Seewölfe Paket 28. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 28
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399963



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dem Wasser geholt hatte, nachdem er über Bord gegangen war. Weißt du noch?“

      „Ja, ja, natürlich!“ rief der Profos. „Und ob ich mich erinnere! Mann – das ist jetzt über zwanzig Jahre her.“

      „Ende Oktober sechsundsiebzig war das“, sagte Hasard. „Die Zeit vergeht, und wir werden auch nicht jünger. Aber weil du dich eben beklagtest: Die ziemlich vielen Schlucke vom Schottischen damals, die bist du Will Thorne voraus, Ed, nicht wahr? Und auch die nicht mehr zählbaren, die dazwischenliegen – bis hin zu deiner letzten Schlucktour in Tamarida auf Sokotra, bei der du voll aufgebraßt hattest und mit den Fächern der Ladys zurückkehrtest, bei denen ihr zur sogenannten Kurzweil eingekehrt wart. Richtig?“

      „Hm, stimmt“, brummelte der Profos, ermannte sich und setzte hinzu: „Wenn dem so ist, daß ich Will zwei Schlucke voraus bin, dann gönne ich ihm den Doppelten von ganzem Herzen, Sir. Ich bin ja kein Unmensch. Aber wenn er die zwei Schlucke aufgeholt hat, steht die Partie gleich. Stimmst du mir zu?“

      „Mal sehen“, sagte Hasard vage und etwas unkonzentriert. Er hatte plötzlich das unbestimmte Gefühl einer drohenden Gefahr.

      Es ging auf Mitternacht zu. Das Wasser lief bereits auf, und die Mannen standen bis zu den Waden im Wasser, das an ihnen vorbeigurgelte und den bisher abgeklopften Muschelbruch mitschwemmte. Zumindest den Kielbewuchs hatten sie entfernen können. Aber das war noch nicht einmal ein Viertel der gesamten Arbeit. Da stand ihnen noch einiges bevor, und der Wechsel der Gezeiten bestimmte den Ablauf dieser Irrsinnsschufterei.

      Sie waren bisher so verfahren, daß derjenige, der Hunger hatte, aufenterte und bei der Kombüse längsseits ging, um einen vorbereiteten Happen zu essen. Gerade waren Hasard, Al Conroy und Stenmark an Deck gestiegen – Stenmark, weil er ja die Wache im Ausguck um vierundzwanzig Uhr zu übernehmen hatte. Da wollte er sich vorher stärken. Vier Stunden Wache nach der Rackerei an den Muscheln, das war kein Pappenstiel, vor allem bei dieser Wache von null bis vier Uhr, die man allgemein auch die Friedhofswache nannte.

      Hasard und Al Conroy waren einfach hungrig, Hasard aber noch dazu unruhig.

      Erstaunt verneinte Al Conroy, als Hasard ihn fragte, ob die Drehbassen schußbereit wären.

      „Wieso das, Sir?“ fragte er. „Hier am Ar… – äh, Arm der Welt?“

      „Weiß ich auch nicht, Al“, sagte Hasard. „Aber mach sie schußfertig, auch wenn es nur deswegen ist, daß ich mich dann wohler fühle. Entschuldige bitte.“

      „Geht schon klar, Sir“, sagte Al Conroy und zog ab, um sich um die Drehbassen zu kümmern. Jetzt löst der Kapitän den alten Donegal als Hinter-die-Kimm-Späher ab, dachte er ein bißchen belustigt.

      Hasard steuerte die Kombüse an, wo Stenmark bereits versorgt wurde.

      „Darf’s auch ein Spiegelei auf Speck sein, Sir?“ fragte Mac Pellew. „Für Sten brate ich schon eins.“

      „Sehr gut, Mac, da sage ich nicht nein“, erwiderte Hasard und schaute zu, wie Mac das Ei anschlug, geschickt auseinanderbrach und in die große Pfanne gab, in der bereits Speckwürfel brutzelten. Es duftete verführerisch.

      Der Kutscher reichte Stenmark und Hasard je eine Muck mit seinem Spezialgetränk.

      „Zum Wohl, Gentlemen“, sagte er lächelnd. „Ihr werdet durstig sein.“

      „Sind wir“, sagte Stenmark. Er hatte genau wie Hasard die Handschuhe aus Segeltuch unter den linken Arm geklemmt und trank mit der Rechten. Die Mucks waren sofort leer, und der Kutscher schenkte nach.

      Mac würfelte inzwischen schon wieder Speck und paßte gleichzeitig auf die Spiegeleier auf. Auf der heißen Herdplatte röstete er Fladenbrot, das sehr gut zu den Spiegeleiern paßte. Nebenbei berichtete er, daß der Profos bereits vier Spiegeleier verdrückt habe – lediglich geschlagen von Paddy Rogers, der es bisher auf sechs gebracht hätte.

      „Der Profos und Paddy sind die größten Fresser an Bord“, erläuterte er kopfschüttelnd. „Wo das bloß hinführen soll!“

      „Reichen denn die Eier?“ fragte Hasard.

      „Doch, doch“, versicherte Mac. „Unsere lieben Hühnerchen sind ja fleißig.“ Er begutachtete die Spiegeleier in der Pfanne, nickte und sagte: „Sind fertig. Wünschen die Gentlemen etwas Gewürz dazu?“

      Hasard verneinte, Stenmark bevorzugte Pfeffer auf dem Gelben vom Ei. Der Kutscher besorgte das. Mac bugsierte die Spiegeleier von der Pfanne auf zwei Zinnteller, fügte das Fladenbrot dazu und rüstete Stenmark und Hasard mit je einer Gabel aus. Sie speisten auf der Kuhl.

      Al Conroy meldete die Drehbassen schußklar und verschwand in der Kombüse, um sich gleichfalls bedienen zu lassen.

      Zwischen ein paar Bissen fragte Stenmark: „Warum hat Al die Drehbassen schußfertig gemacht, Sir? Rechnest du mit irgendeinem Angriff?“

      „Das sagte ich schon Al“, erwiderte Hasard. „Wenn ich das wüßte! Aber irgend etwas braut sich zusammen.“

      Stenmark grinste. „Bei Old Donegal aber noch nicht.“

      „Ich geb’ ja zu, daß ich mich täuschen kann“, sagte Hasard. Er hatte schneller als Stenmark gegessen und wischte den Zinnteller bereits mit den Resten seines Fladenbrotes sauber.

      Er stand von der Taurolle auf, als ein Zischlaut aus dem Hauptmars von Jack Finnegan ertönte.

      Hasard schaute hoch.

      „Sir!“ rief Jack Finnegan gedämpft. „Von der Landseite nähern sich Gestalten durchs Watt! Durch die Priele werden außerdem Boote gestakt!“

      Hasard war mit einem Satz am Schanzkleid der Backbordseite und rief nach unten: „Sofort alle aufentern und Lampen aus!“

      Das gleiche rief er an Steuerbord nach unten.

      Die Mannen reagierten sofort. Stenmark fegte schon in die Kombüse, alarmierte Al Conroy und holte Kohlebecken. Die Männer enterten schnell wie Affen auf.

      Hasard nahm eine der Bordlampen, holte weit aus und schleuderte sie nach Backbord querab. Sie torkelte in einem großen Bogen durch die Luft, senkte sich, beleuchtete für einen kurzen Moment Gestalten, die wie erstarrt standen, klatschte aufs Wasser und zerbarst in einem Feuerblitz.

      Über das Watt an Backbord der „Santa Barbara“ gellten Wutschreie, die Gestalten setzten sich in Bewegung und stürmten, durchs Wasser springend und watend, auf die Galeone los. Sie schwenkten Handwaffen – offenbar Krummsäbel und Messer. Aber dann zischten auch Pfeile auf die „Santa Barbara“ zu. Die Kerle in den Booten stakten wie verrückt und waren schneller als die Wattläufer.

      „An Steuerbord aufentern!“ brüllte Hasard, denn dort waren die Arwenacks vorm Pfeilbeschuß sicher. „Beeilung, Männer!“

      Jack Finnegan feuerte vom Hauptmars aus eine Muskete ab. Ein Bogenschütze in einem der Boote wurde zurückgestoßen und riß drei Kerle mit sich. Das Boot schlug quer und bot seine Backbordseite dar.

      Da krachte auch schon der erste Schuß aus einer Drehbasse auf dem Backbordschanzkleid der „Santa Barbara“. Stenmark und Al Conroy bedienten sie. Die gehackte Ladung hieb in das Boot und fetzte es auseinander. Die Kerle stürzten ins Prielwasser. Die anderen brüllten wie die Irren. Wut und Enttäuschung waren herauszuhören.

      Der Überraschungseffekt war zum Teufel. Sie hatten gemeint, leichtes Spiel zu haben – nämlich sich unbemerkt im Schutz der Dunkelheit nähern und über die an der Galeone arbeitenden Männer herfallen zu können. Denn wer sieht schon einen Feind, den die Nacht tarnt, während das Opfer blind ist, weil es sich im Licht der Lampen befindet!

      Richtig! Das galt für die Männer, die unten an der Backbordseite der Galeone arbeiteten, aber nicht für Jack Finnegan oben im Hauptmars – er hatte aufgepaßt und die Schlappe seines Freundes Paddy ausgewetzt. Rechtzeitig genug, daß sie aufentern konnten – bis auf einen!

      Carberry führte seinen eigenen Krieg. Er hatte an Backbord gearbeitet, und als Hasards Alarm erfolgte,