Название | Detektiv Dagobert |
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Автор произведения | Balduin Groller |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962818814 |
»Etwas deutlicher, wenn ich bitten darf!«
»Ich habe im Vorzimmer, als wir weggingen, eine hübsche kleine Szene beobachtet. Eine Schauspielerin hätte davon lernen können.«
»Sie machen mich neugierig, Dagobert.«
»Die Dienerschaft half den Herrschaften in die Überkleider. Ein junger Mann, unzweifelhaft der hübscheste in der ganzen Gesellschaft – er hat so schöne melancholisch-träumerische Augen –«
»Ich weiß schon – Baron André, der kleine Attaché.«
»Bei welcher Gesandtschaft?«
»Bei keiner vorläufig. Er ist Diplomat von Beruf und wartet nun hier darauf, dass ihn seine Regierung nach Petersburg oder Madrid dirigiere.«
»Gut. Ich bemerkte also, dass dieser junge Mann nicht ohne Geschicklichkeit so manövrierte, dass nicht einer der sechs Lakaien dazu kam, ihm beim Anziehen behilflich zu sein, sondern das einzige im Vorzimmer anwesende Stubenmädchen.«
»Die war eigentlich da, um den Damen zu helfen.«
»Verstehe vollkommen. Kein schlechter Geschmack; hätte mir auch lieber von ihr helfen lassen. Ich beobachtete weiter. Und nun kommt die kleine Szene; sie war allerliebst. Er drückt ihr etwas in die Hand, das Trinkgeld. Da hätten Sie das Gesicht des Kammerkätzchens sehen sollen; es war zu reizend. Im ersten Moment Verblüffung, eisige Kälte, ja geradezu Entrüstung. Dann ein rascher Blick und darauf sofort hellster Sonnenschein. Rasch fuhr die ordnende Hand noch einmal über seinen Überrrock, dann ein freundliches Lächeln und eine devote Verbeugung. Das Mädel hat mir gefallen!«
»Wenn sie Ihnen nur gefallen hat, Dagobert! Und was hat es weiter auf sich mit Ihren interessanten Vorzimmerstudien?«
Frau Violet sagte das in nicht gerade sehr gnädigem Tone. Freund Dagobert hätte wissen können, dass man bei einer schönen Frau, vielleicht bei einer Frau überhaupt, sehr selten Glück damit hat, wenn man über ein anderes weibliches Wesen besonders entzückt ist. Und nun erst, wenn dieses andere Wesen ein Stubenmädchen ist! Ernste Forscher sind zwar längst darüber einig, dass unter Umständen auch Stubenmädchen ihre ästhetischen Vorzüge haben können, aber über gewisse Dinge ist mit Frauen einmal nicht zu reden.
»Ich meine«, fuhr Dagobert fort, »dass dieses wechselnde und ausdrucksvolle Mienenspiel einer Künstlerin auf der Bühne einen Spezialapplaus eingetragen haben würde. Während der Fahrt zu Ihnen, meine Gnädigste, habe ich mir die Sache dann zurechtgelegt. Die Zofe hat in ihrer Hand zuerst die kleine Münze gespürt. Darob die gerechte Entrüstung. Der rasche Blick belehrte sie, dass es keine kleine Münze, sondern ein Goldstück war. Daraufhin –«
»Erlauben Sie, lieber Dagobert«, unterbrach ihn Frau Violet ein wenig ungeduldig, »Ihre Trinkgeldphilosophie mag ja recht interessant sein, aber eigentlich ist es doch nicht das, was ich von Ihnen wissen wollte.«
»Ich bin ganz bei der Sache, meine Gnädigste, aber man muss einen Menschen doch ausreden lassen. Goldstücke als Trinkgelder sind bei uns nicht recht gebräuchlich. In älteren Opern und Tragödien wirft man der Dienerschaft noch einen Beutel Zechinen hin, aber das ist nicht mehr modern. Heutigestags sind nur noch die französischen Dramatiker besonders verschwenderisch. Die lassen ihre Helden gewöhnlich einen ungeheuern Aufwand treiben – aus eine Million mehr oder weniger kommt es ihnen gar nicht an –, und namentlich lassen sie sie gern riesige Trinkgelder verteilen. In unserem bürgerlichen Gesellschaftsleben ist das nicht Stil. Wir geben einen Silbergulden, und ich meine –«
»Aber – Dagobert!!!«
»Werden Sie mir nur nicht ungeduldig, meine Gnädigste!«
»Wie soll da aber ein Mensch auch nicht ungeduldig werden! Sie wollten von einem Herzensroman sprechen, bei dem ich eine Rolle spielen sollte, und nun halten Sie mir einen Vortrag – über Trinkgelder!«
»Ich sagte, dass ich mir die Sache im Wagen zurechtgelegt habe. Die Trinkgeldgeschichte hat mich erst auf die richtige Fährte gebracht. Der junge Mann ist nicht dumm –«
»Hat auch niemand behauptet!«
»Und geht sehr methodisch vor. Baronin Gretl ist die anmutigste und liebenswürdigste junge Dame, die ich kenne. Wer hat ihn denn eigentlich in die Gesellschaft eingeführt?«
»Gretls Vettern, Fredl, der Kavallerist, und Gustl, der Ministerialsekretär, mit denen er intim befreundet ist. Sie müssen ihn übrigens auch vom Klub her kennen, wo er, seitdem er hier ist, als Gast eingeschrieben ist.«
»Er war mir noch nicht ausgefallen. Also er geht methodisch vor. Er liebt Baronin Gretl, und das ist ihm sicher zu verdenken.«
»Woher wissen Sie das, Dagobert?«
»Zuerst bemerkte ich es daran – aber Sie dürfen nicht böse werden – wie er Ihnen den Hof machte, gnädigste Frau.«
»Mir?!«
»Ihnen. Allerdings. Das war ganz richtig kalkuliert. Sie vertreten dort die Hausfrau und, wie ich gleich hinzufügen will, mit bewunderungswürdiger Grazie und unvergleichlicher Umsicht. Er hat Ihren Einfuß nicht zu hoch eingeschätzt. Seine Chancen stünden schlecht, wenn er Sie gegen sich hätte. Er hatte sich also an Sie herangemacht und, wie ich mit Vergnügen bemerkt habe, nicht ohne Erfolg.«
»Was wollen Sie damit sagen, Dagobert?«
»Was ich gesagt habe. Sie haben ihn in Ihr Herz geschlossen.«
»Weil er ein reizender Mensch ist.«
»Das sage ich auch. Es lässt sich nichts Hübscheres und Liebenswürdigeres denken als die Art, wie Sie, gnädige Frau, trotz der vielseitigen Inanspruchnahme die beiden Leutchen wohlwollend zu bemuttern wussten.«
»Habe ich damit etwas Unrechtes getan?«
»Gewiss nicht. Mir war es eine spezielle Freude, zu sehen, wie sich auch bei Ihnen der echt weibliche Trieb, Ehen zu stiften, betätigte.«
»Und was hat bei alledem – das Trinkgeld zu tun?«
»Nicht viel mehr, als dass es mich auf einige Ideen gebracht hat. Ich hätte sonst kaum über die ganze Geschichte weiter nachgedacht. Methodisch – sagte ich. Sie waren gewonnen. Irgendein Lümmel von den Lakaien hätte ihm kaum etwas nützen können, dagegen kann die Zofe unter Umstünden