Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740939724



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Schulter. »Bitte, Ingo, reg dich nicht auf! Es ist sicher nicht so schlimm. Man ist hier wahrscheinlich nur vorsichtig.«

      Ingo verstand immer weniger. Man hatte seinen zweijährigen Sohn in eine Klinik eingeliefert, und Angela, die sich seit einiger Zeit um ihn kümmerte, schien nicht zu wissen, warum.

      »Man ließ mir ausrichten, daß es dringend sei.« Sein Blick glitt von Angela auf die Schwester in der Anmeldung. »Frehner«, stieß er noch einmal hervor. »Ich möchte zu meinem Sohn. Eine Frau Dr. Martens rief bei mir an. Sie sagte, es sei dringend.«

      Ernst nickte die Schwester. »Ihr Sohn befindet sich auf der Intensivstation.«

      »Intensivstation?« Ingo wurde blaß. »Heißt das, daß ich nicht zu meinem Sohn darf?«

      Die Schwester griff nach dem Telefonhörer. »Ich werde dafür sorgen, daß Frau Dr. Mertens erfährt, daß Sie hier sind. Wenn Sie durch diese Glastür gehen, dann…«

      Angela fiel der Schwester ins Wort: »Ich weiß, wo die Kinderabteilung ist. Ich bringe Herrn Frehner hin.« Sie griff nach Ingos Arm. »Mit dir wird die Ärztin sicher sprechen.«

      »Hat sie es mit dir nicht getan?« Irritiert folgte der Hotelier Angela.

      »Schon! Nur, ich verstehe sie nicht.« Angelas Hand umschloß Ingos Arm fester. »Frau Dr. Mertens ist jedoch eine gute Ärztin. Sie und ihr Mann kümmern sich selbst um Patrick. Du mußt keine Angst haben. Er wird nicht sterben.«

      Was sagte Angela da? Ingo erstarrte. »Patrick darf nicht sterben«, flüsterte er.

      »Er wird nicht sterben. Ich sagte es doch.« Angela versuchte zu lächeln. »Vor Jahren war das sicher noch anders, aber heute hat man doch Mittel. Mir kann Frau Dr. Mertens nicht weismachen, daß man heutzutage noch an einem Stacheldrahtritzer stirbt.«

      »Angela, hatte Patrick einen Unfall?« Vor Ingos geistigem Auge stieg das Bild seiner schwerverletzten Frau auf. Sie hatte den Unfall nur wenige Stunden überlebt.

      Angela biß sich auf die Lippen. »Nein! Ich war immer bei ihm, habe ihn keinen Augenblick aus den Augen gelassen. Ich hatte wirklich keine andere Wahl, ich mußte Patrick in die Klinik bringen. Hier ist er gut aufgehoben, hier wird alles für ihn getan.«

      Ingos Hände fuhren an die Schläfen. »Ich will zu Patrick. Ich will meinen Sohn sehen.« Er beachtete Angela nicht weiter, begann eilends den Gang entlangzulaufen. »Bitte, wie komme ich zur Intensivstation?« rief er einer entgegenkommenden Schwester zu.

      Angela, die empört stehengeblieben war, eilte ihm jetzt wieder nach. »Ingo, ich bringe dich doch hin! Ich kenne mich hier schon aus. Schließlich habe ich bereits eine Stunde vor der Intensivstation gewartet.«

      Ingo starrte die Freundin seiner verstorbenen Frau an, als sähe er sie zum ersten Mal. »Du hast vor der Intensivstation gewartet? Warum liegt Patrick auf der Intensivstation? So sag es mir dich endlich! Bitte, sag mir die Wahrheit!« Seine Hände umspannten ihre Schultern. Er war sich dessen nicht bewußt, aber er schüttelte sie.

      »Ingo, du tust mir weh«, stammelte Angela.

      »Verzeihung!« Sofort ließ der Hotelier sie los.

      Angela schob ihre Unterlippe nach vorn. »Ich wollte dir doch nichts verheimlichen. So wie die Kinderärztin sagte, hat Patrick Tetanus. Ich habe noch nie mit dieser Krankheit zu tun gehabt. Es kam alles so plötzlich, du mußt mir glauben, Ingo!«

      Ingo sah sie an. Was sollte er ihr glauben? Er verstand sie nicht. Aber das war auch egal. »Mein Sohn hat Wundstarrkrampf?« Blitzartig versuchte er sich zu erinnern, was er über diese Infektionskrankheit gehört hatte. Es fiel ihm nichts ein, da wandte er sich abrupt um und eilte weiter. Als er der Kinderärztin dann gegenüberstand, brachte er im ersten Moment kein Wort heraus.

      »Ich habe Sie gebeten herzukommen, weil Ihr Sohn noch immer im Koma liegt.«

      Ingo Frehner schüttelte den Kopf. Das verstand er nicht und so fragte er: »Muß Patrick sterben?« Er richtete sich auf. »Bitte, sagen Sie mir die Wahrheit!«

      »Ihr Sohn schwebt noch immer in Lebensgefahr, dies habe ich Frau Wunter bereits gesagt. Ich kann noch nichts anderes sagen, wir können nur hoffen.«

      »Wie können Sie Herrn Frehner nur so etwas sagen?« Empört drängte Angela sich zwischen Ingo und die Ärztin. »Sehen Sie denn nicht, wie sehr Herr Frehner sich aufregt? Er liebt seinen Sohn.«

      »Angela, bitte!« Ingo schob die Frau, die seit einigen Wochen Mutterstelle an seinem Sohn vertrat, zur Seite. Sein Blick suchte den der Ärztin. »Darf ich meinen Sohn sehen?«

      »Herr Frehner, er ist nicht ansprechbar.«

      »Bitte, ich möchte nur einen Blick auf ihn werfen.«

      »Es ist kein schöner Anblick. Ein Patient, der an Wundstarrkrampf im fortgeschrittenen Stadium leidet, ist kein schöner Anblick«, sagte Astrid ernst. »Die Dauerkrämpfe Ihres Sohnes werden unterbrochen von krampfartigen Zuckungen.«

      »Was fällt Ihnen ein!« fuhr Angela die Ärztin erneut an. »Wie können Sie nur! Herr Frehner hat einen arbeitsreichen Tag hinter sich, er ist Unternehmer!«

      Astrid kam nicht dazu, etwas zu sagen, denn Ingo beachtete Angelas Einwand überhaupt nicht. »Ich möchte meinen Sohn trotzdem sehen«, sagte er. Er wirkte nun sehr ruhig und beherrscht.

      »Dann kommen Sie mit! Sie können aber nur einen Augenblick am Bett Ihres Sohnes verweilen, Sie würden sonst den Ärzten im Weg stehen.«

      »Natürlich!« Dankbar folgte Ingo der Ärztin. Angela gab sich damit jedoch nicht zufrieden. Erneut geiferte sie: »Und ich? Ich wollte sofort nach Patrick sehen. Ich komme natürlich mit!«

      Astrid blieb stehen. Kühl sah sie Angela an. »Das ist nicht möglich. Für Unbefugte ist der Zutritt in die Intensivstation strengstens verboten. Nur bei den engsten Verwandten machen wir hin und wieder eine Ausnahme. Ich sagte Ihnen bereits, Fräulein Wunter, Sie können nach Hause gehen. Sie können für Patrick nichts mehr tun. Jedenfalls in den nächsten Tagen nicht«, verbesserte Astrid sich.

      »Ich denke gar nicht daran, ohne Herrn Frehner die Klinik zu verlassen. Ich wohne bei Herrn Frehner und ich werde mich jetzt selbstverständlich um ihn kümmern.«

      Wieder beachtete Ingo Angela überhaupt nicht. Es geschah nicht aus Unhöflichkeit, sie bedeutete ihm nichts. Seine Gedanken galten nur noch seinem Sohn. »Bitte, bringen Sie mich zu ihm«, bat er erneut.

      *

      Sechs Ärzte der Klinik am See saßen um den Tisch, unter ihnen der Chefarzt. Noch war der Blick des Chefarztes auf seine Aufzeichnungen gerichtet. Jetzt hob er den Kopf. »Noch irgendwelche Fragen?« Sein Blick ging in die Runde. Er begegnete Kopfschütteln. Über eine Stunde saßen sie nun schon zusammen, sie hatten nicht nur den morgigen Operationsplan durchgesprochen, sondern sich auch noch über einzelne Fälle eingehend unterhalten. Dr. Lindau legte großen Wert auf die Meinung seiner Mitarbeiter.

      »Dann danke ich Ihnen. Ich weiß, einige von Ihnen haben bereits Feierabend.« Ein kleines, müdes Lächeln huschte um seine Mundwinkel, sein Blick blieb an Dr. Anja Westphal hängen.

      »Auch du bist seit dem frühen Morgen in der Klinik«, sagte diese sofort. »So wie ich weiß, hattest du kaum eine Pause.«

      »Es war einiges los, das stimmt!« Der Chefarzt faltete seine Aufzeichnungen zusammen.

      »Genau«, warf Dr. Martin Hoff ein. »Da war zum Beispiel diese Frau. Inzwischen habe ich erfahren, daß Andy Seger sie in die Klinik gebracht hat. Es ist fast ein Wunder, daß sie uns nicht unter den Händen verblutet ist.«

      Anja, die rechte Hand des Chefarztes, nickte bestätigend, dann gab sie Auskunft: »Ich habe vorhin kurz nach ihr gesehen, sie schläft. Auch ihrem Kind geht es gut.«

      »Ich denke, man kann sagen, daß sie ihr Leben Andy Seger zu verdanken hat. Wenn sie nur fünf Minuten später eingeliefert worden wäre…«

      Unwillig unterbrach der Chefarzt: »Wir wollen keine