Tödliches Monogramm. Elisa Scheer

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Название Tödliches Monogramm
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737562591



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verkatert, wie er war, aber er war hier, eindeutig. Wo er jetzt ist, weiß ich nicht. Wieso denn?“

      „Ach, nichts“, leitete ich den Rückzug ein, halb erleichtert, halb beschämt. „Wenn er hier war, ist ja alles gut. Tschüss dann!“

      Olaf rief noch: „He, warte mal, was sollte das jetzt?“, aber ich verschwand schnell wieder in meiner Wohnung. Machte ich mich hier zum Affen, bloß weil die Beschreibung notdürftig auf einen dieser drei Neandertaler passte? Und hatte Thilo nicht überhaupt mehr so grüne Augen?

      Der Ordnung halber schnitt ich den heutigen Artikel auch aus und legte ihn zu den anderen, nahm mir aber vor, morgen weder eine Zeitung zu kaufen noch über diesen Quatsch nachzudenken. Stattdessen würde ich an der Arbeit weiterbasteln, jawohl! Weit kam ich nicht, bevor Petra anrief, voller Entrüstung: Uli hatte sich mit ihr gekracht, bloß weil sie vergessen hatte, irgendeinen blöden Brief einzuwerfen!

      „Und, was war das für ein Brief?“, fragte ich, durch Erfahrung gewitzt.

      „Ach, was weiß ich, irgendwas mit Steuern oder so. Einspruch, gibt´s das?“

      Ich seufzte. „Ja, Petra, das gibt´s, und da gibt es auch Fristen zu beachten. Jetzt muss dein Uli wohl mehr Steuern zahlen, weil du den Brief verbummelt hast. Wieso gibt er ihn auch dir, er müsste dich doch langsam kennen!“

      „Mein Gott, ich hab´s ihm angeboten. Ich hab´s doch nur gut gemeint. Kann ich ahnen, dass es so ernst gemeint ist, wenn er sagt Ja nicht vergessen? Da, wo ich dachte, war gar kein Briefkasten mehr, aber ein super neuer Laden, und da hab ich´s eben vergessen. Kann doch mal passieren!“

      „Was für ein Laden?“ Ich tippte auf Schuhe – manchmal war Petra wirklich ein wandelndes Klischee.

      „Taschen und so. Supersachen. Gut, Fakes, aber ziemlich täuschend. Ich hab mir da ein Chaneltäschchen gekauft, also, du glaubst es nicht, schaut total echt aus, richtig nobel. Und nur neunundvierzig Euro! Da musst du unbedingt auch mal hinschauen, Peutinger Ecke Fuggergasse. Oder da in der Gegend eben.“ Ich seufzte wieder. „Petra, erstens stoßen die Peutinger und die Fuggergasse gar nicht zusammen, da kann´s keine Ecke geben. Und zweitens ist es illegal, Fälschungen zu verkaufen, den Laden wird´s wohl nicht lange geben.“

      „Du hörst dich so besserwisserisch an, du könntest glatt Lehrerin sein. Wie dieser doofe Kumpel von meinem doofen Bruder.“

      „Nie gehört.“

      „Ach, den kennt er noch von der Schule her, so ein großer dunkler Finsterling. Julian Schießmichtot. Der und seine Freundin waren am Samstag bei Paul zu Besuch, na, und ich hab kurz vorbeigeschaut, weil ich kein Geld mehr hatte, und da hat dieser Julian oder Julius oder wie auch immer gefragt, wieso ich zu Paul komme, wenn ich kein Geld mehr habe, stell dir vor!“

      „Gute Frage. Das würde mich jetzt aber auch interessieren. Ich gehe in solchen Fällen ja eher zum Geldautomaten, aber ein Bruder – auch eine Möglichkeit. Hast du dir was gepumpt?“

      „Musste ich doch, Mensch!“

      „Wieso, bist du pleite?“ Ein grässlicher Gedanke beschlich mich. „Haben Sie dich bei Crommer rausgeschmissen?“

      „Ja, das auch“, antwortete sie ungeduldig, „aber darum geht´s jetzt doch gar nicht! Der blöde Automat hat meine Karte gefressen, stell dir vor! Frechheit, was? Da musste ich doch zu Paul gehen!“

      Da war Paul bestimmt sehr froh.

      „Wieso hat der Automat deine Karte gefressen? Und wieso haben sie dich bei Crommer rausgeworfen? Warst du schon beim Arbeitsamt? Oder bei JobTime? Hast du schon was Neues in Aussicht?“

      „Isi, nerv nicht rum. Wieso der Automat meine Karte gefressen hat, weiß ich auch nicht. Irgendwas von Guthaben und Berater, dann war der Schirm wieder dunkel. So schnell kann man gar nicht gucken!“

      „Vielleicht ist dein Konto überzogen?“

      „Mein Konto ist schon seit Jahren überzogen, wieso sollten die sich jetzt plötzlich darüber aufregen?“

      „Vielleicht, weil du keinen Job mehr hast?“

      „Mein Gott, ich find schon wieder was, die sollen sich nicht so haben! Aber darum geht´s jetzt doch gar nicht!“

      Fand ich eigentlich schon. War Petra nicht beinahe zu beneiden, weil sie sogar für Existenzsorgen zu dumm war? Nein, nicht wirklich dumm, aber so was von schusselig... „Worum geht es denn dann? Ich find´s schon irgendwie bedenklich, wenn du deinen Job verloren hast – du nicht?“

      „Ach was! Aber stell dir vor, dieser Julius -“

      „Julian.“

      „Was?“

      „Vorhin hast du gesagt, Julian. Ist das schon Alzheimer?“

      „Herrgott! Gut, dieser Julian schlägt mir doch glatt vor, einen Kurs zu machen, in Selbstmanagement oder so. Wie findest du das? Ist das nicht eine Frechheit? Als ob ich so´ne blöde Firma wäre!“

      „Wenn du so´ne blöde Firma wärst, wärst du längst bankrott. Kein Kunde hätte jemals das Richtige oder überhaupt was geliefert gekriegt. Und wenn, hättest du total verschusselt, eine Rechnung zu stellen.“ Mittlerweile konnte ich meine Erheiterung nicht mehr verbergen.

      „Lach nicht so blöd“, schimpfte Petra sofort. „Was geht das diesen Kerl an? Und überhaupt, als ob ich meinen Kram nicht im Griff hätte!“

      „Naja... schau, du hast den Muttertag vergessen -“

      „Nur fast! Ich war noch rechtzeitig da, mit Pralinen von der Tankstelle!“

      „- Ulis Einspruchserklärung vermasselt, keine ec-Karte mehr, den Job verloren – wieso eigentlich? Das musst du mir schon noch genauer erzählen! – und da findest du, du hättest alles im Griff? Ich denke, so ein Kurs ist gar keine schlechte Idee. Vielleicht lernst du da, dir solche Sachen aufzuschreiben und dir dann auch noch zu merken, wohin du sie geschrieben hast und was die Abkürzungen bedeuten sollen.“

      „Du bist genauso schlimm wie dieser Julian und seine Freundin! Mensch, aber die hat vielleicht tolle Haare, richtig kupferrot, und echt! Ich hätte ja nie gedacht, dass es solche Haare auch in echt gibt! Meinst du, wenn ich mir die Haare auch so kupferrot färbe, dass mir das steht?“

      „Bloß nicht!“, rief ich in den Hörer, „dazu muss man eine ganz blasse Haut haben! Hat diese Freundin bestimmt, oder? Na, und du bist immer so schön leicht gebräunt – da passt das nicht. Lieber blonde Strähnchen!“

      Petra mit roten Haaren – entsetzliche Vorstellung. „Ich hab doch längst Strähnchen“, entgegnete sie unverkennbar beleidigt. „Hast du das noch gar nicht gemerkt? Ich möchte ja mal wissen, wo du deine Augen hast!“ Ich war sprachlos, aber Petra plapperte schon weiter: „Na gut, wenn du meinst, Geschmack hast du ja.“ Na, immerhin.

      „Und, warum bist du jetzt deinen Job los?“

      „Ach, diese Korinthenkacker! Ich bin bloß ein paar Mal morgens zu spät gekommen, ich meine, das kann doch mal passieren, oder? Hörst du deinen Wecker etwa immer?“

      „Logisch. Zuspätkommen ist was für Kleinkinder. Haben sie dich nicht abgemahnt?“ So was kannte ich von meinen diversen Jobs, wenn es mir selbst auch glücklicherweise noch nie passiert war.

      „Abgemahnt? Ja, kann sein. Wieso?“

      „Na, da hättest du gemerkt, dass dir die Kündigung droht, und du hättest dir einen lauteren Wecker kaufen können. Oder früher ins Bett gehen. Oder Uli bitten, dass er morgens einen nassen Waschlappen nimmt.“

      „Sei nicht so perfekt, Isi, das nervt. Was ich dich fragen wollte – findest du, Uli muss sich bei mir entschuldigen? Immerhin hat er mich eine Schusselliese genannt!“

      „Finde ich nicht. Petra, du bist eine Schusselliese! Aber eine nette“, fügte ich hastig hinzu. „Entschuldige dich lieber bei ihm. Du könntest ihm natürlich anbieten, den Schaden zu tragen,