Название | Ich, Sergeant Pepper |
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Автор произведения | Fred Reber |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742781635 |
»Wir bekommen Ärger mit dem Jugendamt, wenn du es übertreibst. Du bist nicht einmal fünfzehn.«
Sie machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. Dann sah ich, dass sie weinte.
»Mama?« Ich fühlte mich schlecht, weil ich sie angelogen hatte. »Ist was mit Robert?«
»Wir haben gestritten«, murmelte sie. »Ich war ziemlich unfair zu ihm.«
»Es wird schon wieder.« Was anderes fiel mir nicht ein.
»So einfach ist das nicht.« Sie wuschelte mir das Haar.
»Ich geh duschen.«
Später, beim Einschlafen, hörte ich sie unten telefonieren. Robert würde am Nachmittag kommen, um mit uns zu kochen, so viel konnte ich Mutters Worten entnehmen. Sie sollten sich bloß wieder versöhnen. Das fehlte noch, dass Mutter jeden Abend zu Hause sein würde, jetzt, wo ich frei und unabhängig sein musste, wenn es mit der Band losging.
In die Melancholie des Klangteppichs kuscheln
Als ich am frühen Nachmittag aufwachte, war es still im Haus. Ich lauschte an Mutters Zimmertür. Schlief sie? Unten in der Küche machte ich mir ein Wurstbrot. Während ich aß, beschloss ich, zu Kevin zu radeln, um meine Gitarre zu holen. Wie konnte ich sie vergessen? Was, wenn Kevin sie nicht herausrückte? So unberechenbar und unbeherrscht wie er war.
Kaum hatte ich die Motorgeräusche wahrgenommen, tauchte im Küchenfenster der Chevy auf, dann Kevin, der mit meiner Gitarre ausstieg.
Ich ließ ihn ins Haus. Er sah sich um. Bevor ich etwas sagen konnte, saß er in einem der Wohnzimmersessel. »Listen«, sagte er und spielte mir eine Melodie vor, die mich sofort packte. Würde ich sie jetzt im Radio hören, würde ich lauter drehen.
Er schien mir anzusehen, wie ergriffen ich war. Ich wünschte, er würde nie mehr aufhören zu spielen, ich könnte mich in die Melancholie des Klangteppichs kuscheln und mich darin verkriechen.
»Als ich vorhin ein bisschen auf deiner Gitarre gespielt habe, war da plötzlich dieser Song. Gemeinsam fällt uns bestimmt ein guter Text dazu ein.«
»Dann strengt euch mal an«, sagte meine Mutter hinter uns. Ich hatte sie nicht herunterkommen hören. An ihrem Hinterkopf sah das Haar vom Schlafen wie verfilzt aus. Sie trug einen knöchellangen, dunkelblauen Seidenkimono, den ich nicht kannte.
Kevin sprang auf, drückte mir die Gitarre in die Hand und machte vor meiner Mutter eine galante Verbeugung. Dabei fischte er nach ihrem Arm, berührte mit seinen Lippen ihren Handrücken und sagte dann: »Kevin Barkley, Ma’m.«
Das wirkte auf mich übertrieben komisch, ich musste lachen. Meine Mutter fühlte sich geschmeichelt, das sah ich ihr an. Mir warf sie einen missbilligenden Blick zu und ging hinüber in die Küche. Da fiel mir meine Lüge von heute Morgen ein. Ich sagte zu Kevin, er solle mit hoch auf mein Zimmer kommen.
»Damn, she looks sexy, do you know?«, sagte Kevin. Ich wusste, dass meine Mutter gut aussah und antwortete: »Du solltest sie erst einmal sehen, wenn sie sich in Schale geschmissen hat.«
»I believe it.« Er schob die Bettdecke beiseite und streckte sich auf meiner Matratze aus, wobei er seine Stiefel auf das Bettgestell hievte. Den Mantel behielt er an, die Arme verschränkte er hinter dem Kopf.
Als er etwas von einer Training Area sagte, kapierte ich nicht gleich, dass er das Haus im Wald als Übungsraum für die Band vorschlug.
»Und da können wir einfach so rein?«
»No Problem.« Das war die Meinung seines Dads.
Er erspähte meine Pepperjacke, die an der Stuhllehne hing. Mit einem Satz war er auf den Beinen. »Is this a Joke?« Er hielt sie vor sich hin, dann sah er mich an. Verlegen presste ich meine Lippen zusammen. Er schüttelte den Kopf. »No, it is‘nt.«
Sein Grinsen machte mich wütend. Ich entriss ihm die Jacke, dabei entdeckte ich im Fenster den Militärjeep, vorne an der Landstraße, neben den ersten Weidenbäumen in der Allee. »Beobachten die uns?« Ich deutete mit dem Kopf hinaus.
Kevin zuckte mit den Schultern.
»Was ist, wenn uns letzte Nacht doch jemand gesehen und erkannt hat?«
»Dann würden sie jetzt herüberkommen und uns verhören.«
Verunsichert starrte ich Kevin an. Er schlug mir grinsend auf die Schulter. »Preppy.«
Ich kannte das Wort nicht, hatte aber das Gefühl, es sei besser so.
Während ich die Jacke im Schrank verschwinden ließ, stürmte Kevin aus dem Zimmer, polterte die Treppe hinunter, verließ das Haus, und ich, wie von einem unsichtbaren Faden gezogen, hinterher. Ich folgte auch seinem Blick zur Allee. Erleichtert sah ich den Jeep unter den Weidenbäumen wenden und ihn die Straße hinauf zur Siedlung fahren.
»Blow it off«, sagte Kevin und ging zum Chevy. Ich wisse ja, wo er wohne, und ich könne jederzeit vorbeikommen.
Wieder im Haus, hörte ich, dass meine Mutter oben Wasser in die Wanne laufen ließ. Die Badezimmertür stand offen. Mutter hatte sich die Haare hochgesteckt. Mit der einen Hand fühlte sie die Wassertemperatur, die sie mit der anderen am Hahn regulierte. Ich wollte wissen, wann Robert kommen würde. Ich durfte ihn seit einiger Zeit duzen. Sie ging nicht auf meine Frage ein, stattdessen sagte sie über die Schulter hinweg: »Ich glaube nicht, dass mir dein Umgang mit dieser Vogelscheuche gefällt.«
»Wenn Matthew einverstanden ist, spielt er in unserer Band.«
Sie kam zur Tür und sah mich an. »Komm mir jetzt nur nicht auf die Idee, dass du alle möglichen Leute hier anschleppen kannst. Wir eröffnen keinen Beatschuppen.«
Einer von denen
Am nächsten Morgen erzählte ich Matthew vor dem Unterrichtsbeginn von meiner Begegnung mit Kevin.
»Der und eine Band gründen?«, fragte Matthew. Etwas Ablehnendes schwang darin mit.
Mit dieser Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Sofort sagte mir mein Gefühl, es sei besser, ihm zu verschweigen, bei Kevin zu Hause gewesen zu sein, und wie ich die Nacht verbracht hatte. Dann fiel mir ein, was Kevin über die Party gesagt hatte. Peggy hätte ihn gerne eingeladen, aber ihr Dad hätte etwas dagegen gehabt.
Ich verlor kein weiteres Wort über Kevin. Sein Vorschlag aber ging mir unentwegt durch den Kopf. Was sprach dagegen, wenn wir uns das Haus im Wald als Übungsraum einrichteten? Matthews Dad konnte es egal sein. Was ging es ihn an, wer in meiner Band spielte? Matthew sollte sich nicht beeinflussen lassen.
Kevin meldete sich nicht, und ich ärgerte mich, dass ich ihn nicht erreichen konnte. Seine Nummer suchte ich aus dem Telefonbuch heraus. Nie hob jemand ab. Wenn das Aprilwetter es zuließ, es nicht schneite oder regnete, radelte ich ins Village. Doch ich hatte einfach Pech, ich traf niemanden an. Zudem wurde ich das Gefühl nicht los, dass die Militärpolizei doch etwas von der Nacht wusste, die ich mit Kevin verbracht hatte, dass sie mich beschatteten. Es konnte kein Zufall sein, dass seit Tagen immerzu einer ihrer Jeeps in meiner Nähe auftauchte. Jetzt war ich mit Matthew schon so lange befreundet und besuchte ihn. Wenn ich nur offen mit ihm reden könnte. Nicht vor Ray. Der würde dieses Mal auch kommen. Er war eine Klasse über uns und Matthew wollte, dass wir uns besser kennenlernten.
Endlich war es spürbar wärmer geworden. Und wieder fuhr ich mit Begleitschutz. Ich verstand nicht, warum der Jeep der MP mich nicht überholte. Am liebsten hätte ich angehalten, sie gefragt, ob es ihnen Spaß machte, mich zu verunsichern. Als ich zur Kirche kam, warf ich einen Blick zurück, deutete mit dem linken Arm an, dass ich abbiegen wollte, und als ich auf der Straße zu den Cunninghams war, beschleunigte der Jeep