Tödliches Monogramm. Elisa Scheer

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Название Tödliches Monogramm
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737562591



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sie leise und nachdrücklich ins Telefon sprach. Sobald sie wieder aufgelegt hatte, sah sie mich sinnend an und ich wurde ganz nervös.

      „Drei Nachmittage in der Woche? Ablage, allgemeiner Krempel, ab und an mal was schreiben?“

      „Super!“ Ich konnte es noch kaum glauben. „Wann kann ich anfangen?“

      „Morgen, wenn Sie wollen. Sagen wir, Montag, Mittwoch, Donnerstag?“

      Die blöden Vorlesungen waren nicht so wichtig, die wurden eben gestrichen. Drei Nachmittage – das waren ja bestimmt... „Wie viel würde ich denn verdienen?“

      „Netto etwa zehn Euro die Stunde, also hundertfünfzig die Woche. Hängt von Ihrer Steuerklasse und Ihren sonstigen Einkünften ab. Vielleicht wird sogar eines Tages mehr daraus. Im ersten Stock bei Frau Fries können Sie Ihre Unterlagen abgeben. Tja...“

      Sie erhob sich und kam um den Schreibtisch herum – und ich sah, dass sie ziemlich schwanger war. „Willkommen an Bord!“ Dann bemerkte sie anscheinend meinen Blick, der auf ihren Babybauch gerichtet war, und sie lachte. „Keine Chance! Ich komme nach dem Mutterschutz sofort zurück, mein Mann geht auf Teilzeit. Meinen Job kriegen Sie nicht – aber der Saustall bietet locker Platz für zwei.“ Ich lief rot an und versicherte hastig, dass ich natürlich nicht auf ihren Job scharf war, aber sie lachte bloß noch mehr. „Also, bis morgen. Ich werde Sie schon schuften lassen, keine Sorge.“

      Göttlich! Ein Job in einem Verlag, davon hatte ich immer schon geträumt!

      Zufrieden eilte ich nach Hause. Verlag und Weinzierl – davon konnte ich erstmal ganz gut leben, und wenn ich mit der Promotion durch war, würde ich mich bei W&L unentbehrlich machen, und dann... eine herrliche Zukunft tat sich da auf. Diese Frau Kasparek schien auch ganz glücklich zu sein, toller Job, Baby im Anmarsch, netter Mann – ein Mann, der freiwillig auf Teilzeit ging, wo gab´s denn so was! Nein, kein Neid. Ich wusste noch nicht mal sicher, ob ich so was haben wollte, und wenn, dann würde ich mich zu gegebener Zeit umschauen, ich war schließlich noch keine dreißig.

      Natürlich hing Olaf in der Tür, als ich nach meinem Schlüssel kramte, und war schleimig wie eh und je.

      „Ich dachte, du hast einen Job“, äußerte ich missvergnügt. „Wieso hängst du schon wieder hier herum, am helllichten Tag? Oder ist der Job doch eher von der Sorte, der man besser im Schutze der Dunkelheit nachgeht?“

      „Es ist immer nett, wenn die Leute so positiv von einem denken“, lobte er und grinste. „Vor allem, wenn sie noch so pointiert zu formulieren verstehen.“

      „Brich dir nichts ab“, fiel ich stilistisch aus der Rolle und schloss endlich auf. „Und mach mal dein Hemd zu, du erkältest dich noch.“

      „Irritiert dich der Anblick?“

      Mitleidig betrachtete ich die weiße, unbehaarte, magere Brust. „Ich steh nicht auf tuberkulöse Dichter. Bild dir bloß keine Schwachheiten ein.“

      Er verzog den Mund. „Von dir hätte ich mehr erwartet als das Sabbern nach muskelgestählten und sonnenbankgebräunten Beaus. Wahrscheinlich hast du alle Folgen von Baywatch auf Video.“

      „Wahrscheinlich“, stimmte ich zu und schloss meine Wohnungstür. Blöde Made! Der hielt sich aber doch wohl nicht ernsthaft für sexy? So was weckte doch höchstens den Mutterinstinkt! Junge, zieh dich wärmer an, nimm deinen Lebertran, iss mal ordentlich, lass dir die Haare schneiden, wasch dich mal wieder...

      Nein, unfair, er roch nicht ungewaschen, jedenfalls nicht bei diesem Sicherheitsabstand. Der mit der leichten Schweißfahne war Hubi, und Thilo sollte seine Schuhe auch besser einsprühen, am besten mit so einem Fichtennadelbrutalzeug, bevor er sie ins Treppenhaus stellte.

      Ich hatte bloß gar keinen Mutterinstinkt, dafür war ich wirklich noch zu jung. Aber vielleicht sollte ich den Maden doch mal irgendein Geruchskillerzeug vor die Tür stellen, nur so als subtile Beleidigung?

      Wahnsinnig subtil, dafür musste ich meine Kröten auch nicht rausschmeißen. Lieber Sandra anrufen und heute Abend den neuen Job feiern!

      Zuerst aber klingelte mein Telefon, als ich gerade meinen Kleiderschrank inspizierte und überlegte, was ich im Verlag anziehen sollte, um diskret meine Eignung zu einer schwindelerregenden Karriere anzudeuten. Blazer, am besten. Und anständige Jeans. Kostümchen wären zunächst überzogen, noch war ich als Aushilfe für die Ablage vorgesehen. Zwei Blazer hatte ich, und ich kontrollierte gerade ihren Zustand, als ich von dem schrillen Läuten gestört wurde.

      Petra war wie üblich ausgesprochen aufgeregt: „Stell dir bloß vor!“

      „Ich stell mir gerne alles vor“, antwortete ich ergeben, „aber was denn?“ Mit der freien Hand blätterte ich weiter durch meine Oberteile. Nicht viel Gescheites... Der Schrank war doch noch nicht perfekt…

      „Ich hab mich doch bei diesem komischen Laden da vorgestellt!“

      „Hm“, machte ich, weil ich a) längst vergessen hatte, wo sie sich genau vorstellen wollte, und b) ein gestreiftes Hemd entdeckt hatte, das noch ziemlich brauchbar aussah. „Und, wie war´s?“

      „Ich sag dir! Die spinnen doch total. Erst waren ihnen meine Unterlagen nicht gut genug.“ Kunstpause – ich hatte mich zu wundern, und ich tat es auch brav: „Wieso denn? Wir haben die Mappe doch mal zusammen hergerichtet!“

      „Ja, eben. Ich meine, der blöde Kaffeefleck drauf, das ist doch wirklich nicht so tragisch, aber da haben sie schon rumgezickt. Und dann hatte ich vom letzten Job kein Zeugnis, ich meine, wozu denn, ich war da bloß ein halbes Jahr, und so, wie die gemeckert haben, hätten sie mir doch sowieso nichts so Tolles geschrieben. Na, egal. Jedenfalls haben sie ein Gesicht gezogen, soo lang. Und dann der Arbeitsplatz, grausam!“

      „Wieso? Werden die Leute angekettet oder was?“

      „Großraumbüro! Und das mir! Du weißt doch, ich kann so nicht arbeiten, immerzu die Geräusche, und dann die Ausdünstungen von all diesem Elektroschrott. Könntest du auch nicht, oder?“

      „Doch“, bekannte ich, „mir macht das nichts. Und so wählerisch kann man auch gar nicht sein. Heute nicht mehr. Wenn du so nicht arbeiten kannst, sagen die sich doch bloß Okay, eine andere wird schon können.“

      „Woher weißt du das?“ Petra war von den Socken. „Genau das hat dieser komische Kerl gesagt!“

      „Das hätte jeder gesagt“, seufzte ich und stellte fest, dass in dem schönen dunkelblauen Lambswoolpullover, den ich schon seit der Schulzeit hatte, doch schon die Motten gewesen waren. Den hätte ich vor kurzem nicht mehr so ordentlich falten müssen. Klasse, ab in den Müll.

      „Die sollen doch froh sein, dass sie mich kriegen!“

      „Petra! Warum denn? Sie können doch Leute kriegen, die mehr arbeiten, weniger meckern und weniger Gehalt verlangen. Und morgens obendrein pünktlich antreten. Warum dann dich?“

      „Ich dachte, du bist meine Freundin“, entgegnete sie wenig folgerichtig und ziemlich beleidigt. „Eben“, antwortete ich geduldig. „Wer soll dir denn sonst die Wahrheit sagen? Wir haben eine Wirtschaftskrise, es gibt mehr Bewerber als Jobs, also musst du bieten, was gewünscht wird. Und so pflegeleicht warst du bisher ja nun nicht.“

      Sie murrte vor sich hin. „Aber ich muss doch einen Job haben!“

      „Niemand wird dich einstellen, bloß weil du Geld brauchst. Sie stellen dich nur ein, wenn du was zu bieten hast. Wenn du das nicht willst, bleibt dir nur noch eins.“

      „Nämlich?“ Sie war immer noch beleidigt, schien aber auf eine weniger anstrengende Alternative zu hoffen.

      „Reich heiraten“, antwortete ich und erntete ein entzücktes Quietschen. Was hatte sie denn jetzt?

      „Der Typ, der mich dann nicht eingestellt hat, der hat mich aber nach meiner Telefonnummer gefragt! Und am nächsten Abend sind wir essen gegangen, ins La Vie!“

      „Toll“, lobte ich und überlegte