Mirabella und die Götterdämmerung. Isabelle Pard

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Название Mirabella und die Götterdämmerung
Автор произведения Isabelle Pard
Жанр Языкознание
Серия Mirabella-Reihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754185971



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      Zwei Tage später trafen sich Mirabella und Lorenzo tatsächlich zum Tanzkurs, Antonia wunderte sich nicht schlecht, dass die beiden Halbgötter trotz der Trennung weiter zusammen tanzen wollten, aber die Stimmung war unerwartet gut. Beide genossen den Unterricht, alberten zusammen herum und erfreuten die Tanzlehrer mit ihren vollkommenen Darbietungen. Sie verabschiedeten sich mit einer herzlichen Umarmung. „Bis morgen, in Stonehenge!“

      „Wow, wir ihr das macht!“, rief Antonia kopfschüttelnd. „Man würde nicht glauben, dass ihr euch getrennt habt.“

      Mirabella lächelte. „Es fühlt sich schon etwas komisch an und ist für ihn sicher schwieriger als für mich, aber ich denke, uns beiden ist die Freundschaft und das Tanzen wichtiger als das Zusammensein.“

      „Du warst sicher nicht verliebt, wenn das so einfach für dich ist. Oder hast du schon was Neues?“

      Die Halbgöttin schüttelte mit sichtlich schlechtem Gewissen den Kopf. „Niemand Neues.“

      Antonia sah sie prüfend an. „Nick?“

      Leicht errötend nickte ihre Freundin. „Immer schon, anscheinend, ich wollte es nur nicht wahrhaben.“

      „Dachte ich mir doch! Und?“

      „Nichts und. Wir haben keinen Kontakt, da er sich verstecken muss. Ist gerade recht ungemütlich in unserer Welt.“

      „Oh, du Arme!“, sagte Antonia theatralisch.

      „Was ist mit euch, Toni? Luk kommt offensichtlich nicht mehr zum Tanzen.“

      „Philip und ich haben uns gestern geküsst!“, platzte es aus dem Mädchen heraus. „Endlich!“

      Philip war der Junge gewesen, für den sie in den letzten Wochen geschwärmt hatte, aber Mirabella konnte einen Blick der Enttäuschung nicht verhindern. „Oh… freut mich für dich. Wie geht es Luk?“

      „Keine Ahnung, wir haben uns jetzt etwas gemieden.“ Sie sah fast etwas beleidigt aus.

      Mirabella schüttelte den Kopf. „Warum musstest du ihn unbedingt an Silvester küssen?“

      „Hej, er hat mich geküsst!“

      „Du hättest es verhindern können, wenn du nicht verliebt warst.“

      „Willst du mir damit sagen, dass er es war? Er hat auf mich den Eindruck gemacht, als wäre es ihm peinlich. Und als wollte er so schnell wie möglich alles vergessen.“

      Mirabella sah ertappt zu ihrer Freundin, sie hatte sich verplappert. „Weil ich ihm gesagt hab, dass du nicht mit ihm zusammen sein willst. Also, ich hab‘ versucht, es netter zu formulieren.“

      Antonia sah sie leicht verwirrt an. „Wann hab‘ ich das gesagt?“

      „In der Toilette auf dem Ball. Du wolltest nicht mit diesem ‚nerdigen Habenichts‘ zusammen sein.“

      „Echt? Oh, Gott. Hast du ihm das gesagt?“

      „Nein, spinnst du? Ich hab‘ gesagt, dass du wohl noch Zeit brauchst und du nicht weißt, was du willst. Nachdem du dich jetzt für Philip entschieden hast....“

      Antonias Stirn legte sich in Falten, sie sah ihre Freundin leicht unglücklich an. „Ehrlich gesagt, ich weiß es wirklich nicht. Philip sieht gut aus, er ist cool, er ist sportlich, er wohnt in Grünwald, aber…“

      „Aber?“

      „Ich dachte, es würde sich magisch anfühlen, ihn zu küssen. Es war ganz nett, aber, naja, nicht magisch... so wie mit-“, sie unterbrach sich.

      „Luk?“

      Nun wurde Antonia tiefrot und nickte leicht. „Aber es war vielleicht nur wegen Silvester…“

      „Wäre es so schlimm, wenn du in ihn verliebt wärst?“, fragte Mirabella verständnislos.

      „Ich kann es mir überhaupt nicht vorstellen. Und außerdem hab‘ ich mich in letzter Zeit so blöd benommen. Selbst wenn er damals in mich verliebt war, wird er mich jetzt bestimmt hassen.“

      Mirabella seufzte und musste dann lächeln, es war erst knapp vier Wochen her. „Das glaube ich nicht.“

      „Hat er was gesagt?“

      „Es war ihm ziemlich ernst, schien es mir. Ihm war bewusst, dass er eine seiner besten Freundinnen küsste, was er riskierte.“

      Antonia sah sie betroffen an, errötete dann jedoch erneut. „Oh je, was soll ich denn jetzt machen, Mira?“

      „Mit Luk sprechen?“

      Sie schüttelte zitternd den Kopf. „Das kann ich nicht. Er hat uns heute gesehen, Philip und mich. Er wird gar nicht mit mir sprechen wollen.“

      „Toni“, Mirabella ergriff die Hände ihrer Freundin, „wenn du mit ihm zusammen sein willst und ihm das sagst, wird er dich nicht abweisen, da bin ich mir sicher. Aber du musst dir sicher sein, was du willst.“

      Sie brauchte länger, ihre Freundin zu beruhigen. Sie unterhielten sich dann noch über Antonias anstehenden sechzehnten Geburtstag und gingen jeder nach Hause. Mirabella war versucht, Lukas anzurufen, sagte sich dann aber, dass die beiden es besser untereinander regeln sollten. Ihre bisherige Intervention hatte nicht zum Erfolg geführt.

      Später flog sie zum Olymp, um Juno Bericht zu erstatten, sie hatte keinerlei Fortschritte bezüglich der Statue gemacht und hoffte inständig, dass Juno nicht Gedanken lesen konnte. Mirabellas einzige Motivation, die Königin des Olymps zu besuchen, war die Hoffnung, Nikolaos zu sehen. Bei einem der letzten Treffen hatte Juno ihr von einem Spiegel erzählt, mit dessen Hilfe man Ereignisse auf der Erde verfolgen konnte, aus der Vogelperspektive. Mirabellas traurige Miene und das Eingeständnis, dass sie Nikolaos vermisste, hatten Juno dazu bewegt, ihr von ihm zu erzählen. Sie wusste nun, dass er sich zuhause aufhielt, zur Schule ging, in einer neuen Big Band spielte und auf ein Schachturnier trainierte. Juno hatte ihr Gedächtnis modifiziert, Mirabella oder ihre Eltern hätten nicht sagen können, wo Nikolaos lebte, diese Informationen waren gelöscht. Bei allen Halbgöttern waren die Kontaktdaten zu Nikolaos längst aus dem Gedächtnis, von den Telefonen, Computern und Notizbüchern verschwunden, niemand konnte ihn erreichen oder verraten.

      Die junge Halbgöttin stand nun in Junos Privatgemächern und betrachtete durch einen schlichten silbernen Spiegel Nikolaos, wie er in seinem Zimmer auf seinem Saxophon spielte. Es klang wunderschön, melodisch, sensibel und doch eindringlich, war es nicht ‚Halleluja‘, wie sie es von Leonard Cohen kannte? Er liebte diesen Musiker. Sie merkte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Unbewusst streckte sie ihre Hand nach ihm aus, sie hätte alles gegeben, ihn einmal berühren zu können. Mit geschlossenen Augen hörte sie weiter zu, erinnerte sich zum tausendsten Mal an die ersten Küsse, seine Worte und wandte sich schließlich mit einem Schluchzen ab.

      Juno verdunkelte den Spiegel. „Es geht ihm gut und er ist in Sicherheit. Das war es doch, was du wolltest.“

      Sie wischte sich flüchtig übers Gesicht und nickte, ihre Tränen hinunterschluckend. „Du hast recht, Juno. Hat man sein Gedächtnis auch modifiziert?“

      „Nein, seine Inaktivierung ist nur temporär. Wer dauerhaft ausscheidet, wird sich allerdings nicht an seine Zeit im Olymp erinnern können.“

      „An gar nichts?“

      „Nein, er würde sich nicht mal an dich erinnern.“

      Mirabella schrak leicht zusammen, die Vorstellung erzeugte Übelkeit bei ihr. „Kommt so eine dauerhafte Inaktivierung öfter vor?“

      „Sehr selten“, gab Juno zu. „Hast du mir heute etwas zu berichten?“

      „Letzte Woche wurde Delphine schwer verletzt. Könnte es sein, dass sie auch nach der Statue sucht?“

      Juno sah auf, sie musterte das Mädchen kurz. „Durchaus möglich, dass Neptun auch an der Statue interessiert ist.“

      „Wäre es nicht sinnvoll, unsere Kräfte zu