Название | Detektiv Dagobert |
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Автор произведения | Balduin Groller |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962818814 |
Und doch waren Sie viel klüger als ich, Herr Dagobert. Es ist eigentlich eine sehr traurige Geschichte. Ich habe diese Dame geliebt, und ich darf annehmen, dass auch sie für mich gefühlt hat. Es ist wohl möglich, dass es die Liebe war, die hier in ihr hässlichstes Zerrbild umschlug, und es wird ganz gut sein, wenn der Dame nun einige Jahre Muße gegönnt werden, auf ihren Schlössern oder meinetwegen in London oder Paris über ihre schmähliche Verirrung nachzudenken. – – –
Das, Frau Violet, ist die Geschichte meines ersten Falles mit anonymen Briefen.«
»Sie haben doch die Gräfin wiedergesehen, Dagobert?«
»Natürlich; noch an demselben Tage; wie ich es versprochen hatte.«
»Nun – und?«
»Sie war gefasst, auf alles gefasst. Sie bereute und nahm die Strafe auf sich.«
»Eine schöne Strafe – auf den Schlössern oder in Paris!«
»Immerhin eine Strafe, Gnädigste, die Einkehr und Umkehr, vielleicht völlige Besserung möglich erscheinen ließ, während –!«
»Sie würden nicht so von Humanität triefen, lieber Freund, wenn sie vielleicht weniger hübsch gewesen wäre!«
»Wohl möglich; man soll nichts verschwören«, erwiderte Dagobert, indem er wieder an seinem Petrusschöpfchen drehte. »Jedenfalls war und bin ich auch mit mir in dieser Sache vollkommen zufrieden. Die Gräfin bat mich, die kleine Dose zum Andenken an sie und als Pfand ihrer Umwandlung zu behalten. Auch ich solle an sie denken, da sie in unauslöschlicher Dankbarkeit immer meiner gedenken werde. Ich behielt das Kleinod und habe es meiner Sammlung einverleibt.«
»Es fällt mir nur auf, Dagobert, dass ich in meinem Leben noch nichts von einem gräflichen Geschlecht der Leys gehört habe!.«
»Ja, haben Sie denn wirklich vorausgesetzt, meine Gnädigste, dass ich irgendeinem Menschen auf der Welt den wahren Namen verraten würde? Der Name war natürlich erfunden.«
»Aber die Person lebt?«
»Sie lebt, und sie hat ihr Versprechen bisher gehalten. Es ist auch wenig Aussicht vorhanden, dass sie bald oder überhaupt jemals wiederkehren sollte. Sie ist jetzt die Gattin eines Pairs im Auslande und soll dort eine große Rolle spielen.«
»Mich interessiert vornehmlich«, nahm nun Herr Grumbach, der bisher schweigend zugehört hatte, das Wort, »wie eine feingebildete, hochstehende junge Dame zu einer so entsetzlichen und entehrenden Verirrung kommen kann.«
»Da sind wir ja wieder beim Ausgangspunkt«, entgegnete Dagobert. »Ich habe die ganze Geschichte nur erzählt, um darzutun, dass wir uns vor vorgefassten Meinungen zu hüten haben. ›So schreibt keine Frau!‹ hat Frau Violet in kategorischer und fast jeden Widerspruch ausschließender Weise ausgerufen. Ich habe gezeigt, dass allerdings eine Frau und sogar ein zartes Mädchen so schreiben kann und noch ärger. Damit will ich ja nicht sagen, dass auch diese Briefe von einer weiblichen Hand herrühren müssten, ich wollte nur zur Vorsicht mahnen und vor vorschnellem Urteil warnen.«
»Jetzt begreife ich auch«, rief nun Frau Violet, »warum Sie die schäbige Eleganz unserer Briefe gar so sehr bedauert haben, Dagobert.«
»Sehr mit Recht, Gnädigste, wie Sie sehen. Ja, so bequem hat man es nicht immer! Auf diesem Papier schreiben in Wien zehn- oder zwanzigtausend Leute. Da kann ich nicht die Papierhandlungen ablaufen.«
»Aber Sie werden sich doch Mühe geben, Dagobert?«
»Gewiss, Gnädigste, ich werde mir Mühe geben.«
»Sie versprechen es?«
»Ich verspreche es.«
Dagobert nahm die Briefe mit sich und er bat sich bei Grumbach entschieden aus, dass nun von den etwa noch einlangenden, ja mit Bestimmtheit zu erwartenden, keiner mehr in den Papierkorb geworfen werde. Ungelesen mochten sie immerhin bleiben von Grumbach, auch Frau Violet täte am klügsten, wenn sie sie nicht läse, aber er müsste sie alle in die Hände bekommen. Je mehr Material, desto besser. Der Fall war entschieden schwieriger als der, von dem er erzählt hatte, und es musste nun mit aller Sorgfalt nach Anhaltspunkten geforscht werden. Dazu musste jeder einzelne Brief genau durchstudiert werden. Nicht einer durfte unbeachtet bleiben.
Frau Violet war recht ungeduldig. Sie hätte womöglich auch schon am nächsten Tage das Geheimnis gern enthüllt gesehen. Dagobert wiegelte aber ab und mahnte zur Geduld. Er konnte keine bestimmte Zusage machen, ob es ihm überhaupt gelingen werde, den Schleier zu lüften, unter allen Umständen würden aber darüber Wochen, wenn nicht Monate vergehen. Schließlich, um Ruhe zu haben, verbot er Frau Violet überhaupt, von der Angelegenheit zu sprechen. Er würde schon selber anfangen, wenn es etwas zu berichten gäbe. Früher hätte alles Reden keinen Zweck, und könnte gar nichts nützen.
Frau Violet hielt auch brav Disziplin. Sie fragte nicht mehr, aber es fiel ihr furchtbar schwer. Denn sie war sehr neugierig und wenn sie auch die Vereinbarung getreulich einhaltend, nicht fragte, so richtete sie doch manchen verlangenden Blick auf Dagobert, wenn sie nach Tisch in gewohnter Weise im Rauchzimmer plaudernd beisammensaßen, sie auf ihrem Lieblingsplätzchen beim Marmorkamin. Dagobert ihr gegenüber und Grumbach auf seinem bequemen Lehnsessel mehr in der Mitte des Zimmers.
Nachdem sie so mehrere Tage tapfer ausgehalten hatte, ließ sich Dagobert durch ihre sehnsüchtigen Blicke doch rühren.
»Es geht langsam, Frau Violet«, begann er, »aber es geht doch vorwärts. Einige leichte Spuren hätten wir doch schon.«
»Haben Sie wirklich schon etwas herausgebracht, Dagobert?« fragte sie in höchster Spannung.
»Es ist sehr wenig, aber immerhin ein Ausgangspunkt, vielleicht der archimedische Punkt.«
»Was für ein Punkt?«
»Der archimedische. Den braucht man nämlich, um die Welt aus den Angeln zu heben. Sie wissen ja, Gnädigste, dass Archimedes –«
»Ja, ich weiß, aber nur jetzt keine Mythologie, Dagobert!«
»Erlauben Sie, Gnädigste, Archimedes gehört doch nicht –«
»Ja doch meinetwegen! Lassen Sie jetzt nur die Archimandriten, oder wie sie heißen, in Ruhe. Ich glaube Ihnen alles unbesehen, aber jetzt erzählen Sie nur, was Sie herausgebracht haben!«
»Einige Kleinigkeiten. Also: der Schreiber – ich