Название | Ich, Sergeant Pepper |
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Автор произведения | Fred Reber |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742781635 |
Ich verpatzte zwar meinen Einsatz, doch das fiel offensichtlich niemandem weiter auf. You say it’s your birthday, it’s my birthday too, yeah. Ich schaffte es, meine Stimme so tief und rau wie die von John Lennon klingen zu lassen.
Peggy und ihre Freunde johlten vor Begeisterung und riefen »Zugabe«. Matthew hatte es prophezeit. Also nahm ich meine Gitarre und spielte und sang zum ersten Mal alleine vor Publikum. Imagine.
Den Applaus konnte ich gar nicht richtig genießen, denn Peggy nahm mir mit ihren stürmischen Umarmungen fast die Luft zum Atmen. Bisher hatte sie mir immer das Gefühl vermittelt, ich sei nur der Kumpel ihres kleinen Bruders und mit vierzehn viel zu jung, um für voll genommen zu werden.
Ich war irritiert, wegen der Wärme, die Peggy ausstrahlte, von meinem Wunsch, sie möge mich nicht so schnell loslassen, damit ich ihre Sommersprossen zählen konnte. Doch dann drängte sich Mona zwischen uns und küsste mich auf den Mund.
Es war mir unangenehm. Weil ich nicht wollte, dass jemand sah, wie ich rot wurde, verschwand ich schnell auf der Gästetoilette.
Ewig machte ich dort mit meinen Haaren herum, bis ich wieder zufrieden damit war, wie sie über die Ohren und über den Kragen fielen.
Wieso war ich denn so nervös? Mona hatte mich geküsst und nicht ich sie. Meine Lippen haben den Druck nicht erwidert. Mein erster Kuss blieb weiter für Julia reserviert.
Ich mischte mich wieder unter Peggys Freunde.
»Kennst du Raymond McLane?«, brüllte Matthew mir wegen der lauten Musik ins Ohr. Er deutete zu einem Jungen, der mit geschlossenen Augen und immerzu nickend auf einer Couch saß, während er zu Whole lotta Love mit den Fingern gegen eine Tischplatte trommelte. Dann hob er die Arme, ließ die Finger nach vorne schnellen, legte sein Gesicht in Falten und biss sich auf die Unterlippe.
Ich schüttelte den Kopf und folgte Matthew.
»Ray?« Matthew packte ihn an der Schulter. »Du wolltest Patrick fragen, ob es okay ginge, wenn du in unserer Band trommelst?«
Ray riss die Augen auf, ohne die Finger ruhig zu halten, und musterte mich. »Hi.« Dann grinste er und rief: »Und? Geht es okay?«
»Ja klar«, sagte ich völlig überrumpelt.
Ray kniff die Augen wieder zusammen, verfiel erneut in den Rhythmus der Musik, schien uns schon vergessen zu haben.
»Eine andere Frisur muss er sich schon zulegen«, sagte ich zu Matthew. »Nicht einmal mein Opa scheitelt seine Haare mit Frisiercreme. Und dann der ausrasierte Nacken.«
»Erwähn das ihm gegenüber bloß nicht. Da triffst du seinen wunden Punkt.« Matthew sah mich ernst an. »Er kann sich da bei seinem Dad nicht durchsetzen. Der schneidet drüben auf dem Stützpunkt auch den GIs die Haare mit der Maschine.«
Gegen Mitternacht tauchten Matthews und Peggys Eltern auf und beendeten die Party. Ich hatte viel und ausgelassen getanzt, dabei nicht auf die Zeit geachtet und den letzten Bus verpasst, mit dem ich vom Village zur Allee hätte fahren können. Der halbstündige Fußmarsch, der mir bevorstand, machte mir nichts aus. Ich war froh, dass Mona bei Peggy übernachtete. Ich verabschiedete mich. Bis ich auf die Straße hinaustrat, waren Peggys amerikanische Freunde bereits in den umliegenden Häusern verschwunden. Ich konnte auch Ray nirgends entdecken. Ich hätte ihn gerne noch nach seinen Lieblingsscheiben gefragt.
Ich stellte den Kragen meiner Cordjacke auf und wünschte, ich hätte auf meine Mutter gehört und mich wärmer angezogen. Sie übernachtete wieder bei Robert Staudte. Seitdem seine Frau gestorben war, tat sie das häufig von Samstag auf Sonntag.
Als ich zur weißgetünchten Kirche kam, bei der ich rechts durch die Geschäftsstraße weitermusste, hörte ich hinter mir eine Katze schreien. Sie musste irgendwo bei den mächtigen, kahlen Buchen herumstreunen. Hinter den Häusern, entlang der Straße, in der Matthew wohnte, sah ich das Flusswasser träge dahingleiten.
Wie schön wäre es, wenn Oa noch erlebt hätte, dass es überhaupt keinen Grund gab, den Amerikanern gegenüber immer so reserviert zu sein. Oa würde Matthew Cunningham bestimmt sympathisch finden. Seit der Realschule teilten wir die Schulbank. Seine Mutter war Deutsche und arbeitete für die Amerikaner als Dolmetscherin. So hatten sich seine Eltern kennengelernt. Sein Vater, ein Sergeant, war bei der Militärpolizei. Und wie Matthew mir erzählte, hatte der Vater irgendwann der Mutter nachgegeben, die unbedingt wollte, dass Matthew und Peggy einen deutschen Schulabschluss machten. Matthew glaubte, seine Eltern führten eine gute Ehe, auch wenn seine Mutter alles dafür tat, um eines Tages nur ja nicht in den Staaten leben zu müssen.
»Ich mag Musik und Erdkunde. Sport ist absolut nicht mein Ding«, hatte ich gesagt, als Herr Renz, unser Klassenlehrer an der Realschule, jeden einzelnen darum bat sich vorzustellen.
»Dem schließe ich mich an«, hatte Matthew gesagt, mich dabei angegrinst und sich die Haare aus der Stirn gewischt, die ihm aber sofort wieder über die Augenbrauen gerutscht waren.
Wie ich war Matthew von Musik geradezu besessen, mit dem Unterschied, dass er mit Symphonien und Klavierkonzerten aufgewachsen war und von Mozart schwärmte. Im Plattenschrank seiner Mutter standen davon die unterschiedlichsten Aufnahmen. Seit seinem siebten Lebensjahr nahm Matthew Klavierunterricht bei einem pensionierten Musikprofessor.
Die Beatles waren Matthew zwar nicht ganz unbekannt, ihre Songs lernte er jedoch erst durch mich kennen. Nach der Schule hörten wir in meinem Zimmer ihre Platten. Manchmal holte ich Matthew mit dem Fahrrad vom Klavierunterricht ab, und wir fuhren, er hinten auf dem Gepäckträger, zum Plattenladen. In der Tonkabine lauschten wir den neuesten Scheiben.
Matthew wurde richtig süchtig nach moderner Musik. Mir blieb allerdings ein Rätsel, wie er auf Daliah Lavi kam, neuerdings fuhr er voll auf ihre dunkle, rauchige Stimme ab. Er hatte sogar eine LP von ihr bei mir deponiert. »Meine Mutter hätte dafür absolut kein Verständnis«, sagte er, schon froh darüber, dass sie mich akzeptierte, trotz meines progressiven Musikgeschmacks, wie sie stets anmerkte.
Wie würde sie reagieren, wenn sie erfuhr, dass Matthew und ich eine Band gründen wollten?
Sich schnell nähernde Motorgeräusche verscheuchten meine Gedanken. Scheinwerfer, ein Wagen tauchten in der Kurve auf. Ich kniff geblendet die Augen zusammen, blieb stehen, und beim Geräusch, das die abbremsenden Reifen auf dem Asphalt machten, umklammerte ich meine Gitarre fester.
»Wie war die Party?«, fragte der Langhaarige, als er das Fenster am Chevy heruntergekurbelt hatte.
Nachdem ich Kevin in unserem Garten überrascht hatte, war ich ihm des Öfteren in der Stadt begegnet. Er hatte mich nie bemerkt, und ich scheute mich, ihn anzusprechen. Das lag an dem Typen, der immer bei ihm war. Der Mann war um einiges älter gewesen, und durch seine harten Gesichtszüge und die hässliche Narbe an seiner Schläfe erschien er mir suspekt.
»Woher weißt du von einer Party?«, fragte ich.
»Ich weiß so ziemlich alles, was im Village abgeht.« Kevin grinste. »Dazu gehört auch, dass du mit Matthew Cunningham die Schulbank drückst.«
Ich nickte und kam mir dabei blöd vor.
»Peggy hätte mich ja gerne eingeladen, aber ihr alter Herr hat etwas gegen mich.«
Weil mir allmählich kalt wurde, schob ich die Schultern hoch.
Er deutete mit dem Kinn die Straße entlang. »Ich wohne gleich da vorne und spendiere dir noch einen Drink.« Er sah mich lauernd an. »Ich bringe dich später nach Hause.«
Ich war unsicher und zudem hundemüde.
»Dabei erzählst du mir, was es damit auf sich hat.« Er deutete auf meine Gitarre. »Bist du gut genug für eine Band? Ich hätte schon lange Bock darauf, eine zu gründen.«
Sofort war ich hellwach und riss die Augen auf.
»Ich