Vergessene Zeit. Elisa Scheer

Читать онлайн.
Название Vergessene Zeit
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737558815



Скачать книгу

Wolkenbrüchen gelitten hatten. Hoffentlich regnete es jetzt nicht wieder tagelang – wenn der Pegel des Sees um einen halben Meter anstieg, kriegte ich hier nasse Füße!

      Außerdem hatte ich jetzt langsam keine Lust mehr. Wenn man nicht zuschauen durfte, machte ein Gewitter keinen so besonderen Spaß. Wenn aber andererseits der Regen gegen die Hüttentür drückte, musste man es auf der Terrasse doch eigentlich wieder aushalten können... Ich versuchte es. Ja, es ging. Ich trat hinaus und wäre auf den glitschigen, klatschnassen Planken fast ausgerutscht – im letzten Moment hielt ich mich noch am Türrahmen fest.

      Es goss immer noch in Strömen, und es blitzte und donnerte auch immer noch in rascher Folge. Eine Welle schwappte über den Steg. Hoppla – so ein Seegang?

      Ich tastete mich an der Bank entlang bis an das Ende der hölzernen Plattform und guckte auf das Seewasser. Ganz schön hoch - ob die Enten unter dem Steg überhaupt noch Platz hatten? Um dreißig Zentimeter war der Pegel bestimmt angestiegen, und das Unwetter wollte gar kein Ende nehmen.

      Immerhin konnte man es im Schutz des Hüttendachs aushalten, wenn einem leichter Sprühregen nichts ausmachte. Ich lehnte mich an die feuchte Wand, rauchte und sah mir die Blitze an, die immer noch in den See zischten. Kein einziges Segel war mehr zu sehen, so dämlich waren also die Eulenburger Surfen auch wieder nicht.

      Die Regelmäßigkeit, mit der Blitz und Donner aufeinander folgten, und das monotone Prasseln des Regens ließen mein Interesse erlahmen, und ich begann wieder über die vertauschten Geschenke nachzudenken.

      Wenn es kein Krimi sein müsste, dann könnte man auch zwei Pärchen nehmen. In dem einen Buch steckt ein Heiratsantrag, im anderen eine Abschiedswidmung – wenn das jeweils die Falschen kriegen... Raum für reichlich Missverständnisse! Und dann suchen die beiden nacheinander, Julia, um ihren Wolfi zu überzeugen, dass sie ihn nicht loswerden wollte (oder denkt sie, er flieht vor dem Antrag?), Gideon, um seiner Becky klar zu machen, dass er sie absolut nicht heiraten will...

      Woher kommt dann die Krimihandlung? Weglassen konnte ich sie nicht. So etabliert war ich nicht, dass ein neuer Melanie Seeger sein konnte, wie er wollte – von mir wurde eine bestimmte Sorte Krimi erwartet, kein Ausbruch aus dem Genre. Später vielleicht mal! Also brauchte ich eine Krimihandlung, und, wie mein großes Vorbild Harriet Vane mal gesagt hatte – die Leute wollten Mord, keine minderen Verbrechen...

      Aber die Krimihandlung sollte mit den vertauschten Büchern doch irgendwie zusammenhängen – nur wie? Im Moment fiel mir nichts ein, und ein Blitz, der genau jetzt besonders eindrucksvoll in den See fuhr, lenkte mich von der Geschichte auch wieder ab.

      Der Pegel war noch weiter gestiegen, jetzt sah man auch, dass das flache Ufer hinter den beiden Trauerweiden nördlich der Hütte so gut wie verschwunden war. Hoffentlich würde die Terrasse nicht noch unter Wasser geraten! Ich prüfte schnell den Tisch und die Bank – nein, die waren verschraubt, sie würden wohl kaum nach Eulenburg schwimmen.

      Der nächste Blitz, lautlos. Der nächste Donner, eine Sekunde verzögert.

      Es zog doch nicht etwa langsam ab?

      Doch, ganz allmählich ließ es nach. Es regnete zunächst noch unvermindert, aber Blitz und Donner wurden schwächer und entfernten sich langsam, aber unverkennbar. Die Wolken waren nun auch nicht mehr schwarz, sondern blassgrau, und man merkte langsam wieder, dass es noch lange nicht Nacht war, sondern erst kurz nach sechs.

      Im wiederkehrenden Licht sah ich erst, wie sehr sich der See vergrößert hatte – und der Wasserspiegel lag höchstens zwei Zentimeter unter dem Steg. Die Enten saßen im Schilf und zeterten, wenn sie ihre Köpfe nicht gerade unter den Flügeln versteckten.

      Auch der Regen ließ nun langsam nach, und im Osten riss die Wolkendecke stellenweise auf und ließ klares Türkis durchschimmern. Als ich mich aus dem Schutz des Hüttendachs wagte und nach Südwesten schielte, sah ich sogar eine vorsichtige Sonne zwischen den Wolkenfetzen hervorblitzen. Das aufgewühlte graue Seewasser, in dem Schilfrohrstücke, Blätter, Federn und Borkenstücke schwammen, ab und ab auch ein größerer Ast, funkelte wieder.

      Und kalt war es geworden.

      In der Eulenburger Ferne blitzte es blau – aha, da war wohl die Feuerwehr zugange, umgestürzte Bäume von der Straße räumen, Tiefgaragen auspumpen... Zurzeit mussten die wirklich Übung haben!

      Ich holte einen Lappen aus der Hütte und wischte Tisch und Bank trocken, dann setzte ich mich erst einmal gemütlich hin. Was nun? Über die Geschenkestory nachdenken? Schwimmen? Schon der Gedanke ließ mich frösteln.

      Vielleicht sollte ich erst einmal sicher gehen, dass die Hütte nirgendwo Schaden genommen hatte, denn ich musste am Sonntag Kathrin schließlich darauf hinweisen, wenn etwas zu reparieren war.

      Ich öffnete alle Fensterläden und hakte sie fest. Immerhin, Wasser war nicht in die Hütte gelaufen – nur ein bisschen an der Haustür. Ich wischte es schnell auf. Die Terrasse war zwar tropfnass, aber unbeschädigt, solange der See nicht weiter anstieg.

      Am hinteren Ende der Terrasse konnte man normalerweise auf das Ufer treten und durch das Gebüsch nach vorne auf den Weg zur Haustür kommen; jetzt

      freilich hätte man schwimmen müssen.

      Darauf verzichtete ich nun doch lieber. Ich verrenkte mich, bis ich sehen konnte, dass die Büsche, soweit sie aus dem Wasser ragten, unbeschädigt, nur leicht zerzaust aussahen, und trabte dann durch die Hütte, um den Weg von der anderen Seite zu inspizieren. Klasse, ein einziges Schlammloch. Das würden meine Turnschuhe nicht überleben. Ich zog sie aus, legte mehrere Scheuerlumpen an der Haustür bereit und tappte barfuß durch den kalten Schlamm. Uah… wie eine missglückte Fangopackung.

      Die Südfassade der Hütte war zwar dunkel vor Nässe, und es tropfte vom Dach, aber nichts war zerschlagen, durchweicht oder sonst wie kaputt. Die Sträucher neben dem Weg hatten freilich etwas gelitten; Blätter und Beeren lagen auf dem Weg, einige Äste waren abgebrochen. Apropos – die Eiche sah jetzt wirklich wüst aus, wie auf einem Gemälde von Caspar David Friedrich. Stellenweise war der stehengebliebene Teil des Stamms so schmal, dass man um die Statik fürchten musste. Ich sollte Kathrin sagen, dass sie die Feuerwehr informieren musste...

      Bis der Weg wieder trocken war, würde es bestimmt einen Tag dauern. Ich musterte ihn kritisch, ohne ihn weiter zu betreten – meine Füße waren nass, kalt und dreckig genug – und wollte mich schon wieder umwenden und in die Hütte zurückkehren, als mein Blick auf die Lücke zwischen dem Jasmin- und dem Schneeballstrauch fiel. Da lag ein Ast – der sah fast aus wie eine menschliche Hand.

      Für einen Ast war er aber zu hell... das war eine menschliche Hand. Und ein Arm! Ich patschte hin, zur Hölle mit den dreckigen Füßen.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nICIsIxwcKDcpLDAxNDQ0Hyc5PTgyPC4zNDL/2wBDAQkJCQwLDBgNDRgyIRwhMjIyMjIy MjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjL/wAARCA1HCWADASIA AhEBAxEB/8QAHwAAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtRAAAgEDAwIEAwUFBAQA AAF9AQIDAAQRBRIhMUEGE1FhByJxFDKBkaE