Die Klinik am See Jubiläumsbox 4 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Jubiläumsbox 4 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Box
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740931711



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wie er sich eingestand, laschen Formulierung. »Es ist ja durchaus möglich, dass ich gerade am Sonnabend als Arzt gefordert werde«, fuhr er fort. »Sie werden verstehen, dass ich Ihnen jetzt keine Zusage machen kann.«

      Katharina dachte kurz nach. Entschlossen blitzte sie dann den Chefarzt an. »Ich verstehe das natürlich«, erklärte sie mit fester Stimme. »Aber wenn Sie mir erlauben, so werde ich Sie am Freitag anrufen, um …« Sie brach ab, weil in diesem Augenblick Bettina Wendler, die Assistentin Dr. Lindaus, das Sprechzimmer betrat und einige Papiere auf den Schreibtisch des Chefarztes legte.

      »Die Laborberichte«, sagte sie und setzte hinzu: »Ich störe wohl nicht?«

      Doch, Sie stören sogar sehr, lag es Katharina auf der Zunge, aber sie schluckte es hinunter.

      »Nein, nein, Bettina«, beeilte sich Dr. Lindau zu versichern. »Frau Helbrecht wollte ohnehin gehen.«

      Unmerklich zuckte Katharina zusammen, fasste sich aber blitzschnell wieder und sah Dr. Lindau lächelnd an. »Also, Herr Doktor, es bleibt dabei – ich melde mich am Freitag«, sagte sie und reichte dem Chefarzt verabschiedend die Hand.

      *

      An diesem Abend verlief das gemeinsame Abendessen im Doktorhaus in Auefelden ziemlich schweigsam. Jedenfalls nicht so wie sonst immer. Obwohl Astrid ihrem Vater sein Leibgericht zubereitet hatte, fiel ihr auf, dass er immer wieder grübelnd auf seinen Teller sah und auf diese oder jene Bemerkung von ihr oder auch von ihrem Mann Alexander nur einsilbig reagierte. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen, ja, fast zu bedrücken. Er widmete sich kaum ihrem kleinen Sohn, der mit am Tisch saß. Nicht ein einziges Mal während des Essens hatte er mit Stefan gescherzt. Sonst ließ er kaum eine Gelegenheit aus, mit dem Jungen ein wenig herumzualbern.

      »Du bist so nachdenklich, Paps«, sprach Astrid schließlich den Vater direkt an, stand auf und begann den Tisch abzuräumen. »Hast du Sorgen?«

      Dr. Lindau zwang sich zu einem Lächeln und sah seine Tochter ruhig an.

      »Sorgen?«, wiederholte er fragend und schüttelte den Kopf. »Nein, Astrid, die habe ich nicht«, wehrte er ab.

      »Na, vielleicht nicht private, dafür aber möglicherweise …«

      »Ich weiß, was du sagen willst«, fiel Dr. Lindau seiner Tochter ins Wort. »Aber ich kann dich beruhigen – in der Klinik ist alles in Ordnung.«

      »Paps, ich kenne dich doch«, erwiderte Astrid, »und merke doch schon die ganze Zeit, dass du dich in Gedanken mit etwas beschäftigst. Den ganzen Abend über warst du so nachdenklich. Sogar dein Enkel hat dich heute kaum interessiert.«

      »Entschuldige«, murmelte Dr. Lindau.

      »Also, dann sprich dich aus!«, verlangte Astrid. »Wir beide haben uns doch versprochen, nie Geheimnisse voreinander zu haben.«

      »Ich habe aber Geheimnisse«, versicherte Dr. Lindau seiner Tochter und konnte sich eines Schmunzelns nicht enthalten.

      Damit gab sich Astrid aber nicht zufrieden und bohrte weiter.

      »Du bist ja schlimmer als ein Staatsanwalt«, meinte Dr. Lindau nach einer Weile lächelnd. »Hartnäckig wie …, wie …, wie …«

      »Das ist ein Erbteil von dir«, fiel Astrid dem Vater ins Wort und lächelte ebenfalls.

      In den Augen ihres Vaters funkelte es amüsiert. »Wie ich dich kenne, gibst du nicht eher Ruhe, bevor du nicht alles aus mir herausgequetscht hast«, sagte er. »Also schön – es geht um meine gewesene Privatpatientin Katharina Helbrecht«, bekannte er.

      »Ist das nicht die Witwe des Konsuls, die ich bei dir gesehen habe, vor einer Woche etwa?«, fragte Astrid interessiert.

      »Genau die ist es«, bestätigte Dr. Lindau.

      »Und was ist mit ihr?«, wollte Astrid wissen.

      »Wie soll ich es ausdrücken?« Dr. Lindau sah seine Tochter ernst an. »Diese Dame macht …, nun ja …, sie macht mir den Hof. Mit anderen Worten – sie will mich umgarnen.«

      Astrid bekam runde Augen. »Schau an«, stieß sie lachend hervor. »Und was missfällt dir dabei?«, fuhr sie fragend fort. »Ist sie nicht eine äußerst attraktive Frau? Kannst du sie nicht leiden?«

      »Schon«, bekannte Dr. Lindau, »aber ich bin an einer Beziehung nicht sonderlich interessiert.«

      Astrids Lächeln verschwand. Sie wurde ernst. »Weshalb nicht, Paps?«, fragte sie leise. »So wie ich sie in Erinnerung habe, würde sie doch wirklich gut zu dir passen.«

      Verdutzt sah Dr. Lindau seine Tochter an. »Was willst du damit sagen?«, wollte er wissen.

      »Ganz einfach, Paps«, antwortete Astrid. »Ich will damit nur andeuten, dass du noch lange nicht zu alt bist, um nicht noch eine harmonische Partnerschaft mit einer liebenswerten Frau einzugehen. Das Alleinsein bekommt dir auf die Dauer nicht.«

      »Jetzt mach aber einen Punkt, Astrid!« Unwillig runzelte Dr. Lindau die Stirn. »Du solltest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich deine Mutter sehr geliebt habe und …«

      »Meine Mutter ist aber schon seit Jahren tot, und du lebst noch«, unterbrach Astrid den Vater.

      »Trotzdem«, widersprach Dr. Lindau, »hänge ich im tiefsten Innern immer noch an ihr.«

      »Ich weiß das, Paps, und es ehrt dich auch«, konterte Astrid. »Doch wer oder was hindert dich daran, noch einmal zu heiraten? Nicht einmal meine Mutter würde das tun, wenn sie das wüsste.«

      »Sag mal, willst du mich etwa verkuppeln?«, fragte Dr. Lindau und sah seine Tochter überrascht an.

      »Nein, Paps, das will ich nicht«, erwiderte Astrid ruhig. »Was ich möchte, ist nur, dass du deinem Alleinsein ein Ende bereitest und dadurch noch ein wenig glücklich wirst.«

      »Was willst du? Ich habe doch dich, meinen Enkel und deinen Mann«, gab Dr. Lindau beinahe heftig zurück. »Außerdem leite ich eine gut gehende und in gutem Ruf stehende Klinik, und die Arbeit füllt mich aus. Ist das alles etwa nicht als Glück zu bezeichnen?«

      »Gewiss«, pflichtete Astrid dem Vater bei.

      »Na also …«, brummte Dr. Lindau.

      »Woraus schließt du denn überhaupt, dass diese Frau Helbrecht dich umgarnen will?«, wechselte Astrid auf eine andere Seite dieses Themas über. »Hat sie dir das gesagt?«

      »Natürlich nicht«, antwortete Dr. Lindau. »So etwas merkt man aber. Außerdem hat sie mich heute zu einem Opernbesuch am kommenden Samstag mit einem anschließenden Essen eingeladen.« Mit kurzen Sätzen berichtete er von der Unterhaltung mit der attraktiven Konsulswitwe.

      »Das finde ich aber nett von der Dame«, meinte Astrid. »Du hast natürlich angenommen.« Fragend sah sie den Vater an.

      Wortlos schüttelte der den Kopf.

      »Weshalb nicht?«, fragte Astrid erstaunt. »Das verstehe ich nicht«, fuhr sie fort. »Du liebst doch Opern, und ein wenig Abwechslung vom Klinikleben würde dir sehr guttun. Ich meine, dass du diese Einladung annehmen solltest, Paps. Was ist schon dabei? Du brauchst die Dame ja deshalb nicht zu heiraten.« In dieser Form redete sie noch einige minutenlang auf ihren Vater ein. Ihr ging es nur darum, dass er sich nicht immer nur mit Krankheiten, Patienten und Klinikbetrieb beschäftigte, sondern auch dann und wann ein wenig ausspannte.

      So ein Opernabend – noch dazu La Traviata – in Gesellschaft einer schönen Frau, das war ihrer Ansicht nach doch die beste Gelegenheit, einmal abzuschalten und ein bisschen Mensch zu sein, ohne dabei mit Krankheiten konfrontiert zu werden.

      Dr. Lindau gab es schließlich auf, sich weiterhin zu sträuben. »Du hättest Politikerin werden sollen statt Kinderärztin«, sagte er lächelnd. »Deine Überzeugungskraft ist bestechend. Also gut, ich werde darüber nachdenken.«

      Als er am folgenden Morgen pünktlich in der Klinik erschien, dachte er gar nicht mehr an Katharina Helbrecht und ihre Einladung. Der Klinikalltag ließ private