Название | Der erste Landammann der Schweiz |
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Автор произведения | Georges Andrey |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783039198467 |
8/9 François Pierre von Diesbach-Torny und seine Ehefrau Madeleine d’Affry, Schwester von Louis d’Affry.
Der am 28. August 1713 unter dem Versailler Ludwig XIV. geborene Louis Auguste Augustin d’Affry,16 erster Graf d’Affry, ist der Sohn des Brigadegenerals in Frankreich, François Pierre d’Affry, mit Marie Madeleine Alexis von Diesbach-Steinbrugg. Er macht eine aussergewöhnliche militärische Karriere.17 Am 15. April 1725 tritt er zwölfjährig als Kadett ins Regiment der Schweizergarden ein und erlebt einen schnellen Aufstieg: 1729 wird er Fähnrich, im Februar 1733 Hauptmann der Obristenkompanie des Regiments d’Affry, am 21. Januar 1734 Hauptmann zu Fuss bei den Schweizergarden. Er nimmt an zahlreichen Feldzügen und Schlachten teil. 1733 ist er bei der Belagerung der Festung Kiel dabei. Während des polnischen Erbfolgekriegs befindet er sich in Italien beim Angriff auf Colorno, bei den Schlachten von Parma und Guastalla. Am 3. Oktober 1734 übernimmt er das durch den Tod seines Vaters frei gewordene Kommando über die Halbkompanie der Schweizergarden und die Kompanie des Regiments Wittmer. Am 21. Mai 1740 zum Ritter von Saint-Louis ernannt, nimmt er am österreichischen Erbfolgekrieg teil, kämpft am 27. Juni 1743 in Dettingen. Am 2. Mai 1744 wird er zum Brigadier ernannt, befehligt 1745 ein Bataillon der Schweizergarden, ist bei der Belagerung von Tournai und der Schlacht von Fontenoy dabei, wo er das erste Gardebataillon befehligt, und wird am 11. April 1746 zum Oberstleutnant befördert. Am 16. Juli 1745 wird der damalige Gardehauptmann und Brigadier für eine Pension vorgeschlagen: «Ein sehr verdienter und mutiger Offizier. Er befehligte das Regiment in der Schlacht von Fontenoy und zeichnete sich dabei besonders aus.»18 Schon verkehrt d’Affry mit Literaten und ist mit Voltaire gut bekannt, der ihm 1745 ein Exemplar seiner Bataille de Fontenoy schenkt.19 Anstelle von Jean Henry de Salis20 wird vom Fürsten des Dombes, Sohn des Herzogs von Maine, «als die Position des Oberstleutnants durch Rücktritt des Sieur de Bachmann wegen Dienstunfähigkeit frei geworden ist, dem König der Lagerhauptmann Sieur d’Affry als Ersatz vorgeschlagen, obwohl dieser in der Anciennität dem Sieur de Salis nachsteht».21 Er nimmt in der Eigenschaft als Brigadegeneral, die ihm am 1. Januar 1748 verliehen wurde, an der Belagerung von Maastricht teil. Nun erlangt er am 1. Mai 1758 den Grad eines Generalleutnants. 1759 ernennt ihn Ludwig XV. zum Botschafter bei den Generalstaaten der Vereinigten Provinzen; diese Funktion übt d’Affry bis 1762 aus. Anschliessend wird er im Rang eines Generalleutnants zur Hessen-Armee entsandt, wo er seinen Ruf uneingeschränkt wahrt.22 Er begnügt sich mit dem Höflichkeitstitel eines Grafen, der, wie bei Nichttitelträgern üblich, mit der Ernennung zum Botschafter einhergeht.23 Der Adelsstand war d’Affry durch Freiburg am 15. November 1760 zuerkannt worden.24 A. Daguet zufolge «hätte d’Affry mehr als Louis Pfyffer den Titel als König der Schweizer im Dienste Frankreichs verdient.»25 Darauf bedacht, die ohnehin schon das Gleichgewicht des Corps helvétique störende Macht Berns nicht noch weiter zu verstärken, wacht d’Affry über die Belange des Freiburger Gegengewichts. So übermittelt er beispielsweise 1767 nach Choiseul die Freiburger Befürchtungen wegen einer möglichen Einverleibung von Neuchâtel und Valangin, weil diese eine vollständige Einkreisung des Kantons Freiburg zur Folge hätte.26 Mit der Ernennung zum Administrator der Schweizer und Graubündner Truppen erlangt er 1771 die denkbar höchste Würde, die einem Schweizer zuteil werden kann. Am 22. Dezember 1771 vertraut ihm Ludwig XV. die Administration im Rang eines Generalobersten der Schweizer für die Dauer der Minderjährigkeit des Grafen von Artois an.27 In Ausübung dieser Eigenschaft als Generaladministrator der Schweizer und Graubündner dient er von 1775 bis 1789 dem Grafen von Artois als «Berater und Stellvertreter».28 Tatsächlich wollte sich der Bruder des Königs nicht mit einer schweren Aufgabe belasten und begnügte sich mit der Unterzeichnung der Vorlagen, inspizierte auch einmal im April 1773 das Schweizergarderegiment in seiner Kaserne in Courbevoie29 und nahm einmal jährlich dessen Parade in der Sablons-Ebene ab.30
10 Courgevaux, Landsitz der von Diesbach, 1796.
Louis Auguste Augustin wird am 22. März 1776 in die Akademie für Architektur aufgenommen. Den Höhepunkt seines Ruhms erreicht er im Jahrzehnt vor der Revolution, das sich für den angesehenen Schweizer Soldaten ungemein segensreich anlässt. May de Romainmôtier zufolge war er der einzige Schweizer, der je das «Blaue Band»31 des Ordens vom Heiligen Geist erhielt; dies geschah am 1. Januar 1784 in der königlichen Kapelle von Versailles.32
11 Brief von Louis d’Affry an seine Schwester Madeleine vom 3. Februar 1803 anlässlich der Consulta in Paris.
KINDHEIT IN FREIBURG, JUGEND IN PARIS
Louis Auguste Augustin d’Affry ehelicht mit Vereinbarung vom 2. Juli 1738 Marie Elisabeth Françoise, Baronin von Alt (1714–1777), Dame de Saint-Barthélémy und Prévondavaux, Tochter eines Regimentsobersten im Dienst des Königs von Sardinien, Joseph Prothais, Baron von Alt von Prévondavaux aus Freiburg, und Marie Françoise de Malliard. Damit wird d’Affry Herr von Prévondavaux, Brétigny und Saint-Barthélémy in der Vogtei Echallens, der Güter also, die seine Gemahlin als Mitgift einbrachte.33 Das Schloss von Prévondavaux wird am 21. Januar 1779 verkauft. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor: Marie Madeleine (1739–1822), die 1762 François Pierre, Fürst von Diesbach Torny, heiratet, der im vorliegenden Buch behandelte Louis sowie ein zweiter Sohn, Jean Pierre (1751–1782), der, was in der Familie selten ist, eine Französin ehelicht: Adélaïde de Garville.
Am 8. Februar 1743 erblickt Louis Auguste Philippe Frédéric François in Freiburg das Licht der Welt, «wird am selben Tag zu Hause getauft» von Kaplan Vullerette. Louis d’Affry wird später schreiben: «Ich wurde schwächlich geboren; mein erstes Lebensjahr war schwierig, und wegen ziemlich seltener Umstände konnte man mich erst 1744 in die Kirche Saint-Nicolas zur Taufe tragen»34 – genauer: am 6. April 1744. Taufpate war kein Geringerer als Louis, Fürst des Dombes und General der Schweizer, der vertreten wurde von Frédéric, Graf von Diesbach, Brigadegeneral und Oberst eines Regiments im Dienste des Königs, Komtur des Militärordens von St. Louis; als Patin fungierte die «Edeldame Victoire Lora Thérèse, Gräfin de Pharaone aus Messina, Fürstin von Diesbach».35
«Von mütterlicher Seite fliesst ihm die Erbmasse eines Staatsmannes, Diplomaten und Administrators zu. Die aus Cormagens in der unmittelbaren Umgebung Freiburgs stammende Familie von Alt, die dort noch Velliard hiess, verdeutschte ihren Namen zu Beginn des 15. Jahrhunderts, als sie in die Bürgerschaft der Stadt der Zähringer aufgenommen wurde. Die von Alt waren zunächst Tuchmacher, wurden dann Venner und Ratsherren. Der Ururgrossvater von Louis d’Affry, Porthais von Alt, war Kanzler der Republik und gehörte zu der Gesandtschaft, die 1663 mit Ludwig XIV. die Erneuerung des Ewigen Bundes unterzeichnete. Sein Urgrossvater Jean Jacques Joseph von Alt, Oberst eines Regiments im Dienste Savoyens, Ritter der Hl. Moritz und Lazarus, erhält Anfang des 18. Jahrhunderts den Titel eines Barons des Hl. Römischen Reiches. Sein Grossonkel ist François Joseph Nicolas von Alt, Schultheiss von Freiburg und Chronist; er ist der Verfasser der zehnbändigen Histoire des Helvétiens, connus aujourd’hui sous le nom de Suisses».36
Die Kindheit in Freiburg, die Jugend in Paris, diese beiden Bestandteile des seelischen und geistigen Erwachens, die Verwurzelung im Land seiner ersten zehn Lebensjahre und die Heranbildung in der Kulturmetropole des Ancien Régime werden ihn ein Leben lang prägen.37 In einer autobiografischen Aussage38 meint er schnörkellos: