Tödliches Monogramm. Elisa Scheer

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Название Tödliches Monogramm
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737562591



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nicht provozieren zu lassen und im Extremfall einfach freundlich lächelnd wieder zu gehen. Das ärgerte Papa bestimmt am meisten. Ich fuhr also brav mit dem Fahrrad eine halbe Stunde Richtung Mönchberg, schloss es auch korrekt ab, an den Gartenzaum gekettet, und stand dann brav nach einmaligem Klingeln vor dem Gartentor. Mama öffnete und guckte etwas bedrückt drein. „Philipp ist da“, tuschelte sie, während sie das Gartentor umständlich aufschloss. „Super“, antwortete ich naiv, „den hab ich auch schon länger nicht mehr gesehen.“

      „Aber er streitet mit Papa!“

      „Das ist doch nichts Neues“, wunderte ich mich, „sie streiten sich doch immer.“

      „Ja, aber ich will das nicht... Philipp ist so respektlos.“

      „Respekt wovor?“, fragte ich grob und betrat an Mama vorbei das Haus. Das Geplärr war unüberhörbar – Papa wenigstens plärrte, Philipp war wie üblich leise und kalt, ihn hörte ich nur murmeln. Ich stieß die Wohnzimmertür auf, Papa unterbrach sich kurz, schnauzte „Raus!“ und schrie weiter auf Philipp ein. Philipp ließ ihn einfach stehen. „Rede gefälligst nicht so mit Isi!“

      „Mit der dummen kleinen Kuh rede ich, wie´s mir passt!“, blaffte Papa zurück.

      „Ach, weißt du“, sagte ich einigermaßen laut, „lieber Philipp, eigentlich ist es mir doch eher gleichgültig“, (scheißegal hatte ich mir mühsam verkniffen, um an Philipps arroganten Ton hinzukommen) „was ein ältlicher Sesselfurzer von mir hält. Man muss ja irgendwann auch mal erkennen, was irrelevant ist, nicht?“ Philipp lächelte anerkennend. „Da hast du eigentlich Recht, Isi. Wollen wir essen gehen? Im Klosterbräu?“

      „Oh ja, gerne. Vielleicht kommt Mama auch noch mit. Gemütlich zu dritt, ein richtiger Familienausflug...“

      Papa war lila angelaufen. „Habt ihr einen Knall? Und was ist mit mir?“

      „Du“, sagte Philipp und lächelte eindeutig bösartig, „bist zu unangenehm im Umgang. Nein, dich nehmen wir nicht mit.“

      „Isi, du blöde kleine Versagerin, wenn du jetzt gehst, brauchst du nicht mehr wiederzukommen!“

      „Ist das ein Versprechen? Kann ich das schriftlich haben?“ Ich wusste gar nicht, woher ich die Kühnheit nahm, vielleicht aus Philipps Anwesenheit. Mama wollte dann aber doch nicht mitkommen. „Euer armer Vater, er meint das doch nicht so!“

      „Also, blöde kleine Versagerin kann man eigentlich nicht mehr missverstehen“, wandte ich ein. „Karrieregeiler Perversling auch nicht“, steuerte Philipp bei. „Wieso, was hast du gemacht?“, fragte ich interessiert.

      „Die Partnerschaft bekommen. Und das hab ich ihm dummerweise erzählt, als ob´s ihn was anginge. Irgendwie ist Partnerschaft böse. Ach ja, und ich bin immer noch nicht verheiratet. Also ist klar, ich bin vom rechten Wege abgewichen.“

      „Wieso, du könntest doch auch einen schnuckeligen Kerl heiraten?“, fragte ich und registrierte amüsiert, wie sich Mama rosig färbte. „Äh, da sei Gott vor!“, verwahrte sich Philipp. „Haarige Beine im Bett, nein danke.“

      „Kann dir bei einer naturbelassenen Frau auch passieren“, frotzelte ich.

      „Klar, aber wer will schon Natur im Bett?“

      „Sehr aufschlussreich!“ Ich wollte ihn gerade noch ein bisschen weiter hänseln, da riss Papa die Tür zum Arbeitszimmer auf, immer noch dunkelrot im Gesicht. „Ich enterbe dich!“, brüllte er etwas unbestimmt in unsere Richtung.

      „Meinst du mich?“, fragte ich freundlich. „Ich dachte, das hättest du vor zehn Jahren schon gemacht? Tu dir keinen Zwang an, mir ist das egal.“

      „Keinen Pfennig!“, brüllte er weiter.

      „Das heißt keinen Cent“, korrigierte Philipp nicht minder freundlich, „und wenn du ein Gesetzbuch hast, das nach 1945 erschienen ist, würde ich dir raten, da mal unter dem Begriff Pflichtteil nachzuschlagen. Erbrecht, natürlich. So einfach ist das alles nicht – aber wir wünschen dir viel Glück und einen guten Anwalt.“ Die Tür knallte so ins Schloss, dass sich darüber etwas Putz löste und aufs Parkett fiel.

      „Ach je“, murmelte Mama, „das sollte ich wohl besser gleich...“

      „Nein, Mama“, sagte Philipp bestimmt, „du putzt jetzt nicht hinter diesem Durchgeknallten her, du kommst jetzt mit, was essen. Im Klosterbräu ist es nett, warst du da schon mal?“

      „Nein, natürlich nicht“, antwortete Mama, die sich augenscheinlich heftig nach ihrem Kehrbesen sehnte, „du weißt doch, dass euer Vater nicht gerne essen geht.“

      „Und du?“, fragte ich zornig, „gehst du auch nicht gerne essen?“

      „Ich weiß es schon gar nicht mehr“, antwortete sie und sah richtig sehnsüchtig drein – wegen des Essengehens oder wegen des Kehrbesens? „Warum spielt es nie eine Rolle, was du willst?“, fragte Philipp. „Widersprich ihm doch mal! Oder hast du Angst vor ihm? Willst du hier raus? Wir helfen dir, gell, Isi?“

      „Klar“, bestätigte ich sofort.

      „Lieb von euch. Ihr seid doch meine Guten, egal, was euer Vater sagt. Aber wirklich, er meint es nicht so. Und ich hab keine Angst vor ihm, eher um ihn – nicht, dass er sich mal in einen Schlaganfall reinsteigert. Wisst ihr, er hat einfach Sorge um euch, er möchte euch sicher und versorgt sehen. Und so lange ihr nicht in ordentlichen Familien lebt...“

      „Sollen wir reich heiraten oder was?“, fragte ich verdutzt. „Himmel, Philipp ist Anwalt, und ich bin doch auch bald fertig und dann finde ich schon was, reicht das denn nicht?“

      „Ach, Isi, du weißt doch, was er sich für dich wünscht!“

      „Ja, einen Mann, der mich anschreit und rumkommandiert, so wie er dich. Glaubt er, Weiber brauchen das, ja? So was will ich wirklich nicht haben. Mensch, Mama, lass dich doch scheiden, das ist doch kein Leben!“

      „Scheiden lassen? Warum denn? Ich hab mein Haus und er ist den ganzen Tag nicht da. Und das Gebrüll, das höre ich schon gar nicht mehr. Außerdem – naja, ich mag ihn schon immer noch. Das versteht ihr eben nicht.“ Nein, wirklich nicht - wir schüttelten unisono den Kopf. Unbegreiflich! Nachdem wir es noch ein letztes Mal vergeblich versucht hatten, gingen wir alleine in den Klosterbräu, wo wir uns an einem Ecktisch niederließen und uns stumm ansahen.

      „Was für eine Ehe!“, sagte Philipp schließlich. „Und da wundern sich die beiden, dass wir nicht in ihre Fußstapfen treten wollen? Ja, glauben die ernsthaft, ich brauche so ein Hascherl, das mir dauernd Recht gibt, scheu durchs Haus schleicht und dann den Kindern erklärt, dass Papa es nicht so gemeint hat?“

      „Ich dachte, du hättest solche Hascherl?“

      „Dumm sind sie, aber selbstbewusst! Die dürfte ich nicht so anreden wie Papa es mit Mama macht. Und eine Frau, bei der ich so was dürfte, würde ich wirklich nicht wollen.“

      „Na gut. Wenn mich einer so anquatscht, ist es auch sofort aus.“ Ich griff nach der Speisekarte – Familienknatsch machte hungrig. „Hat dich schon mal einer so angequatscht?“, erkundigte sich Philipp und zündete sich eine Zigarette an. Ich klaute ihm sofort eine, schließlich verdiente er zehnmal so viel wie ich. „Ja, Wolfi hatte mal so Anwandlungen. Erst hab ich zurückgeblafft, und das war gar nicht so einfach. Ehrlich, ein Teil von mir wollte doch glatt den Kopf einziehen und herumschleichen, das mütterliche Vorbild eben. Na, und als das Zurückschreien nichts mehr gebracht hat, bin ich ausgezogen. War ohnehin besser so, er war eigentlich ein ziemlicher Arsch. Die Sorte, die man zum Kotzen findet, wenn das erste Feuer weg ist.“

      „Solche, mit denen man nicht ums Verrecken befreundet sein möchte, klar. So Frauen kannte ich auch schon.“ Er seufzte. „Aber wie holen wir Mama da raus?“

      „Schaffen wir nicht“, meinte ich. „Sie mag ihn doch. Frag mich nicht, warum. Sag mal, du bist doch älter als ich... war er eigentlich immer schon so?“

      „Nein, so