Mirabella und die Götterdämmerung. Isabelle Pard

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Название Mirabella und die Götterdämmerung
Автор произведения Isabelle Pard
Жанр Языкознание
Серия Mirabella-Reihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754185971



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nachdenklich an. „Ich glaube, nur diejenigen, die sich eines schweren Verstoßes schuldig gemacht haben, wobei die falsche Haarfarbe zu wählen dazu gehört.“

      „Auch die Weißhaarigen?“

      Nun schüttelte der Gott den Kopf. „Sie kommen nicht in die Minen, sie müssen am Hofe der Könige dienen.“

      „Sterben die dann auch so früh?“

      „Nein, sie erhalten eine Art von Lichttherapie über Nacht.“

      „Das ist ja so ungerecht!“, monierte Mirabella.

      Baldur lächelte traurig. „Ich weiß, mir gefällt es auch nicht, aber ein System muss sich von innen heraus ändern, eines Tages wird es genug Lichtalben geben, die diesen Zustand nicht mehr tolerieren werden.“

      „Das ist aber zu spät für…“, fast hätte sie sich verplappert, „für alle jetzt Lebenden.“

      Er musterte das trotzige Mädchen erneut. Bevor er etwas sagen konnte, verkündete einer der Zwerge, dass sie nun König Laurins Empfangszimmer betreten würden. Mirabella hatte während der Diskussion um die gefangenen Alben gar nicht bemerkt, wie sich der Gang verändert hatte. Statt aus Lehm und Fels waren die Wände und der Boden nun holzgetäfelt, vor ihnen wurde eine schwere Metalltür geöffnet und gab die Sicht auf einen Thronsaal preis. Ein dunkelgrüner Läufer führte bis kurz vor den Thron. Der Saal besaß eine goldene Decke, goldene Kronleuchter und einen kleinen Springbrunnen aus glitzerndem Glas oder waren es Diamanten? Im Gänsemarsch liefen sie hinter dem Zwerg hinterher, Baldur vorne, Mirabella in der Mitte, Ragnar bildete das Schlusslicht. „Sagt nur etwas, wenn ihr gefragt werdet“, hatte der Ase noch geraunt, bevor sie den Saal betraten. Der Zwerg verbeugte sich vor dem schon grauhaarigen König so tief, dass seine große Nase fast den Boden berührte, und trat zur Seite. Laurin, ein dicker Zwerg mit einer eher kleinen Nase, dafür einer umso größeren Warze auf derselben, saß gelangweilt auf seinem goldenen Thron, in dem verschiedene Edelsteine eingearbeitet waren. Die Kleidung war erwartungsgemäß prächtig, wertvoller Schmuck zierte den gedrungenen Hals und seine kleinen dicken Finger. Seine Krone lag neben ihm auf einem kleinen Podest. Sie hätte mit den Kronjuwelen der englischen Königin konkurrieren können, war aber offensichtlich ebenso schwer und unbequem zu tragen.

      Baldur holte die Jugendlichen an seine Seite und verneigte sich leicht. Mirabella war sich nicht sicher, wie tief sie sich verbeugen musste. Sie war zwar die Tochter eines Gottes, aber nur eine Halbgöttin. Sie versuchte es mit einem eleganten Knicks, scheu sah sie seitlich zu Baldur, der eine Handbewegung machte, dass der Knicks wohl noch ein wenig tiefer gehen sollte. Gehorsam sank sie tiefer und kam sich albern beim Knicksen mit Hose vor. Ragnar verbeugte sich ebenfalls tief. Gemeinsam warteten sie, bis Laurin sie ansprach, wenngleich Baldur laut Protokoll auch als erster hätte sprechen dürfen, er ließ jedoch Laurin den Vortritt. Dieser ließ sich Zeit und musterte zunächst seine Gäste.

      „Willkommen, Baldur! Wen hast du heute mitgebracht?“, fragte er schließlich.

      Mirabella richtete sich erleichtert auf, ihre Beine hatten schon angefangen, sich zu verkrampfen.

      „Ragnar, ein Sohn von Thor, und“, Baldur zögerte kurz, „Mirabella, eine Tochter von Jupiter.“

      „Jupiter? Habt ihr Frieden geschlossen?“

      „Leider nicht, aber Mirabella ist zum Austausch bei uns.“

      „Als Geisel?“

      „Nein, zum freundschaftlichen Kennenlernen.“

      „Und was soll das bringen?“

      Der Gotte des Lichtes schmunzelte leicht. „Kein Gold und keine Diamanten, aber vielleicht etwas Wertvolleres: Vertrauen.“

      Laurin schlug sich lachend auf die Schenkel. „Guter Witz! Odin scheint den Verstand zu verlieren! Naja, wird vielleicht Zeit, dass ihn mal einer ablöst, oder?“

      Baldurs Augenbrauen stiegen leicht nach oben. „Ich glaube nicht, dass er in nächster Zeit seinen Rücktritt plant. Was gibt es Neues hier, Laurin?“

      „Hm“, er winkte ab, „das Übliche, ein wenig Streitereien hier und dort. Eine Meuterei der Lichtalben. War aber schnell erledigt.“ Er lachte. „Sie traten in einen Essstreik, was den meisten von ihnen nicht gut bekam. Wir haben nun einen leichten Arbeitskräftemangel. Ist schade, da ich eine neue Goldmine erschlossen habe, aber wir erwarten diese Woche Nachschub.“

      „Erhalten die Lichtalben Gold für die Gefangenen?“, fragte Mirabella gegen jedes Protokoll, wütend durch Laurins Gerede.

      Der Majordomus der Zwerge neben ihr schien einer Ohnmacht nahe, Laurin sah das Mädchen so perplex an, dass Ragnar ein Grinsen unterdrücken musste. Mirabella wurde sich ihres Fauxpas bewusst und errötete nun, ein echtes Einsehen besaß sie jedoch nicht, sie fand dieses Hofprotokoll zutiefst albern.

      Laurin musterte das rothaarige Mädchen kritisch. „Die Regeln im Olymp scheinen sehr bäuerlich zu sein. Sprichst du dort den König auch ungefragt an?“

      „Natürlich, der König ist mein Vater“, antwortete Mirabella nun aufmüpfig.

      „Selbst meine Tochter spricht mich nicht ungefragt an, schon gar nicht bei einer offiziellen Audienz.“

      Sie überlegte kurz, bei einer Audienz würde sie wahrscheinlich auch warten, bis Jupiter sie ansprach. Theoretisch. Insgeheim wusste sie, dass sie auch da nicht ihren Mund halten könnte. Sie wusste aber auch, dass Jupiter darüber hinwegsehen würde.

      „Verzeihung“, sagte sie nun ohne Überzeugung und konnte sich den Nachsatz nicht verkneifen, „ich bin es demokratischer gewohnt.“

      Laurin zuckte leicht zusammen. „Ihr Menschen und eure Demokratie, wir Zwerge haben seit tausenden von Jahren eine Monarchie und sie funktioniert exzellent.“

      Bevor Mirabella etwas erwidern konnte, ‚Für dich vielleicht‘ lag ihr schon auf den Lippen, hob Baldur seine Hand und sie schwieg tatsächlich. „So interessant diese Diskussion sein mag, wir kamen für eine kurze Audienz und wollen Euch nicht weiter belästigen, falls keine weiteren Fragen bestehen.“ Er sah dabei nur Laurin an. Dieser wandte sich an Ragnar und musterte den Jugendlichen. „Wie ich höre, bist du ein guter Kämpfer, dein Großvater ist sehr erfreut darüber.“

      Der Junge nickte artig.

      „Ich werde dich einladen, um ein Schmuckstück deiner Wahl zu erkämpfen. Dies hat Tradition bei uns.“

      „Ich danke Euch“, entgegnete Ragnar förmlich und verneigte sich tief.

      Laurin sah erneut zu Mirabella. „Du bist ein schönes Kind. Wenn du es bei den anderen beiden geschickter anstellst, schenken sie dir vielleicht sogar ein kleines Schmuckstück zum Andenken.“

      Sie kochte innerlich vor Wut, sie wollte kein Blutgold geschenkt haben und hätte dem Zwerg am liebsten eine feurige Antwort ins Gesicht geschleudert, aber sie riss sich zusammen und nickte nur. Mit dem größten Widerwillen knickste sie erneut tief und ging rückwärts wie die anderen in Richtung Tür. Als sich die Tür schloss, fing Baldur das Blitzen der grünen Augen auf und lächelte unwillkürlich. „Du hast wirklich das Temperament deines Vaters…“

      Wütend stampfte sie mit dem Fuß auf. „Was bildet dieser Gnom sich denn ein, lässt sich wie der Sonnenkönig hofieren, diese lächerliche hässliche Gestalt! Meine Frage hat er auch nicht beantwortet.“

      „Mirabella“, Baldur sprach ruhig, „ihn wegen seiner Gestalt zu verurteilen, ist unfair.“

      Widerwillig nickte sie. „Du hast recht, aber ich verurteile auch viel mehr sein Verhalten!“

      „Das kannst du gerne tun, Kritik hat noch nie geschadet.“

      Sie sah überrascht auf. „Du schimpfst mich nicht für mein Verhalten?“

      „Nein, jeder ist für sein Verhalten selbst verantwortlich und auch für die Konsequenzen. Inhaltlich stimme ich sowieso mit dir überein, dein Verhalten war nur nicht sehr diplomatisch.“

      „Weil