Vergessene Zeit. Elisa Scheer

Читать онлайн.
Название Vergessene Zeit
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737558815



Скачать книгу

war – und dass sie viel echter und charaktervoller ist. Leonore findet das etwas übertrieben und schiebt ihn sachte weg. Im Gespräch stellt sich heraus, dass Jonas sich in Massimos Atelier durchaus auskennt. Seine langen Ausführungen darüber, dass Sabrina nie eine gute Ehefrau geworden wäre, gehen ihr auf die Nerven, und sie bittet ihn, zu gehen, sie muss jetzt auch weiter arbeiten. Das passt ihm nicht so ganz. Sie findet ihn ja schon nett, aber das geht ihr alles etwas zu schnell. Und Sándor ist auch eine interessante Option...

      Heute war es aber schon sehr heiß – fast unangenehm. Und kein Lüftchen regte sich. Durst! Ich holte mir ein Cola aus dem Kühlschrank und trank es zur Hälfte aus. So, noch eine Zigarette und dann weiter im Text!

      Massimo sucht fluchend sein Glückstrennmesser, das verschwunden ist. Überhaupt, sein Glück auch – der Glamour, den eine Ehe mit der schönen Sabrina bedeutet hätte, ist dahin, das neueste Modell ist völlig misslungen (er kreischt ein bisschen herum), und jetzt kann er nicht einmal diese schiefe Naht auftrennen! Dio mio!

      Gärtner gibt zu, dass ihr seine allererste Kollektion eigentlich am besten gefallen hat, Massimo reagiert pikiert. Sándor kommt und hat eine interessante Notiz in Sabrinas Wohnung gefunden – diese allererste Kollektion war geklaut, siehe oben.

      Massimo bricht zusammen, Sabrina hat ihn zu dieser Heirat erpresst, aber als PR-Effekt hatte er gar nichts dagegen. Nur die Sache mit der ersten Kollektion durfte nicht herauskommen! Erstklassiges Motiv, Gärtner zückt schon die Handschellen.

      Sándors Telefon klingelt. Leonore: Habt ihr gewusst, dass Jonas sich im Atelier auskennt? Da musste ich noch ein bisschen feilen, so plump sollte sie es nicht formulieren. Ich musste unbedingt an dieses uralte Skalpell denken!

      Sándor hechtet hin. Jonas klingelt gerade bei Leonore, Sándor im Schlafzimmer. Jonas macht Liebeserklärung, will heiraten, ordentliche Frau, treue Frau, Sabrina war unerträglich. Aber Schluss machen wollte er auch nicht... Seine Augen funkeln so komisch... Scheiße, ich sollte doch keine Durchgeknallten ins Spiel bringen! Aber verletzte Eitelkeit war noch kein echter Wahnsinn, tröstete ich mich.

      Die Sonne stach. Bevor ich mir ein weniger abgedrehtes Motiv für den braven Jonas ausdachte, sollte ich mich lieber noch mal abkühlen... und danach etwas essen. Hatte ich nicht auch eine Tüte Pfirsiche mitgebracht?

      Der See lag immer noch so bleiern da. Der eine oder andere Luftzug wäre ja schon wünschenswert, fand ich, während ich vor der Hütte auf und ab kraulte und mich dann strampelnd rücklings fortbewegte. Immerhin lagen Tisch und Bank mittlerweile im Schatten, bald konnte man sich dort hinsetzen, ohne sich den Hintern zu verbrennen. Wie viel Grad es in der Sonne wohl hatte? Fünfzig? Fünfundfünfzig? Sechzig? Wurde es da nicht gefährlich? Zersetzte sich ab sechzig Grad nicht das Eiweiß im Körper? Nebelhafte Erinnerungen an eine mehr als peinliche Chemieklausur durchzuckten mich. Wäre das auch eine Mordmethode? Jemanden zu lange zu großer Hitze aussetzen? Ziemlich grausam... Würde der dann nicht eher verdursten?

      Ich wollte gar nicht mehr raus aus dem Wasser, aber allmählich fühlte ich mich doch angenehm durchgekühlt und kehrte seufzend an die Frage zurück, welches handfestere Motiv Jonas haben konnte.

      Er hatte gesagt, sie hätte ihn betrogen. Prima, Eifersucht, das konnte noch mildernde Umstände geben. Nein, konnte es nicht, dass er das Skalpell aus dem Atelier geklaut hatte, sprach ja doch eher für sorgfältige Planung und den Versuch, es Massimo in die Schuhe zu schieben.

      Sie wollte ihn nicht heiraten, aber er hoffte auf ihr Geld. Der Computerbuchladen geht nicht so gut, bei der momentanen IT-Krise.

      Und falls die Bullen sich nicht an Massimo halten, hat er auch noch das Collier eingesackt, dann kann er auch noch auf Leonore zeigen. Jedenfalls ist er bei Leonore und textet sie zu, während Sándor im Schlafzimmer lauert.

      Jonas jammert, wie gemein Sabrina zu ihm war und wie wenig Verständnis sie für seine Bedürfnisse hatte – Leonore sei da ganz anders. Sicher habe sie sich immer zurückgesetzt gefühlt? Das kann sie nicht bestreiten. Dann habe sie mit der Zeit sicher einen furchtbaren Hass auf Sabrina entwickelt...

      Nein, sagt Leonore, eher auf die Eltern. Sabrina hat diese Bevorzugung nicht bewusst gefördert, aber den Eltern hätte klar werden müssen, dass sie ungerecht sind. Jonas bestreitet Sabrinas Harmlosigkeit und stellt sie als intrigante Hexe hin. Leonore wundert sich immer mehr über ihn. Er versucht sie zu küssen (Sándor am Schlüsselloch platzt fast – rascher Perspektivenwechsel, oder am besten gleich aus Sándors Sicht), Leonore lässt sich das einen Moment lang gefallen, dann schiebt sie ihn weg.

      Er ist verständnisvoll. Sicher braucht sie noch etwas Zeit, Sabrina ist ja erst seit zwei Tagen tot... Und jetzt ist sie die einzige Tochter! Meine Eltern haben mich enterbt, weil sie mich für die Täterin halten, antwortet Leonore kühl.

      Jonas zuckt kurz zusammen, dann fasst er sich wieder. Hinweis! Hinweis! Aufgepasst, Leserin! Er könnte es jedenfalls verstehen, wenn Leonore Sabrina getötet hätte. Hat sie aber nicht, sagt sie ärgerlich, auch wenn die Alten das glauben. Aber was die glauben, ist ihr nachgerade egal. Ja, aber das Haus in Solln – und das Geld... sie hat doch Anspruch drauf!

      Leonore sagt, scheiß drauf, sie verdient ihr eigenes Geld, und wenn ihre Eltern das wollen, können sie die Hütte auch dem Tierschutzverein vererben. Und seit wann ist Jonas denn so geldgeil? Das bestreitet der. Aber die Eltern haben doch Geld, oder? Wenn sie Sabrina so kostbaren Schmuck kaufen...

      Leonore stutzt. Woher weiß er das eigentlich? Sie beschreibt den Schmuck vage, Jonas ergänzt eifrig ein Detail und dann verstummt er erschrocken. Das ist eine Falle!

      „Wenn du den Schmuck kennst, warst du vor dem Mörder da, denn der hat den Schmuck geklaut. Oder du bist der Mörder. Wieso hast du von diesem Besuch nichts erwähnt?“

      Jonas wird wütend, dass Leonore ihm den Mord unterstellt, er zischt, sie hätte ja wohl weiß Gott ein gutes Motiv und sollte ihm nichts in die Schuhe schieben!

      Sie erkennt, wie gut alles passt, wenn man davon ausgeht, dass er´s war (halt, Anmerkung für oben – als sie erfährt, dass er sich im Atelier auskennt, meint sie nur, er könnte ein interessanter Zeuge sein!) – und das sagt sie ihm auch. Er packt sie und würgt sie, aber da schießt Sándor aus dem Schlafzimmer und reißt ihn weg. Jonas kriegt Handschellen, Leonore einen kalten Wickel um den Hals und Sándor ein dickes Lob von der Kommissarin.

      Jonas redet sich bei den Verhören auf Eifersucht und spontane Wut heraus, nachdem er merkt, dass er die Tat weder Leonore noch Massimo in die Schuhe schieben kann.

      Aber das Skalpell! Das war eben doch Planung!

      Sándor besucht Leonore mit ihrem kalten Halstuch und erzählt ihr alles (nur nicht, dass die Eltern auf die Informationen gleichgültig reagiert und behauptet haben, irgendwie stecke Leonore eben doch dahinter, aber das kann sie sich ja ohnehin denken). Sie ist froh, dass alles aufgeklärt ist, und bedankt sich für die Rettung – mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange. Da packt er sie...!

      Leidenschaftlicher Kuss, bis sie jammert, weil ihr der Hals noch weh tut. Sándor verspricht, morgen wieder zu kommen, und sie nimmt ihn mit funkelnden Augen beim Wort.

       Finito!

      Wurde es eigentlich immer heißer? Gut, im Schatten war es zu ertragen, aber wenn ich auf die sonnenbeschienenen Abschnitte sah – die schienen zu dampfen und zu schmoren.

      Egal, ich hatte den Entwurf fertig, heute Abend würde ich ihn ins Reine tippen, dann ganz brav den tragbaren Drucker anschließen und die fünfundzwanzig Seiten ausdrucken. Sogar zwei Klemmmäppchen mit CD-Lasche hatte ich dabei! Ich malte mir wieder einmal aus, wie ich Kathrin am Sonntag die fertige Geschichte samt beigelegter CD lässig zuwerfen würde: Ich hoffe, du bist zufrieden! und lehnte mich im Vollgefühl meiner Tugend an die Hüttenwand. Immer noch so heiß! Ich sollte lieber noch einmal schwimmen gehen! Drei Uhr... dann durfte man sich ja schon fast wieder in die Sonne legen, nach dem Schwimmen.

      Frisch abgekühlt streckte ich mich auf dem Badesteg aus und ließ mich trocknen und bräunen (vor allem den Bauch, der schien es noch am nötigsten zu haben). Diese Hitze... Ich legte mir mein feuchtes