geschosse fertig waren, und nun möchte man sie den Japanern verkaufen, die sie gegen Amerika einsetzen könnten. Wir bräuchten mehr Leute wie Sie; ich könnte Ihnen eine Stelle in meiner Abteilung besorgen.»
Der Schnurrbart kam ins Grübeln. Beinahe konnte man die schweren Panzerketten seiner Gedanken hören, wie sie der Spur hin zu einer Idee folgten.
«Aber ich meine …», setzte er an.
Desmond