Detektiv Dagobert. Balduin Groller

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Название Detektiv Dagobert
Автор произведения Balduin Groller
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783962818814



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woll­te Ihre Ge­füh­le nicht ver­let­zen, Frau Vio­let. Wenn Sie dar­auf be­ste­hen, will ich Ih­nen so­gar be­stä­ti­gen, dass Neid und Miss­gunst und Ge­häs­sig­keit Un­tu­gen­den sind, die in der Schau­spie­ler­welt gar nie­mals vor­kom­men. So bin ich!«

      »Ich be­ste­he nicht dar­auf.«

      »Schön. Ich habe Ih­nen schon neu­lich er­wähnt, dass die Brie­fe wahr­schein­lich von ei­nem glat­tra­sier­ten Man­ne ge­schrie­ben wor­den sei­en. Ich woll­te da­mit nicht die Mei­nung er­we­cken, dass ich im­stan­de sei, das aus der Schrift zu ent­de­cken. Die Wahr­heit ist, dass ich die Brie­fe sehr ge­nau auch auf ihre sti­lis­ti­sche Aus­drucks­wei­se hin durch­stu­diert habe. Da wa­ren mir ge­wis­se wie­der­keh­ren­de Wen­dun­gen und Aus­drücke auf­ge­fal­len. Es ist – um ei­ni­ge Bei­spie­le an­zu­füh­ren – es ist zum Schrei­en – ich freue mich die­bisch – eine Bom­ben­rol­le – die ta­lent­lo­se Bes­tie – die Re­kla­me­trom­pe­te – die Bei­spie­le lie­ßen sich noch häu­fen. Nun, Frau Vio­let, fin­den Sie dar­in nicht doch einen Fin­ger­zeig?«

      »Al­ler­dings, Da­go­bert, wenn man ein­mal auf­merk­sam ge­macht wird!«

      »Ich durf­te also ver­mu­ten, dass ein glat­tra­sier­ter Herr der Ver­fas­ser ist.«

      »Wa­rum ge­ra­de ein Herr?«

      »Ich er­in­ne­re Sie an den Sul­tan flor

      »Es gibt auch rau­chen­de Da­men!«

      »Al­ler­dings, aber sie rau­chen nicht Tschi­buk und ge­wöhn­lich rol­len sie sich auch die Zi­ga­ret­ten nicht sel­ber. Ich habe mir also die Leut­chen bei Ih­nen gut an­ge­se­hen und beim all­ge­mei­nen Auf­bruch schloss ich mich ei­ner Grup­pe an, die mir ei­ni­ge Aus­sich­ten zu bie­ten schi­en.«

      »Ich habe es wohl be­merkt, Da­go­bert. Auch Wal­ter Fran­ken­burg schloss sich Ih­nen an.«

      »Bin ich sehr stark aus­ge­rich­tet wor­den?«

      »Nicht im min­des­ten, ich ver­si­che­re. Im Ge­gen­teil. Ei­nen Au­gen­blick al­ler­dings fühl­te ich mich ver­sucht, mit dem Aus­rich­ten zu be­gin­nen, um die an­de­ren zur Fort­set­zung zu ani­mie­ren.«

      »Ein schö­ner Freund!«

      »Ich habe es nicht ge­tan, ob schon ich mir wohl einen Er­folg da­von ver­spre­chen konn­te. In dem Brief­schrei­ber muss sich doch ein star­ker Bo­den­satz von Ge­häs­sig­keit an­ge­sam­melt ha­ben, und da­von muss­te, wenn er sich in der Ge­sell­schaft be­fand, in der Ar­g­lo­sig­keit et­was zum Vor­schein kom­men. Sei­en Sie ru­hig, Frau Vio­let; ich habe es nicht ge­tan. Man hat sei­ne Grund­sät­ze, und als A­gent pro­vo­ca­teur wür­de ich selbst im al­ler­äu­ßers­ten Not­fall nicht auf­tre­ten.«

      »Um den Preis hät­ten Sie es schon tun dür­fen, Da­go­bert!«

      »Nie­mals! Wir un­ter­hiel­ten uns na­tür­lich aus­ge­zeich­net. Das war noch auf Rech­nung Ihres herr­li­chen Rhein­weins und Ihres Heid­sieck zu set­zen, Frau Vio­let. Ich bot mei­ne bes­ten Ha­van­na her­um und er­bat da­für eine Zi­ga­ret­te. So­fort wur­den mir ein Dut­zend Do­sen ent­ge­gen­ge­streckt. Ich lehn­te ab. Ich hät­te jetzt zu mei­nem klei­nen Schwar­zen ge­ra­de Gu­sto auf eine selbst­ge­roll­te. Nur ei­ner in der Ge­sell­schaft konn­te die­nen. Ich nahm die Dose – Sul­tan flor!«

      »Ah!«

      »Wir ka­men ins Re­den. Der Mann, der mir aus­ge­hol­fen hat­te, er­zähl­te eine Ge­schich­te, und er lei­te­te sie mit den Wor­ten ein: Kin­der, es war zum Schrei­en! Die Ge­schich­te war recht ab­ge­schmackt, aber die Ein­lei­tung hat­te mich in­ter­es­siert. Dann kam er auf Sie zu spre­chen, und er er­klär­te, dass Vio­let heu­te einen Bom­ben­er­folg ge­habt habe.«

      »Wer war das, Da­go­bert?«

      »Las­sen Sie mich auch wei­ter­hin vor­sich­tig sein, Frau Vio­let.«

      »Aber Sie schei­nen nun doch schon wirk­lich nahe dar­an zu sein!«

      »Vi­el­leicht noch nä­her, als Sie glau­ben, Frau Vio­let. Ich wer­de mor­gen zu un­ge­wohn­ter Zeit bei Ih­nen sein, um zehn Uhr vor­mit­tags, und wenn wir mor­gen nicht zum Zie­le kom­men, auch die fol­gen­den Tage zur sel­ben Zeit. Ich bit­te dich, Grum­bach, auch so lan­ge zu Hau­se zu blei­ben, bis ich kom­me. Dein Büro wird dir in­zwi­schen nicht da­von­lau­fen.«

      »Und jetzt wol­len Sie gar nichts mehr sa­gen, Da­go­bert?«

      »Ich kann nicht. Nur eins noch: soll­te in­zwi­schen wie­der ei­ner der Brie­fe kom­men, dann bit­te, hal­ten Sie den Um­schlag schräg ge­gen das Licht. Ich hof­fe, dass Sie da eine neue Nuan­ce ent­de­cken wer­den. Ich ver­mu­te näm­lich, dass nun die Tin­te einen Me­tall­glanz aus­wei­sen wird.«

      Als Da­go­bert am nächs­ten Vor­mit­tag wie­der­kam, fand er Grum­bachs schon eif­rig da­mit be­schäf­tigt, einen eben emp­fan­ge­nen Brief im­mer und im­mer wie­der schräg ge­gen das Licht zu hal­ten. Un­ver­kenn­bar; die Tin­te wies einen me­tal­li­schen, grün­gol­di­gen Glanz auf. Frau Vio­let war in großer Auf­re­gung.

      »Da­go­bert«, rief sie, »Sie sind ein He­xen­meis­ter! Wie konn­ten Sie das wis­sen?«

      »Ver­zei­hung, Gnä­digs­te, dass ich selbst ein we­nig un­pünkt­lich war. Ich woll­te ei­gent­lich gern selbst da­bei sein, wenn der Brief­trä­ger kam. Ich wuss­te ja nun zur Ge­nü­ge, mit wel­cher Post die­se hol­den Brie­fe zu kom­men pfle­gen, aber Sie wis­sen ja, ich bin ein un­ver­bes­ser­li­cher Lang­schlä­fer. Es tut üb­ri­gens nichts. Las­sen Sie mal se­hen. Rich­tig – der schöns­te Me­tall­glanz – wo­mit ich die Ehre habe, mich hoch­ach­tungs­voll und er­ge­benst –«

      »Was, Da­go­bert – Sie wol­len doch nicht jetzt gleich wie­der da­von­ren­nen! Erst müs­sen Sie er­zäh­len.«

      »Ich darf kei­ne Zeit ver­lie­ren, um die Klap­pe zu schlie­ßen, Frau Vio­let. Es gibt noch viel zu tun. Ich lade mich aber heu­te zu Ti­sche bei Ih­nen ein, und dann wer­de ich Ih­nen Rede ste­hen, so viel Sie wol­len.«

      Er eil­te da­von und er­schi­en erst nach­mit­tag um fünf Uhr pünkt­lich zum Es­sen, wie er es ver­spro­chen hat­te. Er speis­te mit gu­tem Be­ha­gen, wäh­rend Frau Vio­let in ih­rer Auf­re­gung die köst­li­chen Ge­rich­te fast un­be­rührt ließ. Sie konn­te es kaum er­war­ten, sei­nen Be­richt zu ver­neh­men, aber sie wuss­te, dass er bei Ti­sche von der Sa­che nichts re­den wür­de, und sie konn­te es auch mit Rück­sicht auf die Die­ner­schaft nicht wün­schen.

      Als sie sich’s aber nach dem Mah­le im Rauch­zim­mer, Frau Vio­let auf ih­rem Lieb­lings­plätz­chen, be­quem ge­macht hat­ten, da er­teil­te sie ihm so­fort das Wort.

      »Die Ar­beit ist ge­tan, Frau Vio­let«, be­gann er. »Mei­ne Mis­si­on ist er­füllt. Sie wer­den mit die­sen elen­den Brie­fen nicht mehr be­hel­ligt wer­den. Und auch du, Grum­bach, wirst der Unan­nehm­lich­keit ent­ho­ben sein.«

      »Was mich be­trifft«, er­wi­der­te