Название | Detektiv Dagobert |
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Автор произведения | Balduin Groller |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962818814 |
»Das haben wir durchaus noch nicht festgestellt!«
»Dann wollen wir es gleich besorgen. Die Spitze der Zigarre war nicht mit einem Messer abgeschnitten, sondern prompt und glatt abgebissen worden. Dazu gehören gute Zähne. Darüber wären wir also im Klaren. Nun muss noch seine ungewöhnliche Körperlänge bewiesen werden. Nichts einfacher als das. Reproduzieren wir einmal die Situation, meine Gnädige –, eigentlich gar nicht nötig. Denn sie ist schon hergestellt. Sie auf Ihrem bevorzugten Platze –, ich in respektvoller Entfernung, aber doch gerade noch nahe genug für unsere Konversation, Ihnen gegenüberstehend, an den Kamin gelehnt. Die Aussicht, die ich da beinahe aus der Vogelperspektive genieße, ist eine entzückende. Sie brauchen nicht zu drohen, Frau Violet –, eine entzückende. Auch ich würde ohne besonderen Grund meinen glücklichen Beobachterposten nicht verlassen. Wenn ich aber eine Zigarre wegzulegen hätte, so müsste ich mich zum Rauchtische begeben, auf dem die Aschenbecher stehen. Denn ich könnte nicht auf den Sims hinauflangen, mir wäre er zu hoch! Da hätte ich nun die Personenbeschreibung begründet. Stimmt sie, meine Gnädigste?«
»Sie stimmt«, gab Frau Violet lachend zu. »Ich mache Ihnen mein Kompliment, Herr Dagobert. Sie sind ein fürchterlicher Mensch, und ich sehe schon, es wird doch am besten sein, wenn ich selber gleich ein umfassendes Geständnis ablege, sonst glauben Sie am Ende noch Gott weiß was!«
»Keine Geständnisse! Ich lehne sie ab. Geständnisse können – ich spreche natürlich ganz akademisch – können auch falsch sein. Es sind auf Grund von falschen Geständnissen schon Justizmorde verübt worden, und nichts vermag mich mehr aufzuregen, als der Gedanke an einen Justizmord. Zudem – ich brauche das Geständnis nicht; es kann mir nichts mehr nützen. Ich bin hier nur Untersuchungsrichter und habe kein Urteil zu schöpfen. Meine Aufgabe war, den Tatbestand aufzuklären und die Täterschaft zu erweisen. Ob dann bei der Schlussverhandlung gestanden oder geleugnet wird, das geht mich nichts an.«
»Gut, also hören wir weiter!«
»Ich musste also weiter kombinieren. Der hochgewachsene junge Mann mit dem schönen Bart und den guten Zähnen hat seine Zigarre hier in Ihrer Gegenwart geraucht und Ihnen dabei Gesellschaft geleistet. Er hat mit Ihnen geplaudert, wie ich jetzt mit Ihnen plaudere. Ein besonderes Geheimnis konnte nicht dahinter stecken.«
»Gott sei Dank, dass Sie mir das wenigstens nicht zutrauen, Dagobert!«
»Konnte nicht dahinter stecken. Wir kennen uns nun schon lange genug – Sie sind eine kluge Frau. Sie wissen, was auf dem Spiele steht, und Sie machen keine Dummheiten.«
»Ich danke für das ehrende Vertrauen!«
»Mein Vertrauen ist auch felsenfest, nicht minder mein Respekt. Aber es ist nicht nur das. Ich habe offene Augen und gute Ohren. Ich selbst hätte irgendeinmal etwas bemerken, oder irgendein Gerede hätte auch zu mir dringen müssen. Nichts von alledem. Sie haben da einen Besuch empfangen, der weiter nicht auffallen konnte, sonst wäre er schon aufgefallen. Warum fiel er nicht auf? Weil Sie ihn oft empfangen. Es musste also ein ganz harmloser Besuch sein. Ein Umstand konnte allerdings stutzig machen. Aus den hingeworfenen Äußerungen Ihres Mannes konnte ich mir so ungefähr herausnehmen, dass die Zigarren gewöhnlich am Dienstagabend verschwanden, zu der Zeit also, wo er im Klub war. Was ich nicht wusste, was Sie aber angaben, ist, dass am Dienstag Ihr Diener das Theater zu besuchen pflegt.«
»Hoffentlich ziehen Sie aus diesem Umstand nicht auch Ihre Schlüsse!«
»Ich denke nicht dran. Tatsache scheint mir, dass der junge Mann ziemlich häufig im Hause vorspricht, dass er aber gerade am Dienstag etwas länger verweilt und die Hausfrau unterhält.«
»Das ist richtig, aber ich kann versichern, dass die Unterhaltungen ganz harmloser Natur sind.«
»Daran habe ich niemals gezweifelt, zumal der junge Mann – wie soll ich sagen? – ein wenig unter Ihrem Stande ist.«
»Wie haben Sie das nun wieder herausgebracht, Dagobert?«
»Es erklärt sich von selbst, gnädige Frau. Freund Grumbach hat nicht eine oder zwei Zigarren vermisst, sondern gleich sechs oder sieben. Sie erinnern sich; nach seiner Angabe hatten aus der obersten Schicht am Tage vorher zwei Zigarren gefehlt. Die hat Grumbach jedenfalls selber herausgenommen und sich dabei halb unwillkürlich das Bild eingeprägt, das das Innere des Kistchens darbot. Einen Tag später schien es ihm, als fehlten acht oder neun Stück. Also Abgang von sechs oder sieben Stück. Man raucht aber nicht sechs oder sieben schwere Zigarren während eines Plauderstündchens mit der Hausfrau, man raucht eine, wenn’s hoch kommt zwei. Der Vorgang war nun der, dass die Hausfrau den jungen Mann beim Abschied ermutigt hat, sich noch einige Zigarren einzustecken.«
»Auch das ist richtig. Aber daraus folgt doch noch nicht, dass ich mich, wie Sie sich auszudrücken belieben, unter meinem Stande unterhalten hätte.«
»Ich bitte um Verzeihung, meine Gnädigste. Einem gesellschaftlich vollwertigen Besuch empfiehlt die Hausfrau vielleicht, sich auf den Weg eine Zigarre mitzunehmen –, eine! Natürlich ohne Betonung. Eine Handvoll zu geben oder – zu nehmen, das deutet schon auf einen gewissen gesellschaftlichen Abstand.«
»Sie sind wirklich der reine Kriminalkommissär, Dagobert!«
»Auf einen Abstand und doch auch auf eine gewisse Sympathie.«
»Es ist auch ein ganz netter, liebenswürdiger junger Mann. Haben Sie sonst noch etwas herausgebracht?«
»O, noch eine ganze Masse! Ich legte mir die Frage vor: Was kann das für ein junger Mann sein, der so oft, vielleicht täglich, ins Haus kommt, ohne dass es irgendwie auffiele? Die Antwort darauf war nicht schwer. Es konnte nur ein Beamter aus dem Büro Ihres Mannes sein, wohl einer, der die Aufgabe hat, jeden Tag am Abend dem Chef die Kassaschlüssel oder den Tagesrapport zu überbringen.«
»Er bringt allerdings nach Geschäftsschluss die tägliche Abrechnung nach Haus. Mein Mann hat sich das so eingerichtet.«
»Woran er sehr recht getan hat. Das weiß ich übrigens nun auch. Denn ich war inzwischen bei Ihrem Direktor.«
»Nein, was Sie nicht alles treiben, wenn Sie eine Spur verfolgen!«
»Man fängt entweder nicht an, meine Gnädigste, oder man fängt an, dann aber muss man auch bis ans Ende gehen,