Название | Detektiv Dagobert |
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Автор произведения | Balduin Groller |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962818814 |
Derlei lehnt man nicht ab, zumal die Würde auch ihre Bürde hatte, welche die Übernahme in doppelter Hinsicht als Ehrenpflicht erscheinen ließ. Es war bekannt und durch die Amtsführung des ersten Präsidenten förmlich zur Tradition geworden, dass mit der Leitung des Klubs ganz erhebliche materielle Opfer verbunden waren. In Wien haben die Klubs von jeher einen sehr schweren Stand gehabt. Die unzähligen eleganten Kaffeehäuser, die London, der klassische Boden des Klubwesens, nicht hat, bieten da mit ihren Annehmlichkeiten und Bequemlichkeiten eine schier unbesiegliche Konkurrenz. Darum vegetieren denn auch alle Klubs nur notdürftig und arbeiten mit Defizit, solange es eben geht. Trotzdem wollten die Industriellen ihren Klub haben, und bei dem musste natürlich von vornherein jeglicher Zweifel an seinem Bestande ausgeschlossen bleiben. Da nun aber auch die Industriellen nicht zaubern können, so verließ man sich ruhig darauf, dass der jeweilige Präsident schon für die Ehre des Hauses, also auch dafür sorgen werde, dass da kein Defizit zum Vorschein kam.
Die Mitgliedsbeiträge waren recht ansehnlich, zweihundert Gulden jährlich, und dazu kamen noch Einnahmen aus den Kartengeldern, die im Jahre doch an die zwanzigtausend Gulden ausmachten. Aber auch an Ausgaben fehlte es nicht. Zehntausend Gulden Miete, zehntausend Gulden das Personal, zehntausend Gulden für Heizung, Beleuchtung, Zeitungen und sonstige Anschaffungen, zehntausend Gulden Verlust bei Küche und Keller; denn es musste alles erstklassig und dabei billig sein, um die Mitglieder heranzulocken und zusammenzuhalten. Und so ging das fort. Da läppern sich die Ausgaben doch schon zusammen.
Mit all diesen Sorgen war nun Andreas Grumbach beladen, und das war noch nicht einmal alles. Die neue Würde legte auch Repräsentationspflichten auf, vor denen er früher so schön Ruhe gehabt hatte. Früher hatte er so bequem abseits gesessen, und nun riss ihn der gesellschaftliche Strom mit. Gab der Minister des Kaiserlichen Hauses und des Äußeren einen Rout oder der Ministerpräsident eine Soiree, wurde ein Denkmal enthüllt oder ein General begraben, eine Schule eingeweiht oder eine Ausstellung eröffnet, – der Präsident des Klubs der Industriellen wurde eingeladen und musste dabei sein, was dann natürlich auch immer zum ewigen Gedächtnis ins Protokollbuch der Vorstandssitzungen eingetragen wurde. Dann kamen auch noch die privaten Einladungen, für die man sich revanchieren musste. Kurz, es ging recht bunt zu, und Frau Violet war’s sehr zufrieden.
Die Hauptschuld an allem trug eigentlich Baron Eichstedt. Erstlich einmal, weil er überhaupt das Präsidium niedergelegt hatte, und zweitens, weil er sich in Frau Violet ganz verliebt hatte – natürlich und selbstverständlich in allen Ehren. Das war die Dame, wie er sich sie schon lange gewünscht und lange gesucht hatte. Seine eigene Frau war ihm schon vor zwölf Jahren gestorben, und seit der Zeit hatte alles gesellschaftliche Leben in seinem Hause geruht. Er hatte sich ganz seinem Klub gewidmet, der ihm das Heim ersetzte. Nun regte sich aber doch das Gewissen in ihm; das musste anders werden. Als seine Frau gestorben war, hatte sie ihm ein einziges Kind hinterlassen, eine kleine Tochter, Gretl. Das war jetzt eine junge Dame von achtzehn Jahren, an deren Zukunft man doch denken musste. Er musste Leute bei sich sehen, und er musste das Mädchen in die Welt einführen. Dazu brauchte er eine befreundete Dame, die liebenswürdig genug war, an seiner Seite in seinem Hause bei festlichen Anlässen mit die Honneurs zu machen und außer Hause seine Tochter mit der nötigen Anmut und Würde zu chaperonieren.1 Weit und breit hätte er da keine geeignetere Persönlichkeit finden können als Frau Violet. Das war eine Dame von Welt, die sich anzuziehen, sich zu benehmen und zu repräsentieren wusste, und dabei war sie niemals steif und langweilig, sondern immer gut aufgelegt und munter. Gretl konnte von ihr schon etwas lernen. Dass sie Schauspielerin gewesen, tat ihr gesellschaftlich keinen Abbruch. Wenn es anfänglich vielleicht hier und da Bedenken gegeben haben mochte, so hatte diese das Schwergewicht des gesellschaftlichen Ansehens ihres Mannes doch sehr bald beiseite gedrückt.
Dagobert Trostler tat bei alledem immer mit. Grumbach hätte ihn um keinen Preis aufgegeben, und auch Frau Violet war so an ihn gewöhnt, dass er ihr sehr gefehlt hätte. Er hatte also, als Grumbach Präsident wurde, nicht nur in den Klub einzutreten, er musste es sich auch gefallen lassen, auf Vorschlag des Präsidenten in den Ausschuss kooptiert zu werden. Die Freundschaft war eine notorische, und man richtete sich danach. Man wusste, dass man dem Herrn Präsidenten gefällig sei, wenn man mit ihm auch seinen Freund einlud.
Wie jedem großen Manöver die Kritik folgt, so folgte jeder mitgemachten Unterhaltung, und wenn man noch so spät heimkehrte, im Hause Grumbach die kritische Besprechung derselben. Dagobert musste immer noch »auf einen kleinen Schwarzen und eine Zigarre« mitfahren. Frau Violet wollte es so. Man könne doch nicht gleich schlafen gehen. Ein kleiner Plausch, ein kleiner Tratsch, ein bisserl Leutausrichten – das beruhigt die Nerven wunderbar.
So saßen die drei wieder einmal zu nächtlicher Stunde beisammen und übten Manöverkritik an der eben absolvierten Soiree bei Eichstedts.
»Es war doch sehr hübsch«, bemerkte Frau Violet, die da allerdings interessierte Partei war.
»Es war tadellos«, bekräftigte Dagobert, seinen Schwarzen schlürfend. »Sie waren einfach bewunderungswürdig, Frau Violet, wie Sie die Honneurs machten.«
»Mein Gott, es ist so schwer, wenn so viele Leute da sind!«
»Ja, ein wenig zu voll war es doch wohl.«
»Sie haben sich darüber nicht zu beklagen, Dagobert. Sie liegen ja immer auf der Lauer