Название | Detektiv Dagobert |
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Автор произведения | Balduin Groller |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962818814 |
»Und hat man von ihm wieder etwas gehört?«
»Er hat sich eine vollständig geordnete Existenz ausgebaut. Diese Angelegenheit ist vollkommen glatt erledigt. Mir war es vergönnt, ihm die reizende Braut zuzuführen – es ging doch nicht an, sie die weite Reise über das Meer allein machen zu lassen –, und ich hatte die Ehre bei ihrer Vermählung als Beistand zu fungieren.«
Der Generaldirektor erhob sich.
»Verzeihen Sie, Herr Trostler«, sagte er lächelnd, »wenn ich Ihre Erzählung einen Augenblick unterbreche. Ich will nur rasch in der Buchhaltung einen Auftrag geben um dann ganz ungestört Ihrem interessanten Bericht folgen zu können.«
»Sie bemühen sich umsonst, Herr Generaldirektor«, erwiderte Dagobert ruhig sitzenbleibend. »Dort kommen Sie nicht durch. Im Nebenzimmer sitzen nämlich auch zwei Detektivs, und zwar wirkliche Detektivs der Polizei und nicht armselige Amateurs wie ich. Unnötig zu sagen, dass auch auf der anderen Seite – im Vorzimmer – ebenfalls zwei sitzen. Die sorgen schon dafür, dass wir völlig ungestört bleiben. Sie haben strikten Auftrag, niemanden hereinzulassen. Es kann aber auch – außer mir – niemand dieses Zimmer verlassen, ohne sofort festgenommen zu werden. Wollen Sie es darauf ankommen lassen, Herr Generaldirektor?«
»Nein. Was wollen Sie von mir?«
»Ich will vor allen Dingen Ihnen gegenüber volle Aufrichtigkeit walten lassen. Nicht um mir dadurch auch Ihre Aufrichtigkeit zu erschleichen. Meine Position wäre eine sehr schlechte, wenn ich auf sie angewiesen wäre. Ich brauche sie nicht. Was ich will, ist nur, Ihnen die Überzeugung beizubringen, dass ich Sie mit eisernen Klammern festhalte, so fest, als stäken Sie in einem Schraubstock. Erst wenn Sie davon völlig überzeugt sind, kann ich auf jene Entschließung Ihrerseits rechnen, die meines Erachtens noch einzig möglich und vernünftig ist, und die ich noch brauche.«
»Welche Entschließung?«
»Darauf kommen wir gleich, erst muss ich Sie noch besser überzeugen. Sie gestatten mir ja, mich kurz zu fassen. Ich habe mich bei Frau von Benk als Zimmerherr einquartiert. Das ist die Mutter unseres gewesenen Kassiers, die Witwe eines Oberstleutnants. Sie lebt in engen Verhältnissen, aber es ist ein durchaus ehrenhaftes, moralisch reinliches Milieu. Wie kein Meister, so fällt auch kein Verbrecher vom Himmel. Ich war ordentlich aus der Kontenance gebracht, und meine Hoffnung, da den Schlüssel zu einer verbrecherischen Tat zu finden, ward stark heruntergedrückt. Ich hatte mich für einen Klavierlehrer ausgegeben und führte ein sehr solides und häusliches Leben, um mir das Vertrauen der Damen zu erwerben. Der Damen; denn Benks Braut, Fräulein Ehlbeck, kam täglich zu Besuch und gehörte sozusagen zum Hause. Das gelang mir denn auch ohne besondere Schwierigkeit. Ich hatte die Vorsicht gebraucht, gleich bei meinem Einzug die Bemerkung fallen zu lassen, dass ich nur einige Monate zu bleiben gedenke, bis ich mir genug zusammengespart hätte, um meinen Plan der Übersiedlung nach Amerika ausführen zu können. Diese harmlose Andeutung traf ihr Ziel. Sowohl Fräulein Ehlbeck, mit dem ich sehr viel vierhändig spielte, wie die Mutter kamen immer wieder auf das Thema Amerika zurück. Ich ging systematisch vor. Ich sandte von Zeit zu Zeit durch Postanweisung verschiedene bescheidene Beträge an meine Adresse, angeblich Honorar für meine Lektionen, und bat Frau von Benk sie für mich aufzuheben. Das Geld sei bei ihr besser aufgehoben als bei mir, und ich wolle es zusammenhalten für die Reise. Von dem flüchtigen Sohne war nie die Rede, aber es war auch nie ein Symptom von Angst oder Heimlichkeit wahrzunehmen. Etwaige Gewissensqualen waren da entschieden nicht vorhanden, und es war klar, von einer Mitwissenschaft oder gar Mitschuld konnte da nicht die Rede sein. Aber es scheint, Herr Generaldirektor, dass meine Rede Sie angreift. Soll ich Ihnen vielleicht ein Glas Wasser einschenken?«
»Ich danke Ihnen, Herr Trostler, vollenden Sie, und bitte machen Sie’s kurz!«
»Ich werde es kurz machen. Endlich traf ein, worauf ich lange gewartet hatte, – ein Brief aus Amerika. Sie können sich’s denken, dass ich ein scharfes Auge auf die Briefträger hatte. Ich sah den Umschlag und erkannte die Schrift. Den Brief hätte ich leicht stehlen oder heimlich lesen können. Derlei tue ich nicht. Man hat seine Grundsätze. Fremde Briefe waren mir immer ein Heiligtum. Ich erbat nur die Briefmarke für meine Sammlung. Natürlich war es mir nur um den Poststempel zu tun, und da fand ich bestätigt, was ich ohnedies schon wusste. Ich hatte ja längst schon die Adresse, die auch Sie sehr genau kennen, Herr Generaldirektor: Mr. Brenneberg, 1400 Second avenue South, Minneapolis, Minnesota, U. S. A.«
Der Generaldirektor wurde bei diesen Worten noch blässer. Mit einer plötzlichen verzweifelten Aufraffung steckte er den Schlüssel in seine Schreibtischlade, um sie aufzureißen.
»Nur keine Unbesonnenheit, Herr Generaldirektor!« rief ihm Dagobert zu. »Lassen Sie die Lade ruhig geschlossen; sie kann Ihnen nichts helfen. Sie haben dort einen Revolver, und ich habe die Hand in der Tasche und in der Hand auch einen Revolver. Ich würde entschieden geschwinder sein, und außerdem – Ihr Revolver war geladen, meiner ist es. Ich hatte mir nämlich erlaubt, bei meiner Inspektion die Kammern für alle Fälle zu entleeren und die Patronen zu mir zu stecken.«
»Sie haben mit Nachschlüsseln gearbeitet!«
»Natürlich! Sogar zu Ihrer großen Kasse habe ich mir die Duplikate der Schlüssel verschafft.«
»Wissen Sie, dass das infam ist! Und das hat Grundsätze und rührt keine fremden Briefe an!«
»Regen wir uns nicht auf, Herr Generaldirektor. Die Aufregung kann nur schaden, und ich bin kein Freund von dramatischen Szenen außerhalb der Bühne. Sie müssen doch selbst sehen, wie Sie sich damit schaden. Diese Aufwallung, mit der Sie da nach dem Revolver greifen wollten, war doch eine Anwandlung von Schwäche, die Ihrer entschieden nicht würdig war. Verlieren Sie doch nur die Ruhe nicht. Sie gehören ja zu den großen Dieben, die man laufen lässt, laufen lassen muss, – leider! Sie glauben mir doch, dass ich das ehrlich bedauere?«
»Weiter, kommen wir zum Schluss!«
»Ich bin schon dabei. Erst wollte ich Ihnen nur noch zweierlei sagen: Erstlich, dass Sie infolge meiner freundlichen Bemühungen schon längst hinter Schloss und Riegel säßen, wenn es nicht das Interesse der A. B. B. erforderte, dass Ihre Gaunerei – Sie haben doch nichts dagegen, dass ich mir in diesem Stadium kein Blatt mehr vor den Mund nehme? – nicht an die große Glocke gehängt werde. Aber ausgeschlossen ist natürlich auch