Название | Seewölfe Paket 28 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399963 |
Alles in allem: Das waren äußerst beunruhigende Meldungen – nicht wegen der Verluste an Toten und Verletzten, denn der Scheich gebot immer noch über an die hundert und mehr Kämpfer. Nein, beunruhigender war die absonderliche Kampfesweise dieser Christenhunde, die in kein Schema paßte. Das hatte es noch nicht gegeben in der langen Geschichte des Raubstammes der Joasmäer. Wer mit Bratpfannen, Henkerschlingen, ohrfressenden Teufeln, vierbeinigen Ungeheuern, sprechenden Falken und monströsen Meermännern einen Kampf bestritt, der konnte nicht normal sein.
Vielleicht waren auch die Frauen verhext?
Dennoch, Hassan al-Karab war nicht gewillt, die Beute fahrenzulassen, die er, wie er meinte, schon so gut wie sicher in den Klauen hatte. Daran änderte auch die Schlappe nichts, die er erstmals hatte einstecken müssen.
Er würde die Angriffe von nun an selbst führen.
6.
Die Mannen auf der „Santa Barbara“ waren reichlich geschafft: erst die harte Arbeit mit dem Abklopfen des Muschelpanzers und dann der Abwehrkampf gegen die Kerle, die die Galeone hatten entern wollen. Immerhin, es hatte bei den Arwenacks keine Verletzungen gegeben.
Hasard rechnete mit weiteren Angriffen. Das lag auf der Hand. Sie hatten die Kerle zwar abschlagen können, aber das besagte nichts. Es waren zu viele gewesen, und von einer vernichtenden Niederlage konnte nicht die Rede sein. Es war ein Abwehrerfolg, mehr nicht. Und die Kerle waren gefährlich.
So ließ der Seewolf eine Gefechtswache aufziehen. Außerdem zogen es die meisten vor, an Deck zu schlafen.
Aber der Rest der Nacht verging, ohne daß ein weiterer Angriff erfolgte. Als die Sonne durchbrach, enterte Hasard auf den Hauptmars und studierte durch den Kieker die Inseln an Backbord und die dahinterliegende Küste. Sie wirkten einsam und wie ausgestorben. Doch das täuschte sicherlich. Wohin die Priele führten, die sich durch das Wattgebiet schlängelten und in das Land zu dringen schienen, war nicht zu erkennen. Immer wieder versperrten die Dünen eine weitere Sicht.
Hasard enterte nachdenklich ab – nicht ohne Bill, der jetzt den Ausguck übernommen hatte, ermahnt zu haben, noch schärfer als sonst aufzupassen.
Das Wasser lief immer noch auf. Gegen acht Uhr würde der Hochwasserstand erreicht sein. Dann wollten die Arwenacks erneut in die Hände spucken, um die „Santa Barbara“ von der „Paddy-Rogers-Schlafinsel“ abzubringen. Zwar war die Galeone noch nicht von ihrem Muschelpanzer insgesamt befreit, aber vielleicht genügte das an Ballast, was bisher entfernt worden war.
Hasard saß zwischen zwei Stühlen. Einerseits mußte der Muschelpanzer entfernt werden – wennschon – dennschon –, andererseits konnten die Kerle jederzeit wieder angreifen. Aber es behagte dem Seewolf nicht, hier festzuliegen wie auf einem Präsentierteller. Er und seine Arwenacks kämpften lieber von einer in Fahrt befindlichen „Santa Barbara“ aus. Das war ihr Metier, das sie mit allen Winkelzügen und Finessen beherrschten, gar nicht zu reden von ihrer ausgezeichneten Seemannschaft.
Es stank ihnen gewaltig, bewegungslos und wie festgeleimt auf der Sandbank zu sitzen – und vor allem, dem Gegner die Initiative überlassen zu müssen. Nicht mal ausreißen konnten sie! Ausreißen war keine Schande, sondern stets der bessere Teil der Tapferkeit, wenn der Gegner übermächtig war.
Letzteres schien der Fall zu sein. Überschlägig hatte Hasard in der Nacht mindestens siebzig Angreifer gezählt, eher waren es mehr.
„Na?“ fragte Ben Brighton, als Hasard aufs Achterdeck stieg. „Was entdeckt?“
Hasard schüttelte den Kopf und zitierte aus der Schöpfungsgeschichte: „Und die Erde war wüst und leer.“ Er grinste hart. „In unserem Falle würde ich das begrüßen. Was mir nicht gefällt, das sind die Priele, die zwischen den Dünen verschwinden. Weißt du, was das sind? Das sind hervorragende Schlupfwinkel für Küstenwölfe. Die Kerle hatten Routine. Stimmst du mir zu?“
Ben Brighton nickte. „Ja. Das ging mir heute nacht auch durch den Kopf. Hätte Jack Finnegan die Kerle nicht rechtzeitig bemerkt, wären wir dran gewesen. Es waren zu viele. Sie hatten den Zeitpunkt für ihren Überfall gut abgepaßt. Verrückt, daß sie ihre Boote stakten, wie?“
„Nein, nicht verrückt, dafür jedoch lautlos, Ben“, erwiderte Hasard. „Riemen pflegen meistens zu knarren, und die Riemenblätter verursachen ein Plätschern. Gerade daß sie stakten, deutet auf ihre Routine hin.“
„Da hast du recht“, sagte Ben Brighton und fügte nachdenklich hinzu: „Ob das ihre einzigen Untersätze sind?“
„Bestimmt nicht“, erwiderte Hasard. „Küstenwölfe begnügen sich nicht mit Booten. Die haben garantiert auch größere Segler, und zwar Schiffchen, deren Tiefgang sie nicht hindert, die Priele zu befahren – oder auf ihnen zu verschwinden. Wer diese verdammte Ecke hier genau kennt, der ist fein heraus.“
„Vielleicht sollten wir an Land ein bißchen erkunden“, schlug Ben Brighton vor. „Oder uns mal die Rückseiten der Inseln anschauen. Was meinst du?“
„Ben“, sagte Hasard mit mildem Tadel in der Stimme, „du denkst doch sonst so gründlich nach! Was meinst du wohl, was die sich freuen, wenn wir so dumm sind, bei ihnen zu erkunden!“
„Ja“, sagte Ben erbost, „klar werden die sich freuen. Aber ich werde hier kribbelig.“
„Ausgerechnet du!“ sagte Hasard und grinste. „Und wenn du schon kribbelig bist, wie darf ich mich denn dann fühlen, he? Ich würde auch gern wissen, was sich hinter den Inseln oder in den Prielen versteckt. Aber ich möchte mich nicht mit Pfeilen spicken lassen oder in einen Hinterhalt geraten. Ich sage doch, die Kerle kennen ihre Ecke, wir aber nicht. Ein Wattengebiet ist sowieso eine Landschaft für sich. Hier mußt du geboren sein, um zu wissen, was sich zwischen Ebbe und Flut abspielt.“
„Scheiße“, brummte Ben Brighton und starrte zum Land hinüber. Und dann spuckte er außenbords.
Carberry erschien auf dem Achterdeck, grinste friedvoll und erklärte: „Sir, bitte um Entschuldigung, aber ich wollte dir die Buddel Rum zurückbringen.“ Er holte sie hinter seinem Rücken hervor. „Hatte zwar mächtigen Durst, hab’ aber nur die Hälfte ausgetrunken, weil ich nicht wußte, ob du mir die Buddel geschenkt hast – äh –, oder hattest du sie mir geschenkt?“
Hasard peilte nach dem Pegelstand in der Flasche. Es stimmte. Die Hälfte war noch drin. Da mußte sich der Profos mächtig am Riemen gerissen haben.
„Die war geschenkt, Ed“, sagte er, „für außergewöhnliche Verdienste um das Wohl der ‚Santa Barbara‘ und ihrer Crew, auch wenn du auf beiden Ohren schwerhörig warst und somit meine Befehle überhörtest.“
„Doch-doch, Sir“, versicherte der Profos, „deine Befehle hörte ich, aber die Umstände waren nicht so, sie sofort befolgen zu können. Ich bedanke mich – äh – submissest für die großzügige Schenkung, Sir.“
Hasard runzelte die Stirn. „Submissest? Wo hast du denn das her, Ed?“
„Ich nehme beim Kutscher Unterricht in der lateinischen Sprache, Sir“, erklärte der Profos unverfroren. „Um meine Bildung zu erweitern. Submissest heißt …“
„Ergebenst“, sagte Hasard, „ich habe auch mal ein bißchen Latein gelernt.“
Der Profos war enttäuscht.
Hasard grinste ihn an. „Frag mal den Kutscher, ob er weiß, was Anus Simiae heißt, Ed.“
„Was heißt es denn?“
„Affenarsch! Ganz wörtlich: der After des Affen. Anus ist After und Simiae der Affe. Simiae ist die Genitivform von Simia, also der Wesfall, der zweite Fall, wenn man das Wort Affe beugt oder dekliniert. Alles klar?“
Der