Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740939724



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sie sich an ihn. »Andy«, begann sie, wurde jedoch sofort von Angela unterbrochen: »Ich möchte endlich informiert werden. Schließlich bin ich für das Kind verantwortlich.«

      Astrid wandte sich nun der Frau zu. »Sind Sie das? Haben Sie denn nicht gemerkt, daß Patrick sich an einem Stacheldraht geritzt hat? Dies muß bereits vor einigen Tagen passiert sein.«

      Unter Astrids kühlem Blick wurde Angela unsicher. »Kann schon sein! Patrick ist ein sehr lebhaftes Kind.«

      »Er hat sich verletzt, und die Wunde hat sich entzündet.«

      »Und? Patrick stößt sich dauernd irgendwo. Ich kann ihn kaum einen Augenblick aus den Augen lassen.«

      »Was ist mit Patrick? Frau Doktor, bitte, sagen Sie es! Er hatte hohes Fieber, nicht wahr?« Ängstlich sah Andy die Kinderärztin an.

      »Ja! Ich habe gerade versucht, Herrn Frehner zu verständigen. Patrick schwebt in Lebensgefahr.«

      Andy war so erschrocken, daß er keinen Ton herausbrachte. Angela hingegen rief: »Das ist doch nicht wahr! Sie wollen mir doch nur Angst machen. Patrick war frisch und munter, als wir nach dem Mittagessen das Haus verließen.«

      »Fräulein…« Es fiel Astrid schwer, ruhig zu bleiben. Sie hatte vor einer Stunde bereits einige Worte mit dieser Frau gewechselt.

      »Wunter! Ich sagte Ihnen schon, daß ich die Erzieherin von Patrick bin. Ich ersetze ihm die Mutter. Sie müssen mich also zu ihm lassen.«

      »Das ist ausgeschlossen! Haben Sie denn nicht begriffen? Patrick liegt auf der Intensivstation. Seit einer Stunde kämpfen wir um das Leben dieses Kindes.« Astrid atmete tief durch. Sie war erschöpft. »Wir können nur hoffen«, setzte sie leiser hinzu.

      »Dann tun Sie doch etwas! Sie sind doch die Ärztin!« kreischte Angela nun hysterisch. »Patrick war völlig gesund. Was haben Sie mit ihm gemacht?«

      Astrids Augen verengten sich, sie hatte genug. »Nun hören Sie mir einmal zu. Patrick hat Tetanus, das ist Wundstarrkrampf, und der endet in den meisten Fällen tödlich.«

      Angela wich einen Schritt zurück. »Ich glaube es nicht. Das ist nicht möglich!«

      »Leider ist es so!«

      »Frau Doktor, werden Sie Patrick helfen können?« fragte Andy.

      »Ich weiß es nicht! Oft sind uns Ärzten Grenzen gesetzt. Wie ich hörte, hast du veranlaßt, daß Patrick in die Klinik gebracht wurde. Wenn wir ihn durchbringen, dann hat er dir sein Leben zu verdanken.«

      »Aber…« Angela schnappte nach Luft. »Ich konnte doch nicht wissen…«

      »Hören Sie auf!« fuhr Astrid nun die etwa gleichaltrige Frau an. »Am besten wird es sein, Sie verlassen die Klinik.«

      »So können Sie mit mir nicht sprechen. Ich möchte helfen!« Obwohl Angela nun die Knie zitterten, versuchte sie der Ärztin standzuhalten. »Sie können mich nicht verantwortlich machen. Andy war dabei. Patrick sprang wie immer munter herum.«

      »Das stimmt«, sagte Andy, aber er senkte dabei den Kopf. Er dachte daran, daß er für kurze Zeit Patrick völlig vergessen gehabt hatte.

      »Man hätte besser auf die Wunde achten müssen.«

      »Wollen Sie damit sagen…«

      »Ich will überhaupt nichts sagen«, schnitt Astrid Angela das Wort ab. »Wir haben festgestellt, daß es durch Wundverschmutzung zu dieser Infektion kam. Jedenfalls können Sie im Moment für das Kind nichts tun.«

      »Was ist mit Herrn Frehner?« fragte Angela. Der Gedanke an Patricks Vater beunruhigte sie. Sie wußte, daß Patrick sein ein und alles war.

      »Ich konnte Herrn Frehner nicht erreichen, aber man wird ihm ausrichten, daß sein Sohn bei uns in der Klinik ist. Er wird also herkommen.« Astrid wandte sich ab. Sie hatte keine Lust, sich mit dieser Frau länger auseinanderzusetzen.

      »Ich bleibe hier!« Angela richtete sich etwas auf. Ihre Stimme gewann an Überzeugung. »Selbstverständlich warte ich hier auf Herrn Frehner. Jemand muß ihm doch sagen, was vorgefallen ist.«

      Astrid antwortete nicht, sie verließ einfach nur das Wartezimmer.

      *

      Angela Wunter ging in der Halle der Klinik auf und ab. Niemand beachtete sie. Sie hätte gern noch einmal mit dieser Ärztin gesprochen, von der Andy ihr erzählt hatte, daß es sich um die Tochter des Chefarztes handelte. Doch die Kinderärztin hatte sich wieder auf die Intensivstation zurückgezogen und war so für sie nicht mehr zu sprechen. Angelas Nervosität stieg von Minute zu Minute. Was sollte sie Ingo sagen? Wahrscheinlich war er schon auf dem Weg hierher. Sie blieb bei der Glaswand stehen, betrachtete ihr Spiegelbild und zupfte sich eine Locke zurecht. Ihre Gedanken überschlugen sich.

      Ingo hing sehr an seinem Sohn, deswegen hatte sie sich auch angeboten, sich um Patrick zu kümmern. Sie war mit Patricks Mutter befreundet gewesen. Wie sehr hatte sie ihre Freundin vor drei Jahren beneidet. Gern wäre sie an ihrer Stelle gewesen. Ingo sah nicht nur phantastisch aus, er war auch jemand. Damals hatte sie sich vergebens Hoffnungen gemacht. Ingo hatte sich in ihre Freundin verliebt und diese auch geheiratet. Doch Sylvias Glück hatte nicht lange gedauert. Nun, sie war bereit, an Sylvias Stelle zu treten.

      Angela nickte ihrem Spiegelbild unmerklich zu. Ingo würde sie jetzt brauchen. Sie würde an seiner Seite sein und ihn trösten, was immer auch mit Patrick geschehen würde. Wo blieb er nur? Ob sie nicht selbst im Hotel anrufen sollte? Sie sah sich um. Wo befand sich hier das nächste Telefon? Auf keinen Fall wollte sie

      Ingos Ankunft übersehen. So ging

      sie mit hoch erhobenem Kopf zur Anmeldung. Dort saß eine Krankenschwester, vor der ein Telefon stand.

      »Entschuldigen Sie, ich muß unbedingt telefonieren.« Die Schwester sah auf, und Angela setzte ein »Bitte!« hinzu.

      »Wenn Sie durch die Glastür gehen, stoßen Sie auf einen öffentlichen Fernsprecher.« Die Schwester sagte es freundlich.

      »Ich bezahle Ihnen das Gespräch selbstverständlich.«

      »Darum geht es nicht! Von hier aus dürfen keine Privatgespräche geführt werden. Sie müssen wirklich nur durch die Glastür gehen.«

      »Dann eben nicht! Ich habe nicht die Absicht, die Halle zu verlassen.« Der Ärger gewann in Angela die Oberhand. Sie starrte die Schwester an und bemerkte daher nicht, daß Ingo Frehner durch den Eingang geeilt kam. Ohne nach links oder nach rechts zu sehen, trat er an die Anmeldung.

      »Frehner ist mein Name! Ich werde erwartet. Mein Sohn…«

      »Ingo!« Angela fuhr herum. Sie ergriff den Arm des Mannes. »Ich habe auf dich gewartet. Es ist so schrecklich! Sie lassen mich nicht zu Patrick. Ich kann nichts tun.«

      »Was ist mit Patrick? Eine Frau Dr. Mertens hat im Hotel angerufen. Ich bin gerade zurückgekommen und habe es erfahren.«

      »Ich weiß es nicht genau. Er scheint krank zu sein.« Angela wich Ingos Blick aus.

      »Wie ist Patrick überhaupt hierhergekommen?«

      »Ich habe ihn hergebracht. Ich wußte mir keinen anderen Rat. Ich erzähle dir alles, es war schrecklich. Mir tut Patrick so leid.«

      »Was in aller Welt ist vorgefallen?« Erregt trat Ingo Frehner einen Schritt zurück und schüttelte so Angelas Arm ab.

      »Ich habe mit Patrick einen Spaziergang gemacht. Patrick geht gern an den See. Alles war in bester Ordnung. Wir hatten viel Spaß zusammen. Er hat nicht geklagt, hat keine Schmerzen gehabt, und dann plötzlich war er nicht mehr ansprechbar.«

      »Wie meinst du das?«

      »Komm! Wir gehen in die Kinderabteilung. Dich müssen sie zu Patrick lassen. Die Ärztin wird dir dann sagen, daß es das einzig Richtige war, Patrick sofort in die Klinik zu bringen.«

      »Natürlich möchte ich Patrick sehen. Mir wurde ausgerichtet, daß er sehr, sehr krank ist. Heute