Tödliches Monogramm. Elisa Scheer

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Название Tödliches Monogramm
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737562591



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Bankier sein. Ich las das erste Kapitel, machte mir zunehmend ungehalten Notizen, blätterte den Rest durch und las den Schluss. Der blonde Held hatte gesiegt und alle dunkelhaarigen Schurken überführt.

      „Und, wie ist es?“, fragte Xenia.

      „Ein bisschen Soll und Haben und ein bisschen Stürmer. Widerwärtig. Und verdammt viele Grammatikfehler. Wenn einer schon so ekelhaft deutschtümelnd drauf ist, sollte er doch wenigstens vor der deutschen Grammatik Respekt haben, wenn schon nicht vor den Menschenrechten.“

      „Absage. Du kannst ruhig was Böses dazu schreiben, aber zeig´s mir dann. Warum geht Rechtsradikalismus eigentlich immer mit bodenloser Dummheit Hand in Hand?“

      „Weil die Ideologie schon so bescheuert ist? Aber ganz stimmt das auch nicht. Wenn man an diese Nazibagage damals denkt, so richtig schlicht gestrickt waren die alle leider auch nicht, sonst hätten sie wohl kaum so viel geschafft.“

      „Auch wieder wahr. Aber dem sagen wir ab, solchen Mist verlegen wir nicht.“

      Ich verfasste einen subtil unverschämten Absagebrief, las ihn bewundernd durch und reichte ihn dann Xenia, die sich ein anderes der Manuskripte vorgenommen hatte. Sie pfiff vergnügt, als sie ihn durchgelesen hatte. „Sehr gut. Und raus damit. Hach, ist das eine Wonne! Vor dir hatten wir hier eine, die konnte so was nicht selbst, der musste ich alles diktieren. Und die Tatsache, dass jemand ein richtiges dickes Manuskript verbrochen hatte, fand sie so beeindruckend, dass sie nie etwas hätte ablehnen können.“

      „Da steckt doch so viel Mühe drin?“

      „Kennst du die? Genau. Mühe alleine garantiert aber noch keine Qualität und verkauft sich auch nicht. Wie bei Magnus in der Schule: Ich hab aber doch so viel gelernt, wieso hab ich dann eine Fünf?

      Ich kicherte. „Oder jetzt grade eben, die Olympiabewerbung von Leipzig: Wir haben unser Bestes getan und alle Vorgaben so gut wie möglich erfüllt, wieso kriegen wir nicht den Zuschlag? Das Beste ist eben manchmal nicht gut genug.“

      „Deutsche Winselei oder spätpubertäre Reste, schwer zu entscheiden. Jedenfalls braucht man hier eine gewisse Härte, sonst vertut man sinnlos die Zeit der Lektoren. Die sollen ja bloß die Crème de la crème lesen und ansonsten die vorhandenen Autoren betreuen. In den Hintern treten und trösten, abwechselnd. Den Schotter müssen wir schon vorher aus dem Weg räumen. Oh Mist! Alexander hat um sechs noch einen Termin, ob er daran gedacht hat?“

      Sie griff zum Hörer; ich steckte mir das Regency-Machwerk in die Tasche und packte den restlichen Stapel auf meinen Schreibtisch, so dass man den Besprechungstisch entstauben konnte.

      Sehr ordentlich! Auch Xenia sah sich billigend um: „Schaut schon viel besser aus, und das nach einem Tag! Mal sehen, was wir morgen alles schaffen. Wenn du noch bei Kräften bist, nehmen wir uns diese beiden Klarsichthüllen noch vor, und dann gehen wir nach Hause. Dann hast du fünfeinviertel Stunden gearbeitet, das sind immerhin zweiundfünfzigfünfzig.“

      Damit war ich sehr einverstanden. Die Klarsichthüllen enthielten je ein, zwei Briefe, die in die Akten gehörten, und eine Menge alberner Werbung. Im Handumdrehen war alles leer, die Hüllen kamen in den Materialschrank und wir sahen uns zufrieden an. „Die Hängeakten sind zum Teil ganz schön voll“, schlug ich vor, „vielleicht kann ich morgen einiges in die Ordner packen?“

      „Au ja, das wäre wirklich mal eine Erleichterung“, seufzte Xenia und packte Kram in ihre Tasche. „So, für heute war´s das. Super, ehrlich. Mit dir kann man prima zusammenarbeiten.“

       VIII

      Mein Hochgefühl – ich war ja so kompetent! – sank in sich zusammen, als schon wieder Olaf in der offenen Wohnungstür lehnte. Wer neben solchen Leuten wohnte, konnte gar nicht wirklich kompetent sein.

      „Was ist jetzt schon wieder?“, fragte ich mürrisch. „Und könnt ihr bei euch nicht mal ein Fenster aufmachen? Aus eurer Bude stinkt´s immer dermaßen ins Treppenhaus, ist euch das nicht peinlich?“

      „Thilos Socken und Hubis verschwitzte T-Shirts“, antwortete Olaf gelassen, „ich pflege dann doch noch gelegentlich zu duschen und die Kleidung zu wechseln.“ Ich warf ihm einen betont angewiderten Blick zu. „Ach ja? Irgendwie scheinst du aber auch immer dasselbe anzuhaben.“

      „Das Gleiche, nicht dasselbe“, korrigierte er mit dem üblichen milde-öligen Lächeln. „Weißt du, wenn du eines Tages mal deinen Stil gefunden hast, wird es dir auch so gehen.“

      „Dass ich dann mit ein- und demselben Hemd jahrelang auskomme? Kaum. Ihr seid wirklich unappetitlich.“

      „Isilein, mir scheint, du wirst alt und spießig. Als nächstes wäschst du porentief rein und glaubst den Verheißungen der Putzmittelwerbung.“ Er grinste unverschämt.

      „Woher kennst du denn ein Wort wie porentief? Du ziehst dir wohl heimlich auch die Werbung rein, was?“

      Das Grinsen verschwand, aber bevor ihm etwas Vernichtendes einfiel, drängte Thilo ihn beiseite. Ich betrachtete ihn mit Bedauern – er musste mal ein richtig hübsches Kerlchen gewesen sein, aber mittlerweile war er nicht nur ziemlich verwahrlost, sondern er alterte auch verflixt schnell: Das Kinn wurde schlaff, er bekam schon ein Bäuchlein (Joints machten ja nicht dick, aber die vielen Bierchen auf der Couch!) und seine Haut wirkte teigig und großporig. Ich dachte porentief und musste kichern.

      „Leih mir mal schnell ´nen Hunni“, forderte Thilo mich auf, und ich musterte ihn nun eher erstaunt. „Zuviel gekifft? Wie käme ich dazu?“

      „Na, du hast doch jetzt den fetten Job, oder?“

      „Woher weißt du das denn schon wieder?“ Das war doch die Höhe!

      „Ich hab meine Quellen...“ Er lächelte tückisch.

      „Pass mal auf, Herzchen“, begann ich und hoffte, dass meine Stimme bedrohlich klang, „erstens, das ist mein Job und mein Geld. Wenn du Geld brauchst, such dir gefälligst selbst ´nen Job. Leichenwaschen in der Anatomie soll gut bezahlt werden und man braucht keinerlei Vorkenntnisse. Zweitens hab ich noch gar kein Geld gekriegt, heute war mein erster Tag, wie dir deine zweifelhaften Quellen bestimmt auch verraten haben. Und drittens ist ein Hunni der Verdienst von zwei Tagen, wie käme ich dazu, dir so was in den Rachen zu schmeißen? Denn viertens kann man dir nichts leihen, nur schenken, du zahlst doch nie was zurück.“

      „Ich krieg übrigens noch einen Fuffi von dir, um in deiner Terminologie zu bleiben“, merkte Olaf sanft an, und Thilo schoss ihm einen giftigen Blick zu.

      „Aber ich bin total pleite!“, jammerte er dann und probierte den Hundeblick. Dazu brauchte man aber leider dackelbraune Augen, keine wasserblauen, vom Kiffen verschleierten. Null Wirkung.

      „Mir kommen die Tränen“, spottete ich und kramte nach meinem Schlüssel. „Such dir endlich einen Job, die anderen arbeiten doch auch. Ich weiß zwar nicht, was Olaf so treibt, aber wenigstens schnorrt er nicht alle Welt an.“

      „Das nagt an dir, was?“ Olaf zwinkerte mir vergnügt zu. „Pass auf, ich gebe dir einen kleinen Tipp: Im weitesten Sinne geht es um Verkauf.“

      „Schon klar, du dealst im Prom´s oder sonst wo mit Ecstasy“, folgerte ich und schloss meine Tür auf. Während ich noch die saubere Luft aus meiner Wohnung begierig einatmete, säuselte Olaf: „Das trifft mich tief, dass du eine so üble Meinung von mir hast.“

      Thilo versuchte es anders: „Wenn du mir jetzt nichts leihst, komm ich morgen in deinem Verlag vorbei und sag, ich bin dein Macker.“

      „Untersteh dich!“, schnauzte ich ihn an. „Ich sag am Empfang, dass du ein gesuchter Gauner bist und dass sie die Polizei holen sollen!“

      „Haha. Vortäuschung einer Straftat!“, triumphierte er.

      Ich drehte mich um. „Wieso Vortäuschung? Du erpresst mich doch gerade, oder? Olaf hat´s gehört!“

      „Ich könnte