Detektiv Dagobert. Balduin Groller

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Название Detektiv Dagobert
Автор произведения Balduin Groller
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783962818814



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ihr nicht zu­rück. Ich schloss einen Pakt mit ihr. Ich wür­de heu­te noch ganz be­stimmt bei ihr vor­spre­chen und dann auch ihr die Dose samt In­halt zu­rück­ge­ben. Sie ver­spricht da­ge­gen, bis da­hin kei­ner­lei Un­be­son­nen­heit zu be­ge­hen und die Selbst­mor­di­dee de­fi­ni­tiv auf­zu­ge­ben, wenn es mir ge­lin­gen soll­te, die gan­ze An­ge­le­gen­heit zum Ab­schluss zu brin­gen, ohne ih­ren Na­men zu ver­ra­ten.«

      »Ha­ben Sie ihr nicht auch noch eine be­son­de­re Be­loh­nung für ihre schö­ne Leis­tung ver­spro­chen?« frag­te Frau Vio­let recht un­mu­tig.

      »Wel­che Buße?« forsch­te Frau Vio­let.

      »Ich glau­be streng ge­nug ge­we­sen zu sein. Das fei­er­li­che Ver­spre­chen, nie wie­der so et­was zu tun, rech­ne ich na­tür­lich nicht zur Buße. Das war selbst­ver­ständ­lich. Ich ver­lang­te also ent­we­der zwei Jah­re Klos­ter oder fünf­jäh­ri­ge, so­fort an­zu­tre­ten­de Ver­ban­nung aus Wien – wid­ri­gen­falls!! Sie ent­schied sich für das letz­te­re. Wir schie­den mit ei­nem recht freund­schaft­li­chen s­ha­ke hands.

      So lan­ge die auf­war­ten­de Die­ner­schaft ab und zu ging, wur­de der An­ge­le­gen­heit, die mich her­ge­führt hat­te, kei­ne Er­wäh­nung ge­tan. Erst als ab­ge­räumt und die Luft rein war, kam Se. Kai­ser­li­che Ho­heit auf un­se­re Sa­che zu spre­chen.

      Nun, lie­ber Herr Da­go­bert, be­gann der Erz­her­zog lä­chelnd – be­ach­ten Sie wohl, mei­ne Gnä­digs­te, er sag­te Da­go­bert, weil er ge­hört ha­ben moch­te, dass ich im Freun­des­kreis nur so ge­nannt wer­de. Er woll­te mir also da­mit einen Be­weis sei­ner Huld ge­ben. Sie kom­men ohne Zwei­fel, um sich wei­te­re In­for­ma­tio­nen zu er­bit­ten. Lei­der kön­nen wir Ih­nen aber mit sol­chen nicht die­nen.

      Ich kom­me zu­nächst nur als Brief­bo­te, er­wi­der­te ich, nahm den ab­ge­fan­ge­nen Brief aus der Ta­sche und über­reich­te ihn ehr­furchts­voll der Frau Erz­her­zo­gin, an die er adres­siert war.

      Sie kön­nen sich den­ken, dass sie kein sehr gnä­di­ges Ge­sicht dazu mach­te. Von sol­chen Brie­fen hat­te sie nun schon ge­ra­de ge­nug.

      Ich bit­te Ihre Kai­ser­li­che Ho­heit, fuhr ich fort, höchs­tih­re Auf­merk­sam­keit auf einen Um­stand zu len­ken: der Brief trägt kei­nen Post­stem­pel!

      Es war der Erz­her­zog, dem zu­erst ein Licht auf­ging.

      Ja, aber dann – Herr Da­go­bert – schon wie­der! dann müss­ten Sie ja ei­gent­lich den Tä­ter schon ken­nen! Oder was soll es sonst hei­ßen?!

      Es soll hei­ßen, Kai­ser­li­che Ho­heit, dass ich der trü­ben Quel­le auf den Grund ge­kom­men bin und sie ver­stopft habe. Das war der letz­te die­ser Brie­fe und es wird kein wei­te­rer fol­gen. Auch für die­sen konn­te schon die Ver­mitt­lung der Post­an­stalt um­gan­gen wer­den. Ich ver­bür­ge mich da­für, dass kei­ne Fort­set­zung fol­gen wird.

      Vie­len, vie­len Dank, Herr Da­go­bert!

      Auch die Erz­her­zo­gin dank­te be­wegt und frag­te: Wer also ist der Ab­sen­der?

      Eine Dame.

      Eine Dame? Das ist un­glaub­lich!

      Es ist so, Ho­heit – eine Dame der Ge­sell­schaft.

      Die Herr­schaf­ten muss­ten sich erst fas­sen, um dar­an glau­ben zu kön­nen. Dann forsch­ten sie na­tür­lich sehr eif­rig nach dem Na­men.

      Ich er­stat­te­te zu­nächst Be­richt über die Ein­zel­hei­ten mei­ner Un­ter­su­chung, so­weit ich es im ge­ge­be­nen Fal­le für rät­lich und zu­läs­sig hielt, und man karg­te da­bei nicht mit Lob­sprü­chen. Schließ­lich – man kann ja sa­gen, dass ich nicht frei bin von Ei­tel­keit, aber ich bin ein­mal nicht der Mann, der sein Licht un­ter den Schef­fel stellt.

      Was nun den Na­men be­trifft, schloss ich mei­nen Be­richt, so möch­te ich die Ent­schei­dung, ob ich ihn wirk­lich nen­nen soll oder nicht, der Weis­heit und der Gna­de Eu­rer Kai­ser­li­chen Ho­hei­ten selbst über­las­sen.

      Ich schil­der­te die Din­ge, wie sie la­gen, und ver­schwieg nicht, dass die Preis­ge­bung des Na­mens mei­ner­seits al­ler Wahr­schein­lich­keit nach eine Ka­ta­stro­phe zur Fol­ge ha­ben wür­de.

      Der Erz­her­zog run­zel­te die Brau­en. Hier sei doch wahr­haf­tig kein An­lass, be­son­de­re Gna­de wal­ten zu las­sen.«

      »Das glau­be ich auch!« fiel hier Frau Vio­let dem Er­zäh­ler ins Wort. Sie war in sehr grau­sa­mer Stim­mung ge­gen die fei­gen Ab­sen­der von an­ony­men Brie­fen, und sie hat­te ja gu­ten Grund dazu.

      »Ich plä­die­re den­noch für Mil­de, fuhr ich fort, und ent­wi­ckel­te auch mei­ne Grün­de da­für. Ich war über­zeugt, dass die An­dro­hung des Selbst­mor­des kei­ne lee­re Re­dens­art ge­we­sen war. Ich wies zur Be­kräf­ti­gung mei­ner Auf­fas­sung die gol­de­ne Dose mit den Cy­an­ka­li­stücken vor und füg­te hin­zu, dass ich ver­spro­chen hät­te, sie heu­te noch zu­rück­zu­stel­len.

      Das dür­fen Sie nicht, Herr Da­go­bert! rief der Erz­her­zog.

      Ich habe es ver­spro­chen. Kai­ser­li­che Ho­heit. Und dann – wenn ein­mal ein sol­cher Ent­schluss fest­steht, dann weiß man sich auch ohne eine sol­che Dose zu be­hel­fen. Ich wer­de den Na­men nen­nen, wenn Ihre Ho­hei­ten dar­auf be­ste­hen, al­lein ich möch­te zu­vor einen Um­stand der gnä­di­gen Er­wä­gung an­heim­ge­ben. Ho­hei­ten ha­ben ge­wünscht, dass die An­ge­le­gen­heit in al­ler Stil­le und ohne Aus­se­hen er­le­digt wer­de. Bei ei­nem Selbst­mord kann man nie wis­sen, ob nicht ein Brief zu­rück­ge­las­sen wird, der dann zu auf­se­hen­er­re­gen­den und un­er­freu­li­chen Wei­te­run­gen füh­ren könn­te. Ich habe, Ihre gü­ti­ge Zu­stim­mung vor­aus­ge­setzt, der Ver­bre­che­rin die Stra­fe der fünf­jäh­ri­gen Ver­ban­nung von Wien auf­er­legt.

      Der Erz­her­zog stimm­te so­fort zu, und sei­ne ra­sche Sin­nes­än­de­rung über­rasch­te mich ei­ni­ger­ma­ßen.

      Üb­ri­gens glau­be ich, sag­te er mit ei­nem Blick auf sei­ne Ge­mah­lin, dass wir hier das Ur­teil der Erz­her­zo­gin zu über­las­sen ha­ben.

      Die Erz­her­zo­gin hat­te sin­nend das töd­li­che Gift in der Dose be­trach­tet, die sie mir aus der Hand ge­nom­men hat­te. Nun blick­te sie auf und sag­te: Es kommt mir nicht zu, ein To­des­ur­teil zu spre­chen.

      Dann gab sie mir die Dose zu­rück, dank­te noch ein­mal mit vie­ler Wär­me und reich­te mir die Hand zum Kus­se.