Название | Detektiv Dagobert |
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Автор произведения | Balduin Groller |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962818814 |
»Der Fall war, wie ich schon erwähnte, sehr einfach, aber er hat mir gleichwohl viel Vergnügen gemacht. Eines Tages erscheint der Adjutant des Erzherzogs Othmar bei mir und bescheidet mich in das erzherzogliche Palais. Ich gehe also gleich mit, und in einer Privataudienz macht mir der Erzherzog die schmeichelhafte Eröffnung, dass er mit ganz besonderem Interesse von einigen meiner Leistungen als Amateurdetektiv gehört habe. Auch er hätte nun einen Auftrag, beziehungsweise eine Bitte. Natürlich stellte ich mich sofort zur Verfügung und bemerkte, dass Seine Kaiserliche Hoheit nur zu befehlen hätte.
Der Fall lag wie hier. Es handelte sich um anonyme Briefe, und auch hier war nicht nur der Herr des Hauses, sondern auch seine durchlauchtigste Gemahlin mit ihnen bedacht worden. Der Erzherzog sagte mir, dass ihm viel daran läge, den Schreiber zu ermitteln, dass es ihm aber widerstrebe, sich an die Polizei zu wenden. Nach allem, was er gehört, hätte er in dieser Sache mehr Vertrauen zu mir.
Schön. Ich ließ mir die Briefe geben. Das war erstaunlich; es waren ihrer Hunderte! Ich nahm sie mit.«
»Waren sie auch so gemein?« fragte Frau Violet gespannt.
»O, meine Gnädigste, was man Ihnen auch geschrieben haben mag, es ist unmöglich, dass die Unflätigkeit und Gemeinheit, die dort aufgestapelt ward, erreicht, geschweige denn überboten worden ist.«
»Und Sie haben diese Schufterei enthüllt?!«
»Ich hatte Glück. Die Sache war in vierundzwanzig Stunden erledigt.«
»Erzählen Sie, Dagobert!«
»Als ich die Briefe an mich nahm, war auch dort meine erste Frage natürlich, ob die Hoheiten etwa schon einen Verdacht oder einen Anhaltspunkt hätten. Die Frage wurde verneint. Ich nahm also die Briefe mit nach Hause, las sie aufmerksam durch und überlegte dann reichlich zwei Stunden, ohne jedoch zu irgendeinem nennenswerten Resultat zu kommen. Der erste halbe Tag verging, ohne dass mir eine halbwegs vernünftige Idee eingefallen wäre. Erst in der Nacht, förmlich im Schlafe kam mir die Erleuchtung. Ich hatte mich zu Bett begeben, und nach langen fruchtlosen Bemühungen einzuschlafen, war endlich der erste Schlummer über mich gekommen, aus dem ich aber bald wie im Schrecken auffuhr. Nun war mit einem Male die Idee da, auf der sich weiter bauen ließ. Die Briefe lagen auf meinem Nachtkästchen. Ein feiner Chypreduft war von ihnen aus mir in die Nase gefahren. Chypre ist ein vornehmes Parfüm. Ich machte Licht, so viel Licht, als überhaupt möglich war und nahm die Briefe wieder vor. Da wurde mir sofort eines klar: das ganze intensive Studium der Schrift und des Inhalts der Briefe war vorderhand vollkommen überflüssig und nutzlos gewesen. Ich musste mich da nur an Äußerlichkeiten halten und konnte nur von diesen ausgehen. Bei aller Niedrigkeit des Inhalts umgab doch eine gewisse vornehme Atmosphäre die Briefe. Gewiss, auch da konnte bewusste, auf Täuschung und Irreführung gerichtete Absichtlichkeit mitspielen, aber immerhin – sie wies auf ein vornehmes Haus, wenn schon nicht auf vornehme Provenienz überhaupt. Es konnte ja ein tückischer Lakai oder eine boshafte Zofe die Hand im Spiele haben. Sie konnten das parfümierte Papier der Herrschaft entwendet haben. Von dem Parfüm erhoffte ich allerdings keine Aufklärung, aber – das Papier! Ich bin Kenner in Papiersorten. Es war das köstlichste und, ich kann sagen, das kostbarste Luxuspapier, das mir je in die Hände geraten war. Es war also ein ziemlich kostspieliger Luxus, solche Briefe massenhaft in die Welt zu senden, und wenn der Absender das Papier nicht stahl, dann musste er wohl in der Lage sein, sich diesen Luxus zu gönnen.
In aller Frühe setzte ich mich in meinen Unnummerierten und fuhr bei einigen besseren Papierhandlungen vor. Ich legte ein abgerissenes, unbeschriebenes Blatt eines Briefes vor und verlangte jene Sorte. Auf die Auskunft, die ich erhielt, war ich von vornherein gefasst gewesen. Diese Sorte führten sie nicht: sie sei zu teuer und fände wohl keinen Absatz. Die Auskunft freute mich. Damit war der Kreis für meine Nachforschungen schon bedeutend enger gezogen.
Nun betrat ich mit einiger Spannung den Laden ›L. Wiegand, k. k. Hoflieferant‹ am Graben. Ich wusste, dass dieses Geschäft zweifellos die vornehmste Kundschaft der Stadt habe. Ich zeigte das Muster, und der Chef, der mich persönlich bediente, legte mir sofort die gewünschte hochelegante Kassette mit hundert Bogen und den dazu gehörigen Umschlägen vor. ›Sechzig Kronen!‹ Ich kaufte, erbat aber eine Unterredung unter vier Augen.
Der Mann führte mich in das kleine Kontor, das sich hinten an seinen Laden schloss.
Ich möchte von Ihnen erfahren, Herr Wiegand, begann ich, ob dieses Papier auch noch in einem anderen Geschäft in Wien verkauft wird.
Ganz bestimmt nicht, erwiderte er selbstbewusst. Die Bezugsquelle ist mein Geheimnis.
Es ist englisches Fabrikat, schaltete ich ein, um ein wenig mit meiner Sachkenntnis zu protzen.
Allerdings, aber es gibt nur eine Fabrik, die es erzeugt. Für die anderen Geschäfte, fügte er geringschätzig hinzu, ist das auch kein Artikel. Es würde ihnen liegen bleiben.
Verkaufen Sie viel davon?
O, sehr viel! Ich bin zufrieden.
Ich sah, dass ich die Geschichte nicht ganz richtig angepackt hatte. Wenn ich den jetzt noch weiter renommieren ließ, dann kam ich von meinem Ziele nur immer mehr ab. Ich nahm also, gewissermaßen um mich zu legitimieren, ein Dutzend Briefe aus der Tasche und zeigte ihm die Aufschriften. Die Wirkung war eine befriedigende; sein Gesicht nahm sofort einen ehrfürchtigen Ausdruck an.
Herr Wiegand, sagte ich, Sie sind Hoflieferant und sicher muss Ihnen daran gelegen sein, sich den Hof zu verpflichten.
Er verbeugte sich sehr devot und legte die Hand aufs Herz, um anzudeuten, dass – für den Hof! – er bereit sei, auch sein Leben zu lassen.
Also, Herr Wiegand, fuhr ich fort, Sie werden sich die höchsten Herrschaften zu Danke verbinden, wenn Sie mir einige Fragen beantworten. Verkaufen Sie wirklich viel von dem Papier?
Herr, ich mache mein Geschäft damit. Es geht mit dem übrigen. Davon allein könnte ich natürlich nicht leben.
Das kann ich mir denken. Sind Sie in der Lage, die hauptsächlichsten Abnehmer für diesen Artikel namhaft zu machen? Merken Sie wohl auf, Herr Wiegand, den Kaiserlichen Hoheiten ist die präzise Beantwortung dieser Frage von besonderer Wichtigkeit!
Der Mann war ganz Bereitwilligkeit und Ergebenheit. Er knickte förmlich zusammen, so oft ich der hohen Herrschaften Erwähnung tat. Er dachte nach und gestand dann, dass er für dieses Papier