Mirabella und die Götterdämmerung. Isabelle Pard

Читать онлайн.
Название Mirabella und die Götterdämmerung
Автор произведения Isabelle Pard
Жанр Языкознание
Серия Mirabella-Reihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754185971



Скачать книгу

      10 - Ein Verlobungsring

      Mirabella streckte ihrem Bruder die Zunge heraus und sie folgten einem anderen Zwerg, als das aufmüpfige Mädchen eine kleine Ratte bemerkte, die sie zu beobachten schien und die kleine Truppe begleitete. „Hallo“, pfiepte sie leise der Ratte zu, doch diese antwortete nicht.

      Schließlich wurden sie in den Thronsaal von König Dvalin gelassen. Dieser sah Laurin nicht unähnlich, schien jedoch jünger. Mirabella musste zugeben, dass die meisten Zwerge für sie gleich aussahen, wenngleich sie durchaus unterschiedliche Haarfarben besaßen. Dvalin fehlte auch die große Warze auf der Nase, was seinen Anblick angenehmer gestaltete. Der Thron war weniger prächtig als Laurins, dafür trug Dvalin seine mit Edelsteinen besetzte Krone auf seinem für den kleinen Körper viel zu großen dunkelhaarigen Haupt und stand zur Begrüßung der Gäste auf. Auch vor ihm mussten sie knicksen und sich verneigen, aber Dvalin schritt sogleich auf Mirabella zu, gab ihr einen formvollendeten Handkuss, der ihre Hand nicht berührte, und ließ sie aufstehen. Mit einer lässigen Bewegung deutete er Baldur und Ragnar an, dass sie sich erheben konnten. „Wer seid Ihr, schönes Fräulein?“, fragte nun Dvalin sie direkt. Ihr war es unangenehm, auf ihn herabsehen zu müssen, aber er war nun einmal zwei Köpfe kleiner als sie. Ein Lächeln entschlüpfte ihr. „Ich bin Mirabella, eine Tochter Jupiters.“

      „Jupiter, der Olympier?“ Er sah überrascht zu Baldur. „Eine Gefangene?“

      Baldur seufzte, er war es offensichtlich leid, Mirabellas Anwesenheit zu erklären. „Sie ist zum Austausch hier und Teil einer Annäherungspolitik zwischen Nord und Süd.“

      „Interessant. Ich hatte in letzter Zeit den Eindruck, wir steuern eher wieder auf einen Krieg zu.“

      Das Mädchen sah Dvalin alarmiert und neugierig an, auch Baldur musterte ihn interessiert. „Aufgrund Lokis Anwesenheit in Asgard?“

      Dvalin nickte. „Er hat uns auch schon einen Besuch abgestattet.“

      „Hat er Gold im Namen von Odin geholt?“, riet Baldur.

      „Natürlich. Er hat uns aber nicht verraten, wofür er es braucht.“

      „Ich bin nicht eingeweiht“, behauptete Baldur.

      „Wenn die Nachrichten aus Jötunheim stimmen, rüsten die Riesen auf“, hakte nun Dvalin nach.

      Baldur nickte leicht verschlossen und Dvalins Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Wir sehen das ungern, die Riesen sind traditionell unsere Feinde, die Feinde der Götter und aller Alben. Loki hat schon einmal die Riesen gegen uns angeführt.“

      „Odin und Loki sind eine Allianz eingegangen, einen Angriff der Riesen halte ich für unwahrscheinlich, man wappnet sich eher gegen äußere Feinde. Ihr müsst bedenken, dass sich Loki für eine sehr lange Zeit nicht um die Belange der Riesen kümmern konnte.“

      Dvalin sah erneut zu Mirabella. „Es wäre doch sehr schade, gegen eine solche Augenweide Krieg führen zu müssen.“

      Sie schwankte zwischen Gelächter über diesen blöden Spruch, den nicht mal Lorenzo über die Lippen gebrachte hätte, und leichten Ekel über diese sabbernde Anbiederung. Tapfer schluckte sie jeden Kommentar hinunter und sah zu Baldur.

      „Das wäre in der Tat schade“, sie sah eindeutig seine Mundwinkel zucken. „Wir versuchen unser Möglichstes, dies zu verhindern.“ Dann wandte er sich an Ragnar und stellte ihn vor. Dvalin begrüßte ihn, schien aber nicht sonderlich interessiert an ihm zu sein, betrachtete nur kurz nachdenklich sein rotes Haar und blickte dann wieder zu Mirabella. „Hat Jupiter auch rote Haare?“

      „Nein, meine Mutter“, log sie nun.

      Dvalin nickte. „Möchtest du dir einen Ring aussuchen?“

      „Äh“, sie schloss wieder den Mund, sie wollte nicht unhöflich sein, aber auch kein Geschenk annehmen. „Danke, aber ich… mache mir nicht viel aus Schmuck…“

      Der Zwerg sah sie an wie ein Auto. Es schien ihm unbegreiflich zu sein, dass Wesen existieren konnten, die sich nichts aus Schmuck machten.

      „Ich meine, ich kann das nicht annehmen“, fügte sie schnell hinzu.

      „Könntest du schon. Woraus machst du dir denn etwas?“, fragte nun Dvalin neugierig. „Armbänder?“

      Mirabella wurde sich des Diana-Armbandes und des Freundschaftsarmreifs bewusst und lächelte. „Der Schmuck, den ich trage, hat eine bestimmte Bedeutung, es ist kein Modeschmuck.“

      „Unser Schmuck ist auch meist verzaubert, wenn du das meinst.“

      „Verleiht er bestimmte Fähigkeiten?“

      „Manchmal, meist verfluchen wir die Träger“, gab Dvalin zu und grinste dabei plötzlich frech.

      Das Mädchen musste ehrlich lachen. „Nettes Geschenk…“

      „Deinen Ring würde ich selbstverständlich nicht verfluchen, welchen Zauber würdest du dir wünschen?“

      Mirabella sah den Zwergenkönig überrascht an. „Ähm, was gibt es denn im Angebot?“, fragte sie vorsichtig.

      Er lachte vergnügt. „Die meisten Frauen wollen Lieblichkeit, Unwiderstehlichkeit, einen Liebeszauber.“

      Skeptisch sah sie den König an, das war das letzte, was sie brauchen konnte. Sie hatte schon ohne Zauber einen Ex-Freund, der sie mehr begehrte, als sie ihn. „War Hannah, die Tochter von Freya, bereits hier?“

      „In der Tat“, erwiderte Dvalin überrascht.

      „Durfte sie sich auch etwas wünschen?“

      „Ja, Freya bestand darauf. Hannah wählte einen Ring, der ihr Mut schenkt, wenn sie verzweifelt ist.“

      Mirabella lächelte begeistert. „Das ist toll! Gibt es einen Ideengeber? Wenn man keinen Rat mehr weiß und eine Lösung braucht.“

      „Das ist anspruchsvoll, mein Mädchen, du sprichst von einem Ring der Weisheit. Den hätte wohl jeder gerne.“

      Sie nickte leicht beschämt und schwieg.

      Dvalin musterte sie interessiert. „Ist es ein kompliziertes Problem?“

      Sie sah auf, wieso musste sie sich nur immer durch ihr Geplapper verraten! Sollte sie es leugnen, behaupten, sie hätte nur allgemein gesprochen? Der Blick des Zwerges war so durchdringend, dass Mirabella den Eindruck bekam, er könnte ihre Gedanken lesen.

      „Ja“, erwiderte sie schließlich schlicht.

      „Dann gibt es auch keine einfache Lösung. Ich will trotzdem versuchen, dir zu helfen.“ Wie aus dem Nichts, zauberte Dvalin einen goldenen Ring hervor, ein schlichter kleiner Smaragd in der Farbe von Mirabellas Augen zierte ihn. „Er wird dir ein einziges Mal helfen können, jedoch nur, wenn du ihn nicht gegen uns verwendest.“

      Als er nach ihrer Hand griff, um ihr den Ring überzustreifen, zog sie ihre Hand zurück. „Mussten für dieses Gold Lichtalben sterben?“

      Der Zwergenkönig sah sie erstaunt an. „Und wenn es so wäre?“

      „Dann würde ich den Ring lieber nicht annehmen. Ich finde es falsch, wie die Lichtalben ihre Leute behandeln.“

      „Hatten die Griechen und Römer nicht Sträflingsarbeiter und sogar Sklaven?“, fragte der Zwergenkönig unschuldig.

      „Das ist aber sehr lange her“, protestierte die Halbgöttin.

      „Und was meinst du, woher Jupiter das Gold für dein Amulett hat? Aurum meridianum non olet ?“ (Südliches Gold stinkt nicht. (Nach der alten lateinischen Redewendung: Pecunia non olet = Geld stinkt nicht.)

      Mirabella griff sich unwillkürlich ans Dekolleté und ihre Finger umfassten das Amulett. Sie musste zugeben, dass sie nie darüber nachgedacht hatte. „Ich schätze aus der Schatzkammer im Hades…“, die ihnen Proserpina