Seewölfe Paket 28. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 28
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399963



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hast du das nicht gesagt?“ fuhr ihn Carberry an.

      „Mann! Wo hätten wir sie denn aufslippen sollen?“ entgegnete Pete bissig. „Auf See vielleicht? Oder auf ’ner Korallenbank?“

      Paddy Rogers hatte einen seiner sehr seltenen Gedankenblitze, die ihn allenfalls zweimal im Jahr heimsuchten.

      „Wenn ich die Sandbank gesichtet hätte“, sagte er mit gefurchter Denkerstirn, „dann wüßte jetzt niemand, daß die ‚Santa Barbara‘ mit Muscheln bewachsen ist, nicht?“ Er blickte den Profos mit seinen freundlichen Augen an. „Ist doch logisch, nicht?“ „Logisch“ war für ihn ein ganz besonderes Wort, das er sich gemerkt hatte. Und er war sehr stolz, daß er es jetzt einmal anbringen konnte.

      Carberry hatte für derlei Gedankenakrobatik kein Verständnis.

      „Na und?“ polterte er. „Sollen wir dir jetzt ’nen Lorbeerkranz aufsetzen und ’nen Orden umhängen, was, wie?“

      „Das ist nicht nötig“, sagte Paddy treuherzig, „mir genügt schon, wenn ihr mir nicht mehr böse seid.“

      Carberry strich die Flagge. Gegen so viel naive Schlichtheit kam er nicht mehr an. Außerdem standen die Dinge kopf. Da pennte einer als Ausguck – oder paßte nicht auf, weil er abgelenkt war –, das Schiff brummte auf, und hinterher mußte man diesem Stoffel noch dankbar sein, daß man aufgebrummt war, weil man sonst den verdammten Bewuchs nicht entdeckt hätte. Das war vielleicht eine Logik!

      Philip Hasard Killigrew nahm es längst von der heiteren Seite.

      „Paddy hat recht, Ed“, sagte er, „so blödsinnig das auch klingen mag. Allerdings ist der Fall in der Abfolge der Geschehnisse einmalig und kaum wiederholbar. Auch ist er keine Rechtfertigung dafür, daß Paddy als Ausguck nicht aufgepaßt hat. Ist das klar, Paddy?“

      „Aye, Sir. Aber du kannst mir glauben, daß ich mich nicht rechtfertigen wollte. Ich wollte nur höflich darauf hinweisen, daß wir uns glücklich schätzen können, den Muschelbewuchs rechtzeitig entdeckt zu haben.“ Und ganz schlicht fügte Paddy hinzu: „Wenn wir ihn abklopfen, dann wird viel Gewicht weggenommen, und wir können die ‚Santa Barbara‘ leicht von den Sandbänken ziehen, nicht?“

      Hasard starrte seinen Paddy Rogers anerkennend an. Manchmal dachte der überhaupt nicht, aber wenn er dachte, dann kam auch was raus.

      „Ein sehr guter Gedanke, Paddy“, sagte er, „völlig richtig und logisch. Wenn man den Bewuchs abklopft, wird die ‚Santa Barbara‘ erheblich leichter, und wir haben weniger Mühe.“

      Paddy strahlte. „Wenn mir Mister Tucker Hammer und Meißel gibt, fange ich gleich an, Sir. Das muß ich nämlich, weil ja in ein paar Stunden das Wasser wieder auflaufen tut, nicht? Und da muß ich mich beeilen, weil man nicht mehr abklopfen kann, wenn man bis zum Hals im Wasser steht, nicht?“

      Paddy entwickelte sich zum Wunderknaben. Die Arwenacks besichtigten ihn, als sähen sie diesen Paddy zum ersten Male. Der wurde schon wieder verlegen. Er mochte es nicht, wenn ihn alle anstarrten.

      „Hab’ ich was Falsches gesagt?“ fragte er betreten.

      „Aber nein, Paddylein“, beruhigte ihn der Profos. „Uns fällt nur auf, daß du heute so – so stürmisch bist, verstehst du? So ein richtiger Flitzeblitzumdieeckesausewind.“ Er fuhr herum und raunzte die Mannen an: „Grinst nicht so pinselig, ihr Kuhhirten! Habt ihr nicht gehört, was Paddy gesagt hat? Tempo – Tempo! Bevor das Wasser wieder aufläuft, möchte ich hier einen Muschelberg sehen! Auf geht’s, Männer der ‚Heiligen Barbara‘! Hopp-hopp! Klopf-klopf, bis die Hämmer und Meißel qualmen!“

      So begann’s denn. Mit allen zur Verfügung stehenden Werkzeugen – einschließlich Entermessern und Schiffshauern – rückten die Arwenacks dem Muschelpanzer zu Leibe und klopften, hämmerten, kratzten und schabten.

      Der schlimmste Bewuchs hatte sich ausgerechnet am Kiel festgesetzt, an den man schlecht herangelangte. Aber da arbeiteten sie zum Teil im Liegen oder wühlten sich in den Sand, der beim Tiefergraben zur Pampe wurde. Es kümmerte sie nicht. Sie mußten ganz unten anfangen, denn wenn das Wasser wieder auflief und stieg, gelangte man an Kiel und die untersten Planken nicht mehr heran. Das hatte der Langsamdenker Paddy völlig richtig erkannt.

      Natürlich konnte man das nächste Niedrigwasser abwarten, wenn man es jetzt nicht schaffte – und ganz danach sah es aus. Ein anderer Nachteil war die Dunkelheit, doch da behalfen sie sich mit Laternen und Bordlampen, die seitlich über Bord gehängt wurden und die Szenerie einigermaßen beleuchteten.

      Sicher, bei Tage – wäre dann Niedrigwasser gewesen – hätten sie beim „Abspecken“ der „Santa Barbara“ mehr gesehen und schneller oder zügiger arbeiten können. Dafür jedoch hätten sie in der prallen Sonne gestanden und noch mehr Schweiß vergossen. So hatte jedes Ding zwei Seiten, und in diesem Fall war die Nachtkühle direkt angenehm.

      Mac Pellew und der Kutscher waren von der Arbeit freigestellt, hatten allerdings für das Wohlbefinden der Mannen zu sorgen. Der Kutscher hatte ein Getränk bereitet, das aus ausgepreßtem Apfelsinensaft, Trinkwasser und Rum bestand. Es schmeckte köstlich und erfrischte.

      Selbstverständlich war der Ausguck im Hauptmars besetzt. Jack Finnegan war eingeteilt. Schlag Mitternacht würde ihn Stenmark ablösen. Philip Hasard Killigrew arbeitete Schulter an Schulter mit seinen Mannen, ebenso die beiden Alten – Old Donegal und Will Thorne, der Segelmacher. Keiner drückte sich.

      Wieder einmal stellte sich heraus, was für ein umsichtiger, aber auch fleißiger Mann Will Thorne war, der still und unauffällig seiner Arbeit an Bord nachging. Sie bestand nicht nur darin, daß er Flicken auf gerissenes oder beschädigtes Segeltuch setzte, Lieken nähte oder sogar Hemden und Hosen für die Mannen schneiderte.

      Bevor die Arwenacks, bewaffnet mit ihrem jeweiligen Werkzeug, den Muschelpanzer angingen, hatte er sich bei Hasard gemeldet.

      „Sir“, hatte er in seiner bescheidenen Art gesagt, „mir ist da etwas eingefallen, was uns vielleicht nutzen könnte.“

      „Ja, Will?“ fragte Hasard aufmerksam. Der alte Will Thorne war für Überraschungen gut. Zum ersten Male war das geschehen, als er plötzlich mit er Flagge für den Bund der Korsaren herausgerückt war – dem schwarzen Tuch mit den beiden gekreuzten silbernen Säbeln.

      „Nun, vielleicht lachst du mich aus“, sagte Will Thorne, „aber ich habe mal ein paar Tage lang auf der Reise nach China aus Segeltuchresten Handschuhe genäht, Fäustlinge, aber mit Fingern für Daumen und Zeigefinger-Mittelfinger, so daß man diese drei Finger gut einsetzen kann. Weil die Muscheln ja ziemlich scharf sind, dachte ich jetzt, es wäre vielleicht nützlich, wenn sich jeder von uns Handschuhe bei der Arbeit anziehen würde.“

      „Genial!“ sagte Hasard begeistert. „Eine prächtige Idee, Will, gratuliere!“ Er lächelte. „Hast du gewußt, daß wir mal in eine solche Situation geraten würden?“

      „Das nicht, Sir“, erwiderte Will Thorne, „aber wenn wir Kap Horn gerundet hätten, wären wir da unten vielleicht in die Kälte geraten, und da wollte ich rechtzeitig etwas Vorsorgen. Du weißt ja – an vereisten Tauen oder Segeln zu zerren, ist kein reines Vergnügen. Da hält derbes Segeltuch als Schutz für die Hände doch eine Menge ab – wie auch jetzt bei den Muscheln, die üble Schnitte verursachen können.“

      „Kutscher!“ rief Hasard zum Schanzkleid hoch. „Bitte einen doppelten Rum für Mister Thorne!“

      „Aye, Sir, kann er sich in der Kombüse abholen!“

      „Danke, Sir“, sagte Will Thorne, „aber das muß mit dem Rum nicht sein.“

      „Doch, das ist ein Befehl.“

      Will Thorne lächelte. „Da muß ich ja wohl gehorchen, Sir. Nochmals herzlichen Dank.“

      „Wir haben dir zu danken, Will.“

      „Segelmacher müßte man sein“, hatte Carberry tiefsinnig gemurmelt.

      „Ed, du kommst doch nun wirklich nicht zu kurz, was das