Seewölfe Paket 28. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 28
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954399963



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war er in den Priel getaucht – mit genauer Peilung des Bootes, bevor er unter Wasser verschwand. Tief war’s nicht, er konnte sich vom Grund auch mit den Füßen abstoßen. Den Hammer hatte er mit. Der steckte im Gürtel, ebenso der Meißel. Sonst hatte er keinerlei Waffen bei sich.

      Als der Schatten über ihn wegglitt, duckte er sich, fuhr dann aber wieder hoch. Er befand sich am Heck des Bootes. Das hatte er mehr geahnt als gesehen.

      Sich mit der Linken am Dollbord festhaltend, langte er mit der Rechten zu, griff sich den Kerl an der Pinne, schwenkte ihn hoch und außenbords und versenkte ihn. Der Kerl schien wie erstarrt zu sein. Die anderen im Boot auch. Fünf waren es noch.

      Carberry verspürte viel Grund unter den Füßen – da war wohl wieder mal ein Sandbuckel –, richtete sich auf, grinste die Kerle an – und stemmte mit einem Ruck das Heck des Bootes hoch, duckte sich blitzschnell, drückte im Aufrichten nach und kippte das Boot samt der fünf Kerle in seiner ganzen Länge über den Bug hin um.

      Ein Kraftakt! Aber der Profos verschlang ja auch so viele Spiegeleier.

      Das Boot lag kieloben auf dem Wasser, darunter die Kerle. Carberry holte seinen Hammer aus dem Gurt und drosch zwei wüste Löcher in den Rumpf. Als einer der Kerle seinen Kopf durch ein Loch steckte, verpaßte ihm Carberry den Profoshammer, nämlich die Faust aufs Haupt.

      Das war der Moment, in dem Hasard den bereits vermißten Profos entdeckte.

      „Ed!“ brüllte er. „Laß den Quatsch! Komm sofort zurück! Das ist ein Befehl, verdammt noch mal!“

      „Aye, Sir“, murmelte der Profos, hämmerte noch ein Loch in das Boot, schaute sich um, entdeckte ein zweites Boot, das in schneller Fahrt auf ihn zugestakt wurde – und verzog sich schleunigst unter Wasser, nachdem er mächtig Luft gepumpt hatte.

      Später erklärte er treuherzig, er habe sich in der Richtung geirrt. Jedenfalls schwamm er unter Wasser dem anderen Boot entgegen und ging es von vorn an, wo ein Kerl über den Vorsteven hing und ins Wasser stierte, offenbar, um Peilung von dem Christenhund aufzunehmen. Das Wasser im Priel war ja wirklich noch nicht tief. Carberry hatte immer noch Grundberührung.

      Er tauchte vor dem Kerl auf, griff ihm ins Haar, sagte etwas Freundliches, riß ihn von Bord und versenkte auch diesen Mann. Dieses Boot kippte er übers Heck um, indem er den Bug anlüftete, so daß alle Mann nach achtern purzelten und dort versammelt waren, als das Boot auf sie stürzte.

      „Ed!“ brüllte Hasard außer sich.

      Carberry zog den Kopf ein. Den Ton kannte er. Schade, er hätte diesem Kahn auch gern noch ein paar Löcher verpaßt, aber wenn der Kapitän derartig brüllte, dann wurde es Zeit, die Ohren anzulegen – dies im wahrsten Sinne des Wortes, denn ein Pfeil zischte an Carberrys rechtem Ohr vorbei, hautnah, er meinte, sogar das gefiederte Schaftende am Ohrrand gespürt zu haben.

      Wer hatte geschossen?

      Aha! Der Kaftanmann im Bug des dritten Bootes, das herangestakt wurde. Dieser Hundesohn! Mit einem fürchterlichen Schwung schleuderte Carberry den Hammer dem Kerl entgegen – gerade als der mit Pfeil und Bogen wieder auf ihn anlegte. Mit dem Schuß wurde es nichts. Der Hammer traf voll und fegte den Kerl rückwärts in die Plicht.

      Carberry schwenkte herum, sprang etwas hoch, knickte ab und glitt wie ein Aal ins Wasser. Weg war er. Und so hörte er auch nicht mehr, daß der Kapitän gedroht hatte, ihm ein paar Zähne einzuschlagen.

      5.

      Er enterte an Steuerbord auf – über die Jakobsleiter, die Smoky auch sofort einholte, als der Profos triefnaß auf die Kuhl sprang, aber gleich zwei Schritte zurücktrat, weil der Kapitän vor ihm auftauchte wie ein Gespenst der Verdammnis.

      Doch es war ein freundliches Gespenst, das auch keine Zähne einschlug. Allerdings knurrte es.

      Es knurrte: „Da, sauf, damit die Partie mit Will wieder gleichsteht, du verrückter Affenarsch!“ Und damit drückte das Gespenst dem Profos eine Buddel Rum in die Hand und war gleich darauf wieder verschwunden, denn dieser mitternächtliche Überfall auf die „Santa Barbara“ war noch längst nicht beendet. Er wurde fast zu einem Alptraum, denn diese Kerle, welche die Wüste ausgespuckt zu haben schien, steckten nicht auf.

      Sie hatten überraschen wollen – und waren selbst überrascht worden, und das insbesondere von der merkwürdigen Kampfesweise eines einzelnen Mannes, der wie ein Berserker gewütet hatte. Doch das hielt sie nicht davon ab, ihre Angriffe fortzusetzen, und zwar noch wütender und fanatischer als zuvor. Außerdem wußten sie sich in der Überzahl.

      Sie kannten das Wattengebiet von Abu Dhabi so genau wie das Innere ihrer Zelte, die im Schutze der Dünen aufgebaut waren. Sie wußten, welche „Khawrs“ mit genügender Wassertiefe durch die „Sabkhas“ führten – und in welche Richtungen sie abzweigten.

      „Khawrs“, das waren die Priele, „Sabkhas“ die weiten Salztonflächen des Watts, die mitunter von dem auflaufenden Wasser überflutet wurden.

      Die Sandbänke vor der Küste waren ihnen ebenso vertraut wie die vielen verschwiegenen Naturhäfen am Uferrand oder bei den Inseln und Inselchen. Und sie wußten exakt, wo die Korallenbänke lagen.

      Sie waren nomadisierende Wüstenbewohner und benutzten „das Schiff der Wüste“ – das Kamel. Es ermöglichte ihnen bei Gefahr im Verzuge die schnelle Flucht in die Wüste – oder den schnellen Ortswechsel entlang der Küste, wenn es galt, ein Schiff im Auge zu behalten, das zu plündern sich lohnte, sobald die Gelegenheit günstig war.

      Dann wandelten sie sich zu Fischen im Wasser, zu Raubfischen, wobei sie sich flinker kleiner Boote oder Dhauen bedienten, die sie exzellent beherrschten.

      In der Praxis ihres Gewerbes der Piraterie hatte es immer wieder Fälle gegeben, daß Schiffe auf den tückischen Sandbänken oder Korallenriffs aufliefen. Im Bild ähnelte das der Situation einer Fliege, die ins Netz einer Spinne geraten ist. Je heftiger sie zappelte, desto mehr verstrickte und verausgabte sie sich.

      Es hatte sich alles so abgespielt, wie das die Kerle gewohnt waren. Und sie hatten schon vorher gewußt, daß es die Christenhunde nicht schaffen würden, ihr Schiff mittels des ausgebrachten Ankers und des Gangspills von der Sandbank zu ziehen.

      Der Grund lag auf der Hand: Die Galeone war zum Ende des Hochwassers auf die Sandbank geraten, das Wasser begann bereits wieder abzulaufen, als der Anker ausgebracht wurde. Das heißt, jetzt verminderte sich der Wasserstand von Minute zu Minute, zwar langsam, doch stetig. Je weniger die Galeone aufschwamm, desto fester saß sie auf dem Sand. Da reichten die Kräfte der gesamten Mannschaft nicht mehr aus, die Position ihres festgefahrenen Schiffes auch nur um Haaresbreite zu verändern.

      Die Fliege klebte im Netz.

      Die Späher der Piraten von Abu Dhabi frohlockten, als sie am Abend entdeckten, wie die Christenhunde ihr Schiff verließen und anfingen, den Muschelbewuchs vom Rumpf zu entfernen. Dazu brauchten sie Licht – natürlich. Aber daß sie sich damit ihren Henkern blind darboten, das ahnten diese weißen Tölpel nicht. Sie konnten nicht vom Hellen ins Dunkle schauen, sie waren zudem durch die Arbeit an den Muscheln abgelenkt, und um Mitternacht würde die Müdigkeit einsetzen.

      Das war der Zeitpunkt zum Angriff, wie er günstiger nicht sein konnte, zumal sie auch noch zu Fuß ans Schiff herankamen und die Boote nicht zu überlasten brauchten. Bei dem Angriff zu Fuß über das Watt hatten sie den weiteren Vorteil, in völlig loser Kampfordnung vordringen zu können. Es gab keine Zusammenballungen. Der Gegner mußte jeden Angreifer einzeln aufs Korn nehmen.

      Aber der Überraschungsangriff war geplatzt, alles hatte sich anders entwickelt als sonst, ja, sie hatten bereits Tote zu verzeichnen, was selten passierte. Und sie hatten zwei Boote verloren. Das dritte trieb noch kieloben auf dem Priel.

      Sie schwärmten aus und griffen jetzt die „Santa Barbara“ von allen Seiten an, deren Mannen damit zur Rundumverteidigung gezwungen wurden.

      Hasard begriff das sehr schnell und postierte seine Arwenacks längs der Schanzkleider. Sie hatten sich inzwischen