Schöne Festtage. Elisa Scheer

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Название Schöne Festtage
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737548007



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komplett. Er steckte seine Karten um und ich legte eine Herz Zwei ab.

      Die konnte er schon einmal nicht brauchen. Die Karte aus dem Stapel offenbar auch nicht, er warf sie verächtlich ab. Ich zog als nächstes tatsächlich die Kreuz Zehn und legte auf. Zwei Karten blieben mir.

      Tarek warf mir einen nervösen Blick zu und nahm eine Karte. Wieder nichts.

      Ich zog eine Herz Dame, legte sie zu den übrigen Karten, warf eine ab und verkündete Letzte Karte.

      „Das dient auch nur dazu, die anderen Spieler nervös zu machen“, murmelte er.

      Ich kicherte. „Und es wirkt, wie man sieht!“

      Seine nächste Karte war offenbar nützlicher, er legte ein Set und einen Run auf und einiges bei meinen Sammlungen an. „Letzte Karte!“

      „Ein echtes Duell“, sagte ich und nahm mir langsam die nächste Karte. Sie passte zu seinem Set. Ich ordnete sie dort ein, schwenkte die verbliebene Karo Vier, verkündete „Letzte Karte!“ und legte sie ab.

      Wieder gewonnen! Er warf mir einen missmutigen Blick zu. Ich sammelte die Karten ein und begann zu mischen.

      „Was machen Sie eigentlich beruflich?“, fragte ich dann während des Austeilens.

      „Ist das nicht klar geworden?“

      „Warum?“ Ich knallte den Stoß in die Mitte und platzierte die oberste Karte aufgedeckt daneben.

      „Nach dieser Feriendebatte? Ich bin Lehrer.“

      „Tatsächlich? So sehen Sie gar nicht aus“, antwortete ich geistesabwesend, weil ich glaubte, schon zwei Runs auf der Hand zu haben. Nein, doch nicht, die Acht war Pik und nicht Kreuz, schade.

      Er seufzte entnervt. „Können Sie nicht einmal erst denken und dann reden? Wie sieht denn ein Lehrer aus?“

      Unverschämter Kerl! „Unsere hatten eher kurze, graue Haare und ein Aussehen, als ruhe die ganze Last der Welt auf ihren Schultern.“

      „Haben Sie Karen auch schon gesagt, dass sie nicht wie eine Lehrerin aussieht?“

      „Nein. So fesselnd fanden wir das Thema nicht. Woher kennen Sie Karen?“

      „Schalten Sie doch mal Ihr Hirn ein“, antwortete er gereizt.

      „Reden Sie nicht mit mir, als sei ich ein minderbemittelter Schüler!“

      „Dann benehmen Sie sich nicht so. Außerdem rede ich mit Schülern nicht so. Aber Sie – Sie haben doch Abitur, oder? Dann könnten Sie doch etwas intelligenter auftreten.“

      Ich warf meine Karten auf den Tisch. „Diese Frechheiten habe ich nicht nötig. Gute Nacht!“

      Türenknallend verschwand ich in der Mädelkammer, wo ich beim Ausziehen möglichst viel Lärm verursachte und kräftig gegen die Betten trat. Dabei schlug ich mir den großen Zeh an und humpelte noch angefressener in das winzige Bad. Kaltes Wasser, toll. Aber das waren eben die Freuden des Hüttenlebens. Hatte ich das notwendig gehabt?

      Fröstelnd lag ich im Bett, weder meine Bettdecke noch mein bodenlanges Flanellhemd schützten mich vor der Kälte. Und dieser blöde Hund da draußen. Unverschämter Lümmel, respektloser Affe, Steißtrommler, rachitischer... Über meiner Wut schlief ich schließlich ein.

      Als ich aufwachte, war es wieder hell, einigermaßen. Und noch kälter, sofern das überhaupt noch möglich war. Ich brauchte eine halbe Stunde, bis ich mich aufraffen konnte, unter der Decke, die noch etwas Restwärme verbreitete, hervorzukriechen. Zitternd rannte ich ins Bad und wusch mich zähneklappernd mit dem eiskalten Wasser, putzte mir die Zähne, wobei ich alle Plomben spürte, zog mich dann so warm an, wie ich konnte – Thermojeans, dicke Socken, Stiefel, T-Shirt, Fleecehemd, Strickpulli – und bürstete meine Haare, bevor ich mir einen Zopf flocht. Gegen die Kälte noch eine Nährcreme ins Gesicht. Ob ich glänzte, war mir egal, aber geplatzte Äderchen brauchte ich nicht.

      Im Gemeinschaftsraum war niemand. Ich setzte erst einmal Kaffeewasser auf und sah mich dann um. Die Spielkarten lagen ordentlich aufgeschichtet auf dem Tisch, quer über dem Abrechnungsblock stand Beleidigte Leberwurst! und das Kaminfeuer war aus. Nun gut! Ich schnappte mir den Holzkorb und öffnete die Haustür. Der Schnee reichte mir bis zum halben Oberschenkel, aber die Sonne schien etwas kraftlos von einem blauweißen Himmel herab. Hinreißende Winterlandschaft!

      Direkt neben der Haustür stand eine Schneeschaufel. Ich setzte sie an und schob die Schneeverwehung beiseite, dann ging ich daran, einen Weg rund um das Haus freizulegen, damit ich zum Holzschuppen gelangen konnte, ohne meine wärmsten Hosen zu durchweichen. Der Schnee glitzerte in der Sonne und blendete mich, und ich geriet ganz schön ins Schwitzen. Zwischendurch sah ich auf die Uhr. Halb elf. Und immer noch niemand da. Noch einen Tag mit diesem Rüpel, und ich würde einen Mord begehen!

      Schließlich schaffte ich es, um die Ecke zu biegen und gelangte damit auf die Wetterseite. Es wurde ja schon wieder grau, der nächste Schneesturm schien im Anmarsch. Schnell legte ich einen Weg zum Schuppen frei, holte den Holzkorb und lud ihn voll. Dann kehrte ich eilig in die Hütte zurück, wo das Wasser schon empört blubberte. Ich goss den Kaffee auf und begann dann damit, ein Feuer im Kamin anzufachen. Als es leise zu knacken begann, stieß ich die Fensterläden auf, so dass es einigermaßen hell wurde, und schippte dann draußen noch ein bisschen weiter – wenigstens bis zu den Autos, die nur noch wie weiße Buckel in der Landschaft standen, kaum dass man die beiden noch voneinander unterscheiden konnte.

      Das war für heute genug Sport, fand ich. Und wenn wirklich schon der nächste Schnee im Anzug war, war die ganze Schipperei ohnehin für die Katz, aber zumindest hatte ich meine Aggressionen abreagiert und mich etwas warm gearbeitet.

      In der Hütte wurde es langsam wärmer, die Flammen im Kamin gewannen an Größe und Kraft und erfassten allmählich auch das Holz, nicht nur die Späne und die Zeitungsknäuel. Ich trank einen Schluck von meinem Kaffee, spülte dann den anderen Becher ab, nahm mir einen Müsliriegel und zwei Scheiben Knäckebrot und skizzierte den nächsten Pullover. Naturweißes Bändchengarn, grobe Netzstruktur, mit Süßwasserperlen bestickt, keine Ärmel, ein tiefer, schmaler V-Ausschnitt... Nein, das war Schwachsinn. Kein Ausschnitt. Die Form so neutral wie möglich... Ich kaute am Buntstift. Statt der Süßwasserperlen lieber Lederbändchen, in der gleichen Farbe? Musste man mit der Hand stricken, die Strickmaschine eignete sich besser für glatte, mehrfarbige Muster und weniger struppiges Garn...

      Das gefiel mir alles nicht!

      Lieber versuchte ich mich an einer Kolumne, Hüttenzauber aus Städtersicht... Ich kritzelte eine halbe Seite mit boshaften Anmerkungen voll, aber dann fiel mir schlagartig nichts mehr ein. Frustriert versuchte ich es noch einmal, aber ich merkte schnell, dass ich mich nur noch wiederholte.

      Ärgerlich schob ich meinen Filofax zur Seite und holte mir die Spielkarten, aus denen ich mir eine schöne große Harfe auf den Tisch legte. Dann war ich eine genussreiche halbe Stunde damit beschäftigt, darum zu kämpfen, dass die Patience aufging. Kurz vor zwölf... Ich schenkte mir noch einen Kaffee ein und schaute danach wieder einmal zur Tür hinaus. Der Schneefall hatte wieder eingesetzt, langsam und stetig, in feinen Flocken. Also war es noch etwas kälter geworden! Vielleicht funktionierte das Handy draußen besser?

      Ich trat wieder vor die Tür und wählte die Nummer von Silke. Nichts. Ich versuchte es noch einmal und wartete dieses Mal, bis das Handy ein Netz fand. Nichts, gar nichts. Hier schien wirklich ein Funkloch zu sein.

      Fröstelnd kehrte ich in die Hütte zurück, legte noch ein Scheit aufs Feuer und wärmte mir die klammen Finger. Was war mit diesem Tarek eigentlich los? Abgehauen war er nicht, höchstens zu Fuß. Seine Safarikiste stand immer noch eingeschneit vor der Tür. Er schlief ja ganz schön lange. Na gut – wer schlief, brauchte nichts zu essen, und die Vorräte waren knapp genug.

      Mir war langweilig. Hatte ich denn gar nichts zu lesen dabei? Oder gab es hier etwas? Ich suchte in den Regalen des großen Raumes herum und fand schließlich eine Klatschzeitschrift. Schlagzeile: Diana sagt die Wahrheit über ihre Ehe. Besser als nichts! Ich studierte sie so gründlich, wie ich