Medusas Ende. Elisa Scheer

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Название Medusas Ende
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737562607



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nach dem Läuten und dem obligatorischen Ruf „Tafeldienst!“ das Zimmer verlassen hatte.

      Im Sekretariat saß nur Frau Schneider, die „Mutter vons Janze“, wie sie sich selbst einschätzte. „Na, Frau Prinz, was kann ich denn für Sie tun?“

      Ich beugte mich vertraulich über den Tresen. „Meinen Sie, Sie könnten mir eine Schulbescheinigung ausstellen?“

      „Logisch. Wofür brauchen Sie sie denn?“

      „Für meine Bank. Sonst glauben die mir nicht, dass ich wirklich einen Job habe. Ich möchte, dass die mir den Dispo ein bisschen erweitern. Ich meine, irgendwann muss doch mein Gehalt mal anlaufen, oder? Wenigstens im neuen Jahr oder so.“

      Sie ließ den Stift fallen, den sie in der Hand gehalten hatte, ihr Doppelkinn zitterte vor Entrüstung. „Soll das heißen, dass Sie noch gar kein Gehalt bekommen haben?“

      „Richtig. Ich dachte, das ist normal?“

      „Normal? Das ist eine Frechheit ersten Ranges. Aber vereidigt hat man Sie schon, oder?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nur am Beginn der Referendarzeit.“

      „Mussten Sie im Sommer noch mal zum Gesundheitsamt?“

      „Nein, da war alles in Ordnung. Ich meine, was soll auch sein, ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich habe Untergewicht und ich habe während der Referendarzeit keinen Tag gefehlt.“

      „Lobenswert – bis auf das Untergewicht.“ Sie musterte mich strafend und musste dann lachen. „Essen kostet Geld“, klagte ich und schaute möglichst erbarmungswürdig drein.

      „Ich rufe bei der Bezügestelle an“, verkündete sie finster und griff zum Hörer. In den nächsten Minuten hatte ich das Vergnügen, zuzuhören, wie sie mehrere Sachbearbeiter nach allen Regeln der Kunst zusammenfaltete und so lange herumscheuchte, bis anscheinend ein wichtiges, bisher fehlendes Dokument wie durch Zauberhand wieder aufgetaucht war. „Und warum haben Sie uns nicht informiert? Was glauben Sie eigentlich, wovon unsere Beamten leben sollen, während Sie Ihre Arbeit nicht machen? - Was heißt hier Rücklagen? Haben Sie sich mal angeschaut, mit welchen Almosen Referendare abgespeist werden? Das ist schon nicht mehr die übliche Schikane, das ist schon Grausamkeit. Und da wundern Sie sich, dass Ihnen der Nachwuchs ausgeht? - Sie geben diesen Wisch jetzt auf der Stelle in die Post. Wenn er am Freitagmorgen nicht da ist, haben Sie mich wieder in der Leitung, und dann gibt es erst richtig Ärger. Und eine Abschlagszahlung an Frau Prinz veranlassen Sie auch sofort. - Nein, damit warten Sie nicht mehr, die Unterlagen sind doch vollständig, haben Sie gesagt. Oder? - Na bitte. Nein, jetzt sofort! Wenn sich erst einmal unser Chef einschaltet, droht Ihnen eine Dienstaufsichtsbeschwerde. – Doch, das wissen Sie auch selbst.“

      Sie legte wieder auf und sah mich triumphierend an. „So, denen habe ich aber Beine gemacht! Die Bestallungsurkunde wird jetzt sofort ausgefertigt und zur Post gegeben. Sie hatten Ihren Lebenslauf verlegt und waren zu faul, sich deshalb zu rühren.“

      Ich schüttelte den Kopf. „Nicht zu fassen! Die hätten doch bloß mal hier anrufen müssen, dass hätte ich ihnen einen neuen Lebenslauf geschickt. Stattdessen lassen die mich verhungern.“

      Frau Schneider zog eine Schublade auf und reichte mir eine Mozartkugel. „Hier, zur Überbrückung! Und, wollen Sie die Bescheinigung jetzt immer noch?“

      „Sicherheitshalber.“, lutschte ich zufrieden. „Stellen Sie sich vor – die Post...“

      „Auch wieder wahr. Also gut!“

      Sie zog ihre Tastatur näher heran, rief ein offizielles Briefformular der Schule auf und begann zu tippen. Der Drucker surrte, sie zog das Blatt heraus, unterschrieb schwungvoll und drückte den Schulstempel darunter.

      „Und das Dienstsiegel auch noch. Macht ordentlich was her!“ Auch das Staatswappen wurde auf das Blatt gedrückt. „So, hier! Am besten machen Sie sich aber auch ein paar Kopien davon.“ Selig eilte ich zum Kopierer. Das musste die Bank doch beeindrucken! Und vielleicht war das gar nicht mehr nötig?

      Im Lehrerzimmer herrschte gewaltige Unruhe: Der Hausmeister hatte zwei weitere Tische hereingestellt und alle anderen etwas dichter zusammen geschoben. An einem der neuen Tische saßen Nadja und Frau Ernst und winkten mir hektisch zu. Ich stürzte mich sofort auf den Platz neben Nadja. „Ist ja Klasse! Ein richtiger Tisch – für uns?“

      „Drei Leute passen noch dazu. Mal schauen, wer noch Bedarf hat. Und mal schauen, was die Bernrieder dazu sagt!“ Ich musste kichern. Frau Ernst reichte mir an Nadja vorbei eine kühle Hand. „Hallo, ich bin Verena. Du heißt Eva, nicht?“

      „Genau. Und jetzt mit diesem Platz fühle ich mich hier fast schon akzeptiert."

      „Jörndl hat anscheinend den Aufstand geprobt“, stellte Nadja zufrieden fest. „Zeit war´s ja auch!“ Ein etwas pummeliger junger Mann mit braunen Locken, den ich bisher immer nur von weitem gesehen hatte, kam heran. „Gibt´s bei euch noch Platz? Der Wackelstuhl in der Ecke ist irgendwie nicht so komfortabel.“

      „Hau dich her, Theo“, antwortete Verena. „Mathematiker sind ja eine verträgliche Bande. Aber dein blödes R3-Modell lässt du bitte draußen, sonst können wir uns hier nicht mehr rühren.“

      Theo zog ein Gesicht. „Aber ich würde es dir auch mal leihen!“

      „Ich brauch´s in diesem Jahr aber nicht. Stell das Ding aufs Fensterbrett, da nervt es nicht so.“

      Nadja zog eine Packung Schokokekse aus der Tasche, riss sie auf und legte sie in die Mitte. „Greift zu, schließlich haben wir was zu feiern!“

      „Vor allem ich“, verkündete ich, während Theo sich sofort eine Handvoll Kekse schnappte. „Frau Schneider hat die Bezügestelle dermaßen zusammen geschissen, jetzt kommt hoffentlich bald mein Gehalt.“

      „Ach, du auch?“, bedauerte mich Verena. „ich hab damals auch kaum gewusst, wie ich mich weiter finanzieren soll. Gott sei Dank hatte ich noch ein paar illegale Nachhilfeschüler.“

      Theo kaute genussvoll. Man konnte sich vorstellen, woher er sein gemütliches Aussehen hatte. Und die Hamsterbäckchen, genau richtig, um hineinzukneifen! Kaum hatte er heruntergeschluckt, nahm er sich noch zwei Kekse. „Noch nicht gefrühstückt?“, erkundigte sich Nadja etwas spitz und schob die Schachtel mehr in meine Richtung. Ich nahm mir einen Keks und biss zierlich ab. Morgen sollte ich dann wohl auch mal etwas mitbringen. Bloß Aldi-Kekse, aber um meinen guten Willen zu zeigen...

      Nadja winkte in Richtung Tür. „Bea, Bea, hier! Wir haben einen Tisch! Los, schnell, komm her!“ Beatrice Heinze rannte förmlich auf uns zu, ihr Pferdeschwanz wehte hinter ihr her. „Einen richtigen Tisch! Wir müssen nicht mehr den Zigarrengestank in der Chemievorbereitung aushalten!“ Sie musterte Verena und Theo. „Das ist ja ein richtiger Mathematikertisch. Bloß Frau Prinz und du, Nadja – ihr fallt aus dem Rahmen.“

      Nadja sah mich an. „Sollen wir das dulden, Eva? Nicht, dass wir als Nichtmathematiker hier wieder vertrieben werden.“

      „Wir waren doch zuerst hier“, gab ich zu bedenken. „Da können wir auch großzügig sein. Solange man uns nicht diskriminiert.“

      „Ihr habt es gehört“, verkündete Nadja. „Setz dich schon, Bea. Und vergiss nicht, du bist auch Chemikerin!“

      „Theoretisch ja. Ich hab eine einzige Chemieklasse, und das sind die Pfeifen aus der 11 b.“

      „In Geschichte sind die gar nicht so schlecht“, wandte ich ein, obwohl ich das Ex noch nicht korrigiert hatte. Die Tür flog auf und die Bernrieder baute sich zornbebend vor unserem Tisch auf. Angesichts von fünf Augenpaaren, die sie gelassen betrachteten, fiel ihr aber anscheinend so schnell nichts Vernichtendes ein, so dass sie sich schließlich darauf beschränkte, zu behaupten, im Lehrerzimmer sei das Essen verboten. „Seit wann das denn?“, wunderte sich Theo. „Hier essen doch alle, und die Rechner stehen nebenan. Apropos... ich muss meine Mails checken.“

      „Ich auch“, behauptete Bea und erhob sich. Die Bernrieder wurde noch etwas röter und drehte sich abrupt um.

      „Warum