Die Klinik am See Jubiläumsbox 4 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Jubiläumsbox 4 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Box
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740931711



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meine Mutter vorhin gesehen, als wir über die Kreuzung fuhren.«

      »Ach so …«, gab Peter gleichmütig zurück und konzentrierte sich wieder auf die vor ihm liegende Straße. »Wir sind auch gleich am Ziel, in fünfzehn bis zwanzig Minuten.«

      Alice gab keine Antwort. Sie dachte an ihre Mutter. Das kann sie nicht gewesen sein, redete sie sich ein. Sie wusste, dass die Mutter einen roten Ferrari fuhr und nur in ganz besonderen Ausnahmefällen sich in einem anderen Wagen mitnehmen ließ – wohin auch immer.

      Ich habe mich eben getäuscht, dachte sie und schob die Gedanken daran beiseite.

      Es war ein großes Haus, vor dem Peter keine zwanzig Minuten später den Wagen anhielt. Alice zählte sieben Fahrzeuge, die bereits neben und vor dem Haus geparkt waren.

      »Wir kommen anscheinend gerade richtig«, meinte Peter Steinach. »Die Fete scheint schon begonnen zu haben. Also dann – hinein ins Vergnügen.« Er fasste nach Alices Hand und zog das hübsche Mädchen mit ins Haus. Seine Annahme erwies sich als richtig – die Fete war schon in vollem Gange. Alice schätzte, dass etwa fünfzehn Personen anwesend waren, Jungen und Mädchen ihrer Altersgruppe. Irgendwo in den drei ineinandergehenden Räumen ertönte laute Musik.

      »Hallo, Peter …, hallo, Alice.«, klang es von einigen Seiten. Einige der Mädchen und Jungen kamen von der gleichen Fakultät.

      Alice gab die Begrüßungsrufe zurück und mischte sich unter die Gesellschaft, der man anmerkte, dass sie in bester Stimmung war. Volker Rein­egger hatte für entsprechende Getränke gesorgt, vorwiegend für Cola und Rum. Natürlich gab es auch Alkoholfreies zu trinken, aber auch ein paar härtere Sachen wie Kognak, Gin und diverse Liköre. Volker Reinegger konnte sich solche Ausgaben leisten, denn sein Vater war nicht gerade arm.

      »Komm, Alice, jetzt tanzen wir!« Peter umfasste Alice und schwenkte sie im Rhythmus der aus den Lautsprechern dröhnenden Musik herum. Irgendjemand legte dann eine neue Platte auf. Peter Steinach, der sich rasch einen Kognak einverleibte, griff wieder nach Alice.

      »Augenblick, Peter, jetzt bin ich erst einmal dran.« Es war Volker Reinegger, der das sagte und Alice auch sofort mit Beschlag belegte. Alices Herz klopfte schneller. Das war das, was sie sich schon seit einiger Zeit gewünscht hatte – einmal mit dem Volker zu tanzen, ihm nahe zu sein und mit ihm zu plaudern. Aus dem letzteren wurde allerdings nicht viel, da wegen der lauten Musik und den ebenso lauten Unterhaltungen der anderen kaum etwas zu verstehen war.

      Alice war ein klein wenig enttäuscht, als Volker nach zwei Tänzen eines der anderen Mädchen beglücken wollte. Deshalb aber blieb sie beileibe kein Mauerblümchen. Es waren noch andere da, die gern mit ihr tanzen wollten und es auch taten. Das aber wiederum sehr zum Ärger von Peter Steinach, der sich von dieser Fete erhofft hatte, in einen etwas engeren Kontakt mit Alice zu kommen. Er hatte aber immer das Nachsehen, weil ein anderer schneller war. Die Folge davon war, dass er dem Kognak zusprach, mehr als ihm guttat.

      Alice ließ sich sehr schnell von dem Trubel und der herrschenden Ausgelassenheit mitreißen, und das ohne Alkohol. Es machte ihr einfach Spaß. Sie wehrte sich auch gar nicht besonders, wenn dieser oder jener sie etwas fester in die Arme nahm und vielleicht sogar versuchte, ihr einen Kuss zu rauben. Bei dem letzteren jedoch blieb sie hart, auch wenn sie dabei lachte. Küssen wollte sie sich nun nicht lassen.

      Einer der jungen Männer hatte es darauf besonders hartnäckig abgesehen. Immer wieder versuchte er es, glücklicherweise in einer Art, die Alice nicht schockierte. Glück aber hatte er nicht.

      Alice kannte ihn gar nicht, sah ihn zum ersten Mal, und sie fand ihn nicht unsympathisch. Gerhard hieß er – seinen Familiennamen hatte sie nicht mitbekommen – und er wohnte in Gmund, also an der Nordspitze des Tegernsees. In München studierte er Forstwirtschaft. Er verstand, interessant und charmant zu plaudern und sparte auch nicht mit Komplimenten, die Alice gar nicht ungern hörte. Sie wunderte sich auch nicht darüber, dass ihr früheres Interesse für Volker Reinegger mehr und mehr abflaute und schließlich überhaupt verschwand. Gerhard gefiel ihr besser, was natürlich nicht hieß, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Ihr Herz hielt sie sich frei für den wirklich Richtigen, wobei sie nicht die geringste Vorstellung hatte, wie der aussehen sollte. Im Augenblick jedenfalls genügte es ihr, dass sie sich mit Gerhard gut unterhielt und sich freute, dass er ständig an ihrer Seite war. Er wimmelte sogar einen seiner Freunde ab, mit dem zusammen er in dessen Auto von Gmund herübergekommen war.

      »Es gibt noch mehr nette Mädchen hier, mit denen du anbandeln kannst«, sagte er fast brüsk zu ihm, wenn er versuchte, Alice zum Tanz zu holen. »Sie gehört mir.«

      Das wiederum gefiel Alice nicht sehr. »Ich gehöre niemandem«, belehrte sie den eifersüchtigen Gerhard. »Noch nicht«, fügte sie lächelnd hinzu.

      Gerhard nahm diese Belehrung nicht sonderlich ernst. Sie reizte ihn höchstens dazu, in seinen Bemühungen um Alices Gunst nicht nachzulassen.

      Eine ganze Weile ließ sich Alice das noch belustigt gefallen, doch dann kam der Augenblick, wo sie langsam genug davon hatte und die Bemühungen ihres heißblütigen Verehrers aus Gmund schon etwas banal fand. Doch nicht nur das, sondern auch eine gewisse Müdigkeit machte sich bei ihr bemerkbar. Es ging immerhin schon langsam auf die Mitternachtsstunde zu. Alice war nun einmal nicht der Typ von jungen Mädchen, der Gefallen daran fand, bis in die frühen Morgenstunden hineinzufeiern. Bei den bisherigen geselligen Zusammenkünften mit Freunden, Freundinnen und Kommilitonen – relativ selten war es vorgekommen, dass sie daran teilgenommen hatte – war sie nie länger als bis elf Uhr nachts geblieben.

      »Ich bin müde«, sagte sie, als Gerhard sie wieder zum Tanzen animieren wollte, »und möchte nach Hause.«

      »Was? Jetzt schon?«, wunderte sich Gerhard. »Es ist doch gerade erst elf vorbei.«

      »Na und?«, gab Alice zurück. »Ich bin nun mal kein Nachtfalter.« Suchend sah sie sich dabei nach Peter Steinach um, konnte ihn aber nicht entdecken. Wo mochte er nur stecken? Er hatte ihr doch versprochen, sie wieder nach Hause zu fahren, das heißt, hinüber zum Tegernsee, nach Rottach, weil sie die Nacht und den folgenden Sonntag im Haus ihrer Mutter verbringen wollte.

      Ob sie überhaupt zu Hause war? Das fragte sich Alice in diesem Augenblick. Sie wusste es nicht. Dreimal hatte sie am Vortage und auch an diesem Samstagvormittag versucht, die Mutter telefonisch zu erreichen. Ohne Erfolg aber. Sie machte sich darüber keine großen Gedanken, denn sie wusste, wie sie ins Haus kommen konnte. An einer bestimmten Stelle des Bungalows, der nur ihr und der Mutter bekannt war, befand sich immer ein Reserveschlüssel.

      »Für alle Fälle …«, hatte die Mutter damals gesagt, »… damit du auch ins Haus kannst, wenn ich einmal nicht da bin.«

      Alice hatte also keinen Grund, sich nun Sorgen zu machen. Nur eines hoffte sie – dass die Mutter, falls sie in dieser Nacht noch nach Hause kam, nicht etwa auch ihren Freund mitbrachte. Das hätte sie doch als etwas peinlich empfunden.

      »Na, ihr beiden …« Der Gastgeber stand plötzlich vor Alice und Gerhard, »… wie amüsiert ihr euch?«

      »Im Augenblick nicht besonders«, erwiderte Gerhard. »Alice ist müde und möchte nach Hause.«

      »Was? Schon?«, wunderte sich Volker Reinegger. »Jetzt geht es doch erst richtig los?«

      »Ohne mich«, erklärte Alice entschlossen. »Ich bin wirklich müde, und niemand hätte große Freude an mir.«

      »Ich verstehe«, entgegnete Volker und gab sich ganz gentlemanlike. »Hast du ein Auto?«

      »Nein, Peter Steinach hat mich hergefahren«, antwortete Alice. »Wo ist er eigentlich? Er hat mir versprochen, mich wieder …«

      »O weh«, fiel Volker dem hübschen Mädchen lachend ins Wort.

      »Der Peter Steinach, tja, auf den wirst du jetzt wohl verzichten müssen. Der liegt flach, weil er etwas zu viel dem Kognak zugesprochen hat. Vor morgen früh ist der nicht zu gebrauchen.«

      Alice blickte Volker Reinegger fassungslos an. »Aber wie komme ich jetzt fort von hier?«, brachte sie stockend über die Lippen.

      »Hm,