Название | Ich, Sergeant Pepper |
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Автор произведения | Fred Reber |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742781635 |
Ich schluckte. »Was glauben sie zu finden?«
»Bomben wahrscheinlich«, sagte Matthew.
»Wumm«, machte Peggy. Ich zuckte zusammen. Sie fasste sich kichernd in die gewellten, braunen Haare. »Wenn du jetzt dein Gesicht sehen könntest.«
Dass ich auch nie wusste, wie ich mich derartigen Frotzeleien erwehren konnte.
Supercool
Nachdem ich den Hörer abgehoben und mich gemeldet hatte, sollte ich raten, wer dran war. Ich erkannte ihre Stimme sofort. Seit einem Jahr wartete ich auf ihre Rückkehr. Gestern war sie angekommen. Bis ihre neuerdings geschiedene Mutter eine Arbeit und eine Wohnung in München fand, würden sie bei der Großmutter wohnen. Das bedeutete für mich einen Sommer mit Julia in meiner Nähe.
Sie wollte mich sehen. Alles in mir jubelte.
Ich raste die Treppe hinauf, in mein Zimmer, riss frische Unterwäsche und ein weißes T-Shirt aus dem Schrank und duschte, obwohl ich das erst am Morgen getan hatte. Es war später Vormittag, ungewöhnlich heiß, ich wollte auf Nummer sichergehen. Ich wischte mir die nassen Strähnen aus dem Gesicht und entdeckte einen Pickel mitten auf meiner Stirn. Ihn auszudrücken, dazu blieb mir keine Zeit mehr. Ich verließ das Haus und schob mir die Sonnenbrille auf die Nase. Sie war ein Geschenk von Kevin. Irgendjemand hatte sie in seinem Chevy liegen gelassen und auch nicht vermisst. Supercool käme ich damit rüber, hatte Kevin gemeint. Genauso wollte ich Julia entgegengehen. Supercool.
Während ich an der Landstraße im Schatten einer Weide auf ihren Bus wartete, summte ich die Melodie, die Kevin mir vor einigen Wochen vorgespielt hatte. Um sie nicht zu vergessen, spielte ich regelmäßig auf der Gitarre die Sequenzen, an die ich mich erinnerte.
Ich summte sie ständig vor mich hin. Einmal auch, als ich mit Kevin im Chevy unterwegs war.
»Welcher Song ist das?«
Seine Frage verschlug mir völlig die Sprache. Wollte er mich veräppeln? Ich hatte ihn angestarrt und schnell kapiert, dass dem nicht so war. »Der, den du mir vor einiger Zeit vorgespielt hast«, hatte ich enttäuscht geantwortet.
»Wow, der muss dich mächtig beeindruckt haben.«
Mir war es nicht gelungen, ihn zum Weitertüfteln an der Melodie zu bewegen. Warum lag ihm so wenig daran? Immerzu hatte er nur seinen Joyride im Kopf, wie er seine Ausflüge über Land mit dem Chevy nannte. Neben sich die Mädchen, die er im Café drüben aufgabelte, oder die er von München mit hier herausbrachte.
Als der Bus über den Siedlungsberg geschnauft kam, anhielt, und Julia ausstieg, schlug mir das Herz bis zum Hals.
Ich trat aus dem Schatten der Weide.
Julia warf die zerfransten langen Haare nach hinten, lachte, schneeweiße Zähne blitzten. Sie ignorierte meine ausgestreckte Hand und umarmte mich. »Bist du gewachsen«, sagte sie. Ihr Haar duftete nach Apfelshampoo, ich schwitzte.
Ich war froh um meine supercoole Sonnenbrille. Sie verbarg, dass ich auf Julias kleine Brüste starrte, die gegen ihr gelbes T-Shirt drängten. Ich fragte, ob sie Lust auf einen Spaziergang habe, deutete zum Waldrand hinüber, sie nickte. Wir zogen los, nicht durch die Allee, sondern quer über die vor einigen Tagen gemähte Wiese. Die Mittagshitze flirrte. Irgendwo trillerte ein Vogel.
Aus Julia sprudelten die Worte nur so heraus. Dass sie ihren Vater vermissen werde, dass ich mal mit nach Rom kommen und ihn kennenlernen müsse, dass sie nach dem Abitur an die Filmhochschule wolle, um Regisseurin zu werden.
Sie blieb stehen und sah mich von der Seite an. »Ich will Filme drehen, in denen Frauen was zu sagen haben. Diese ewigen, stinkenden Cowboys und pomadigen Glücksspieler nerven.« Sie hielt sich die Hand über die Augen und sah zum Hügel oberhalb unseres Grundstücks hinüber. »Oder guckst du dir diese hirnamputierten Filme mit Terence Hill und Bud Spencer an?«
»Ich? Nein!«, stotterte ich. Das war halb gelogen. Hätten wir nicht so enorm viel für die Zeugnisklausuren zu büffeln gehabt, wäre ich mit Matthew und Ray bestimmt in Vier Fäuste für ein Halleluja gegangen.
»Ich mag die Kiefer dort auf dem Hügel«, sagte Julia, »sie hat etwas Majestätisches.« Dann lief sie los, darauf zu, und ich folgte ihr. Sie legte ihre Arme um den rissigen Stamm des Baumes und schaute hoch in das windschiefe Geäst. »Die gibt nicht so leicht auf.«
»Das tue ich auch nicht«, sagte ich, rückte meine Sonnenbrille zurecht und erzählte von den Jungs, die in meiner Band spielen würden, und von dem Holzhaus drüben auf der Air Base, in dem wir unseren Übungsraum einrichten konnten. »Komm, ich zeig dir das Village von oben.«
Wir folgten dem ansteigenden Weg in den Wald. Es roch nach Heidelbeeren und Pilzen, wir begegneten Pflückern und auch Spaziergängern. Im Hochwald waren wir dann allein. Julia fröstelte, aber als ich meinen Arm um sie legen wollte, wehrte sie ihn ab und eilte voraus. Wo die Tannen und Fichten knorrigen, alten Buchen Platz machten, wartete sie unter einem von Zweigen verdeckten Hochsitz. Gemeinsam traten wir hinaus auf die Lichtung. Grillen zirpten schrill. Wir trampelten eine Schneise in das Gras und blieben dort stehen, wo die Bäume den Blick in das Tal freigaben. Die amerikanische Siedlung wurde von den Blättern der Buchen verdeckt. Silbern glitzerte der Fluss. Ich erklärte Julia, wo sich das kleine Haus für den Übungsraum ungefähr befand.
»Piep, piep, yeah«, machte ich dann.
Julia wischte mir mit ihren Fingern über Stirn und den Nasenrücken. Ich wollte ihre Hand ergreifen, doch sie eilte kichernd den schmalen Pfad zum Fluss hinunter.
Something in the way she moves, attracts me like no other lover …
Direkt neben mir flatterte ein Vogel auf. Ich erschrak, strauchelte und rutschte den Hang hinunter. Ich versuchte mich an Farnwedeln festzuhalten und wusste, dass ich keine gute Figur machte. Unentwegt hörte ich Julia kichern. Bei ihr angekommen, entschuldigte sie sich.
Wir setzten uns nebeneinander auf eine sonnenwarme Sandbank, zogen unsere Turnschuhe aus und tauchten die Füße ins Wasser. Als sich unsere Zehen berührten, spürte ich, wie es in meinen Schenkeln zu kribbeln anfing. Ich wagte nicht, mich zu bewegen, aus Angst, Julia könnte mitbekommen, was in meiner Jeans los war. Ich konzentrierte mich auf die träge Strömung, die um meine Knöchel spielte, auf den feinen Sand unter meinen Fersen, dabei hätte ich hinter meinen Brillengläsern viel lieber Julia beobachtet.
Sie schwieg. Mir fiel nichts ein, was ich sagen könnte.
Drüben im Village, jenseits vom Dickicht der Uferböschung, schlug die Kirchturmuhr.
»Ich muss los«, sagte Julia und stand auf. Ihre Jeans war feucht. Sie schlüpfte hastig in ihre Turnschuhe und sah mir dabei zu, wie ich meine umständlich anzog.
Ich ging den Fluss entlang voraus. Ich wollte nicht, dass sie sah, wie durcheinander ich war. Dann sahen wir mein Haus zwischen den Bäumen und traten hinaus auf die Wiese.
In der Allee winkten wir dem Bus. Der Fahrer wartete. Beim Einsteigen fragte Julia, ob ich sie morgen besuchen würde. Ich nickte, dann zischten die Türen und klappten zu.
Sie ist wie eine Figur aus einer Fernsehserie, die immer nur kurz auftritt, dachte ich traurig. Zuhause notierte ich mir den Gedanken. Vielleicht ließe sich die Idee in einem Text für die Band verarbeiten.
Ihr macht ja doch, was ihr wollt!
Sommer 1973
Aus meinem Besuch bei Julia und ihrer Großmutter wurde nichts. Matthews Vater hatte einen Truck besorgt, mit dem wir zum Entrümpeln des Hauses ins Kiefernwäldchen fuhren. Um aus drei Zimmern einen großen Raum zu schaffen, riss der Sergeant mit einem Vorschlaghammer eine Wand aus Rigips ein und legte so nach und nach zwei Stützbalken mit ihren Deckenverstrebungen frei. Ich trug mit Matthew und Ray das zerfetzte Füllmaterial zur Ladefläche des Trucks. Als wir während einer Pause auf der Veranda saßen und