Schöne Festtage. Elisa Scheer

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Название Schöne Festtage
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737548007



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      „Und wenn es noch mehr schneit?“

      „Dann haben wir Pech gehabt. Ich mach dir einen Vorschlag.“

      „Ja?“

      „Wenn es morgen noch schlimmer ist, zünden wir vor der Hütte ein großes Feuer an, das sieht man vielleicht unten im Dorf – wenigstens den Rauch.“

      „Gut. Warum können wir es heute nicht mehr zu Fuß versuchen?“

      „Nora, du bist albern!“

      „Ach ja?“, fuhr ich auf. Nicht nur, dass er mich ungefragt duzte, er behandelte mich auch noch wie ein kleines Kind!

      „Ja! Es ist fast drei Uhr! In einer halben Stunde wird es langsam dunkel. Willst du im Dunkeln über Lawinenabgänge und umgestürzte Bäume klettern?“

      „Nein“, gab ich ungern zu.

      „Also, fahren wir in die Hütte zurück, ja?“

      „Wenn es sein muss“, murrte ich.

      „Schau, wir haben noch genug Holz und auch Kerzen und etwas zu essen. Bis morgen halten wir es noch aus.“

      Er warf die Spaten auf den Rücksitz und bugsierte mich in seinen Jeep. Frustriert starrte ich auf die beschlagene Scheibe, während er vorsichtig wendete und zur Hütte zurückfuhr.

      Drinnen war es wenigstens warm und trocken. Das Feuer brannte noch, aber es war leider die einzige Lichtquelle. Eigenartig – einen Elektroherd gab es, aber kein anständiges Licht. Und Petroleum für die Lampen hatte nicht auf unseren Listen gestanden. Egal – es hätte sicher auf der Liste von jemand anderem gestanden und wäre jetzt ohnehin nicht verfügbar, genauso wie etwas Anständiges zu essen. Tarek ging mit der Taschenlampe nach draußen und nahm den Korb mit. Nach zehn Minuten kehrte er mit grimmiger Miene zurück.

      „Das mit dem Notruffeuer können wir vergessen, fürchte ich.“

      „Warum?“

      „Es ist gar nicht mehr so viel Holz da. Wenn wir sparen, reicht es gerade bis Neujahr, aber wir können es nicht für einen Scheiterhaufen verschwenden. Jetzt weiß ich auch, warum Kaminholz auf dem Merkzettel stand.“

      „Ja, für Karen und Jens. Toll. Die sitzen jetzt gemütlich zu Hause.“

      „Oder unten in Neufinsterbach im Wirtshaus, je nachdem, wie weit sie schon waren, als der Sturm anfing. Morgen versuchen wir´s zu Fuß.“

      „Vor Mittwoch wird mich keiner vermissen“, sagte ich kläglich, „am Dienstag hab ich doch noch frei. Und wer denkt dann an diese Hütte?“

      „Arbeitest du nicht mit Silke zusammen? Sie kann es sich doch denken!“

      „Hoffentlich...“

      „Komm, versuchen wir das Naturleben zu genießen, denk nicht immer an die Zivilisation zurück!“

      „Ganz schön schwer. Außerdem hab ich Hunger.“

      „Ich auch. Chips gefällig?“

      „Gerne“, seufzte ich, „was sollen wir auch sonst essen? Dass sich in diesem Küchenschrank nicht wenigstens ein paar abgelaufene Packerlsuppen finden lassen!“

      „Ich warte ja bloß noch darauf, dass auch noch der Strom ausfällt, dann können wir nicht einmal mehr Kaffee kochen.“

      „Mal den Teufel nicht an die Wand“, sagte ich erschrocken. Er lächelte. „Jetzt hast du mich zum ersten Mal geduzt!“

      „Ja, sorry. Übrigens hätte ich dir das Du anbieten müssen, glaube ich.“

      „Warum?“

      „Immer die Dame. Und ich bin bestimmt älter als du.“

      „Blödsinn“, antwortete er unwirsch und kippte den Inhalt der Chipstüte in den Suppenteller von gestern.

      „Doch, die Dame dem Herrn, oder der Vorgesetzte dem Untergebenen. Hab ich mal gelernt, ich glaube, in der Tanzstunde.“

      „Du bist nicht älter als ich. Du bist sogar recht kindlich, finde ich.“

      „Werd nicht frech! Du bist doch keine Dreißig!“

      „Stimmt. Aber du auch nicht, also gib nicht so an.“

      „Bin ich doch!“, triumphierte ich albern und holte meinen Ausweis aus der Tasche.

      Er starrte darauf. „Tatsächlich! Einunddreißig... So eine alte Schachtel! Aber gut erhalten. Schon das erste Lifting gemacht?“ Ich kochte, sagte aber nichts. Er studierte den Ausweis von vorne und hinten und betrachtete dann genüsslich das Foto. „Scharf – ich würde sagen, Trickbetrügerin...“

      Ich riss ihm den Ausweis wieder aus der Hand und verstaute ihn. Er tätschelte meinen Arm und holte seinen Ausweis heraus. „Da, bitte – auch nicht besser, oder?“

      Ich besah mir das Foto eingehend. „Schwerer Raub in Tateinheit mit Körperverletzung... oder wenigstens wiederholte nächtliche Ruhestörung, schlage ich vor.“

      „Etwas rockermäßig, nicht?“

      „Mhm...“ Ich prägte mir die Fakten ein. 16.4.71. Erst neunundzwanzig...

      „Noch nicht trocken hinter den Ohren, eindeutig.“

      „Dann biete du mir doch das Du an!“

      „Haben wir das nicht schon hinter uns?“

      „Nora, was willst du eigentlich?“ Allmählich nervte ich ihn, ich nervte mich ja selbst.

      „Weiß ich nicht. Du bist der einzige, den ich für unsere missliche Lage bestrafen kann. Oder soll ich rausgehen und gegen die Holzstapel treten?“

      „Besser wär´s. Ich kann schließlich auch nichts dafür. Und Karen werde ich was erzählen, wenn ich sie wieder sehe! Wir hätten uns alle unten treffen und zusammen hinauffahren müssen.“

      „Stimmt. Ich nehme Silke und verhaue Karen damit. Und wenn mir der Arm weh tut, bist du dran...“

      „Nein, ich darf zuerst!“

      „Nein, ich, es war meine Idee!“

      „Ich hab´s zuerst gesagt!“

      Er grinste. „Pass auf, wir treffen uns im Sommer mal auf dem großen Spielplatz im Prinzenpark, ja?“

      „Wozu?“

      „Dann setzen wir uns in die Sandkiste und bewerfen uns mit Sand. Wer zuerst heulend zu seiner Mama rennt, hat verloren, okay?“

      „Okay. Und hoffentlich sehen dich deine Schüler dabei!“

      „Und dein Chef!“

      „Chefin, bitte. Die ist Kummer gewöhnt, die Redaktion besteht nur aus Verrückten.“

      Ich hatte währenddessen den halben Napf Chips verdrückt und verspürte nun großen Durst. Immerhin lief das Wasser noch. Ich kippte einen halben Liter herunter.

      „Spielen wir was? Hast du nicht Trivial Pursuit dabei?“

      „Doch. Aber gegen einen echten Akademiker habe ich keine Chancen.“

      „Das finde ich feig von dir. Dir bleiben doch immer noch die Medienfragen! Und in Geschichte bin ich nicht so toll.“

      „Was gibst du für Fächer?“, fragte ich ihn mit schiefgelegtem Kopf.

      „Rate mal!“

      Mist. Jeden Fehler würde er wahrscheinlich als Beleidigung auffassen, er war mindestens so zickig wie ich.

      „Also... auf jeden Fall Sport...“ Er nickte.

      „Und dazu noch... Mathematik?“

      „Dein letztes Wort?“

      „Ja.“

      „Alles falsch! Biologie, Chemie und Erdkunde.“