Название | Schöne Festtage |
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Автор произведения | Elisa Scheer |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783737548007 |
„Nur weil du so dummes Zeug geredet hast!“
Ich knallte den Trivial Pursuit - Kasten auf den Tisch. „Dir wird ich´s zeigen, Bürscherl. Los!“
In Windeseile hatten wir alles aufgebaut, stritten noch kurz um den gelben Spielstein, bis er nachgab und sich mit dem grünen zufrieden gab, und würfelten darum, wer anfangen durfte. Das Spiel eignete sich gar nicht für uns: Bei jeder zweiten Frage gerieten wir uns in die Haare. Entweder war sie falsch gestellt, oder eine völlig andere Antwort war genauso richtig – und überhaupt hatte er gar keine Ahnung. Leider behauptete er von mir das gleiche.
Er gewann knapp. Ich handelte ihm noch einen Zug ab und sicherte mir dann auch das letzte Eckchen, also hatte ich fast gewonnen, wenn Tarek das auch nicht zugeben wollte. Wir hassten uns noch mehr, aber ich hatte mich eigentlich ganz gut amüsiert. Er räumte das Spiel weg und ich sah auf die Uhr. Halb zehn...
Es wurde langsam finster, die Kerzen gingen auch zur Neige. Ich stellte zwei Teelichte auf ein Blechtablett und entzündete sie. Dann sah ich Tarek an. „Danke.“
„Wofür?“ Er wirkte richtig verblüfft.
„Das Spiel war lustig. Ich habe tatsächlich eine Zeitlang vergessen, in welcher blöden Situation wir uns hier befinden.“
„Ich auch. Und da es dein Spiel ist, muss ich mich eigentlich bei dir bedanken.“
Ich winkte ab und stand auf. „Ich gehe schlafen. War ein hektischer Tag.“
„Ein hysterischer Tag?“
Ich drehte mich um und sah ihn mit unbewegtem Gesicht an, bis er leicht errötete. „Das auch“, nickte ich dann. „Gute Nacht!“
Diese Nacht war womöglich noch kälter. Das Schlafkammerfenster war eindeutig nicht gut isoliert. Vielleicht sollte ich es morgen mit Schneebällen abdichten? Ich wickelte mich nach der Katzenwäsche zitternd in meine Decke und legte meine Klamotten noch obendrauf. Das Ergebnis war, dass ich in der Nacht abwechselnd fror und schwitzte und gegen acht ziemlich froh war, als ich wieder aufstehen durfte.
Das eiskalte Waschwasser war eine Zumutung, aber ich konnte hier schließlich nicht herummüffeln. Also biss ich die Zähne zusammen und schrubbte mich frierend von Kopf bis Fuß, dann schlüpfte ich wieder in extra warme Klamotten. Heute war Silvester... Schöne Scheiße! Na, vielleicht gelangten wir ja zu Fuß nach Neufinsterbach. Wenigstens mal was Gescheites essen! Vor meinem geistigen Auge erschien eine Fata Morgana – ein Wiener Schnitzel, so groß, dass es über den Teller lappte, dazu ein Berg Pommes und ein giftorangefarbenes Limo wie in meiner Kindheit im Salzkammergut-Urlaub. Wahrscheinlich war das Zeug wegen der Farbstoffe längst verboten worden... Und einen Apfelstrudel mit Vanilleeis. Ich sabberte fast bei dem Gedanken.
Noch die dicken Stiefel, dann konnte ich wieder mal Holz holen gehen. Ach, etwas war noch da! Ich benutzte Dianas veraltete Geständnisse zum Feuermachen und schaute dann nach draußen. Es hatte nicht mehr so viel geschneit, aber es war deutlich kälter geworden. Ein bleigrauer Himmel hing über der gleichförmig weißen Szenerie, und der Schnee glitzerte im Morgenlicht und knackte bei jedem Schritt. Mindestens zehn Grad unter null, schätzte ich. Ich lud den Korb voller Scheite. Etwa zwanzig blieben noch übrig, für Neujahr und den zweiten Januar. Danach würde es eng werden... Ich kam mir vor wie in einem Katastrophenfilm der amerikanischen Sorte, wo dann alle hysterisch in ihre Autos sprangen und die Highways verstopften bzw. sich auf dem Flughafen mit Waffengewalt ein Ticket erzwingen wollten. Eis – wenn die Welt erfriert: Hatte dieser grottenschlechte Film nicht so geheißen? Und war ich gestern nicht genauso hysterisch gewesen wie die Weiber in diesen Filmen, die ich wegen ihres sinnlosen Gekreisches und Geflennes immer so verachtete, wenn ich auf meinem weichen Sofa saß?
Heute musste ich mich unbedingt zusammenreißen!
Ich trug das Holz hinein und kochte Kaffee.
Mit dem Becher vor mir setzte ich mich an den Tisch und schlug meinen Filofax auf. Als ich eine freie To-Do-Liste gefunden hatte, trug ich alle meine Visionen von einem schönen Leben ein – Schnitzel mit Beilagen, Apfelstrudel, ein duftendes Schaumbad, ein Schaufensterbummel, ein gepflegter Videoabend, telefonieren, so viel man will, Karen und Silke brutal zusammenfalten, eine heiße Nudelsuppe mit Backerbsen... die Seite wurde mühelos voll.
„Was schreibst du da?“
„Du bist schon auf?“
„Ich stehe normalerweise früh auf, gestern war ich nur von vorgestern so fertig, heißer Abend... Und was schreibst du jetzt da?“
„Worauf ich mich freue, wenn ich wieder zu Hause bin. Du kannst es gerne lesen...“
Er überflog es und lachte, während er sich Kaffee einschenkte und mir einen Müsliriegel zuwarf. „Wiener Backhendl...“ Er schloss ekstatisch die Augen. „Und Karen und Silke sagen, dass wir wegen ihnen hätten verhungern können. Weder Chips noch Müsliriegel standen auf der Liste, ist dir das klar?“
„Stimmt.“
„Stundenlang ganz heiß duschen. Die Wascherei hier ist fast zuviel für meinen inneren Schweinehund." Ich kicherte zustimmend.
„Mit dem Auto herumfahren – auf freien Straßen.“
„Paar Omas schubsen?“
„Genau. Ich bin schließlich ein Rockertyp.“
„Daran musst du noch ein bisschen arbeiten. Wo ist der Bierbauch? Und vorne müssen die Haare ab!“
„Ich bin doch kein Vokuhila – womöglich mit Oliba?“
„Das war das erste, was ich dachte, als ich hier hereinkam. Ich hatte ja nur das Flanellhemd und den Pferdeschwanz gesehen... und das Auto“, lachte ich.
Er stellte seine Tasse hart ab. „Herzlichen Dank. Du bist wirklich doof!“
Er verschwand im Schlafzimmer, kam aber bald wieder. Dort war es wohl sogar ihm zu kalt.
„Willst du wissen, was ich zuerst dachte?“
„Ich bin mir nicht so sicher, aber sprich dich ruhig aus!“
„Ich dachte, eine typische High-Society-Zicke, Prinzessin auf der Erbse, hat immer was zu meckern.“
„Hm, immer was zu meckern stimmt wohl – aber wieso High-Society-Zicke? Sehe ich so aus?“
„Du gucktest so arrogant.“
„Woher willst du das wissen? Du hast dich doch gar nicht umgedreht!“
„Das hab ich schon an der Stimme gehört. Sofort unzufrieden!“
„Ja! Ich hab ja noch in Neufinsterbach überlegt, ob ich nicht wieder heimfahren soll. Ich hatte gar keine Lust auf die Hütte.“
„Warum hast du´s nicht gemacht?“
„Wenn alle anderen hier sind? Ich wollte doch Silvester feiern, schließlich ist heute Nacht das richtige Millennium!“
„Vielleicht schaffen wir´s noch. Hier gibt´s ja nicht mal Sekt. Wie wär´s mit einem Spaziergang? Versuchen wir, nach Neufinsterbach durchzukommen, vielleicht geht dort dein Handy.“
„Sehr gut. Und wenn wir´s schaffen – können wir dort vielleicht was essen gehen?“
„Schnitzel und Backhendl – und eine heiße Suppe?“
„Dafür könnte ich einen Mord begehen.“
„Na, dann komm – und vergiss Geld und Handy nicht!“
Ich warf mich in meinen Anorak, füllte die Taschen und wickelte mir noch einen Schal um. Handschuhe... ach, da.
„Fertig!“
Wir kamen recht gut voran, kletterten über unsere Grabungsarbeiten von gestern und über die Wurzeln des umgestürzten Riesenbaums, an dem man mit dem Auto so bald nicht vorbeikäme.
„Obwohl... vielleicht könnte man