Der ultimative Jimi Hendrix Guide. Gary J. Jucha

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Название Der ultimative Jimi Hendrix Guide
Автор произведения Gary J. Jucha
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854456193



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      „Wait Until Tomorrow“

      Schusswaffen blitzen regelmäßig im Werk von Jimi Hendrix auf. Bei „Hey Joe“ zieht der beschriebene Joe mit einer Waffe in seiner Hand durch die Straßen, was allgemein als lebendiges Bild empfunden wird. „Machine Gun“ beschreibt bildhaft Soldaten, die in einem Kampfgebiet auf Bauern schießen. In „Freedom“ zückt der Sänger seine Knarre, wohingegen „Wait Until Tomorrow“ einen seine Waffe tragenden Vater porträtiert, der einen ausreißenden Bräutigam niederstrecken will.

      Trotz des brutalen Endes gleicht „Wait Until Tomorrow“ einer Art Komödie – eine von Chandler bestätigte Interpretation, der meinte, „dass es als eine Art Scherz geschrieben wurde. Als (Hendrix) damit experimentierte, empfanden wir es als Witz, fast schon als einen komödienhaften Song“. Noel Redding parodiert die Kommentare der „liebestollen“ Dolly Mae und singt dabei mit Falsett-Stimme.

      „Have You Ever Been (To Electric Ladyland)“

      Zu den Gitarristen, deren Stil Hendrix absorbierte, gehört Curtis Mayfield, selbst ein höchst individueller Sänger und Gitarrist. Durch die große Eigenständigkeit und damit Wiedererkennbarkeit lässt sich sein Einfluss auf bestimmten Hendrix-Aufnahmen nicht von der Hand weisen.

      Mayfield wurde im selben Jahr wie Hendrix geboren, doch ihm gelang der Mainstream-Erfolg wesentlich früher, und zwar mit seiner Gruppe Impressions. Sie hatte 1958 mit „For Your Precious Love“ den ersten Hit, bei dem aber noch Jerry Butler die Leadstimme sang. Der erste Hit mit Mayfields Falsett-Gesang war „Gypsy Woman“ aus dem Jahr 1961. Der Falsetto-Gesang war ein wichtiges Stilmerkmal Mayfields, ebenso wie auch sein Gitarrenspiel, da er das Instrument nach den schwarzen Tasten eines Klaviers stimmte.

      Während der ersten Hälfte der Sechzigerjahre kreuzten sich die Wege der beiden Musiker auf der sogenannten Ochsentour. Einmal „lieh“ sich Hendrix Mayfields Verstärker ohne dessen Einwilligung aus, den er aufgrund der übermäßigen Lautstärke beschädigte, was dazu führte, dass man ihn noch während der laufenden Tournee rauswarf. Somit wirkt es ironisch, dass Mayfields Einfluss bei den sanfteren Hendrix-Songs liegt, zu hören beim Titeltrack von Electric Ladyland und dem wunderschönen „Little Wing“.

      Mayfield verließ dann die Impressions, um sich einer Solokarriere zu widmen. Wie bei vielen Künstlern um das Jahr 1970 herum lässt sich in seiner Musik ein neues Bewusstsein für soziale Belange erkennen. Zu dem Zeitpunkt hörte Mayfield die Musik von Hendrix und war wahrscheinlich mit dem Repertoire der Band of Gypsys vertraut, das eher auf einen Konfrontationskurs abzielte, im Vergleich zu den Stücken der Experience.

      In Bezug auf Hendrix erklärte Mayfield Chuck Philips von der Los Angeles Times 1989: „Jimis musikalischer Ansatz transzendierte Rassenschranken. Seine Vorstellungskraft kommunizierte mit den Menschen auf einer grundlegenderen Ebene. Bedenkt man die psychedelischen Elemente, entsprach er beinahe einem Wissenschaftler, der die Effekte studierte.“

      Hier zeigt sich das perfekte Verständnis von „Have You Ever Been (To Electric Ladyland)“, denn wie auch schon in „Up From The Skies“ vom vorhergehenden Album findet im ersten Song von Electric Ladyland das Fliegen Erwähnung: Hendrix deutet auf einen magischen Teppich hin, von dem er will, dass der Hörer ihn „mit Klängen und Bewegungen fliegt“ („with sound and motions“). Dann regt er die Erkenntnisfähigkeit des Zuhörers an: Er soll sehen, dass „Gut und Böse nebeneinanderliegen, während elektrische Liebe den Himmel durchdringt“ („good and evil lay side by side while electric love penetrates the sky“).

      „Who Knows“

      Das „Frage und Antwort“-Spiel ist ein musikalisches Muster, so alt wie die Berge und das Meer. Es lassen sich dementsprechende Beispiele in den bei der Feldarbeit gesungenen Sklaven-Songs nachweisen und auch bei Seemannsliedern. Das Muster findet sich allgemein in afroamerikanischen Musikstilen wie Gospel, Blues und Rhythm and Blues und kommt auch in dem gut ein Dutzend Originalkompositionen vor, die von Hendrix’ schwarzem Trio, der Band of Gypsys, stammen.

      Die „Frage und Antwort“-Passagen von Hendrix und Drummer Buddy Miles bei dieser Aufnahme vom Album Band Of Gypsys verschleiern die Tatsache, dass der Track im negativen Aspekt der Beziehung zwischen dem Gitarren-Genie und Devon Wilson wurzelt. Fast alle Stücke aus den Jahren 1969 und 1970 mit dem Thema Partnerschaft drehen sich um das unglückliche Verhältnis, aus dem er sich bis zu seinem Tod zu lösen versuchte. Bei „Who Knows“ ist der Musiker aus „Stone Free“ von den Tourneen zurückgekehrt und muss herausfinden, dass seine Freundin nicht mehr auf ihn wartet. Die Rollen haben sich ins Gegenteil verkehrt, und nun schläft sie sich durch fremde Betten, und der Protagonist muss „Ketten [ertragen], die um seinen Kopf herum angebracht sind“ („chains attached to [his] head“).

      Die Live-Aufnahme von der ersten Show im Fillmore East am Neujahrstag 1970 lässt sich laut Charles Shaar Murray als „brandneuer Funk [beschreiben], [dem sich Hendrix] niemals in einer anderen Formation näherte“. Beinahe 20 Jahre später wurde der Song geschickt von Digital Underground als zweiter Track von Sex Packets gesampelt („The Way We Swing“), wodurch viele Hip-Hopper die Musik von Jimi Hendrix kennenlernten.

      „(Here He Comes) Lover Man“

      Es gibt keinen von Hendrix komponierten Song, der ihm mehr Ärger bereitete. „Lover Man“, inspiriert von B.B. Kings „Rock Me Baby“, wurde von der Experience beim Monterey International Pop Festival aufgeführt. Dem voraus ging jedoch schon ein erster Versuch, das Stück aufzunehmen, und zwar am 4. April 1967 in den Olympic Studios. Trotz der energiereichen Fassung, die man einfing, wurde der schlussendliche Take aber nicht bei Are You Experienced berücksichtigt.

      Allerdings tauchte die Nummer im Laufe der Karriere der Experience auf unzähligen Set-Listen auf. Tatsächlich wurde das Stück nach Hendrix’ Durchbruch von jeder Besetzung aufgeführt. Laut der bedeutenden Hendrix-Aufnahme-Bibel From the Benjamin Franklin Studios von Gary Geldeart und Steve Rodham waren 2008 ganze 48 Versionen des Stücks verfügbar, das zu Hendrix’ Lebzeiten unveröffentlicht blieb.

      Bezüglich des Textes findet sich das bereits angesprochene AAB-Gesangsmuster, wobei die Ausdrucksebene eher schlicht bleibt. Verwirrend ist das Konzept, dass der Erzähler „dein Liebhaber“ ist („your lover man“) und gleichzeitig versucht, den Kopf von diesem Kissen zu heben („head from this pillow“), oder um seine Laufschuhe bittet. Jedoch entschädigt die Gitarrenarbeit in vollen Umfang, welche offensichtlich aber nie den hohen Standard von Hendrix’ Veröffentlichungspolitik erfüllte.

      5

      Verlockungen und Gelüste

      Freundinnen und Groupies

      Jimi Hendrix mochte die Damenwelt – „elektrische Ladys“ und andere! Obwohl er Frauen in seinen Songs meist idealisierte, lässt sich sein realer Umgang als leichtfertig und unbekümmert beschreiben. Er war dafür bekannt, auf einer Tournee die am fertigsten aussehende oder verrückteste Frau auszuwählen, wonach er mit ihr schlief und sie dann aus dem Zimmer warf. In Biografien über ihn werden gelegentlich Listen veröffentlicht, die hinsichtlich des Umfangs einem Medikamenten-Beipackzettel gleichen. Während seiner Teenagerjahren in Seattle, einer Zeit, in der er introvertiert und arm war und sich nur für die Gitarre interessierte, zählten Carmen Goody und Betty Jean Morgan zu seinen Freundinnen. In Nashville gab es eine gewisse Joyce Lucas, eine Kosmetikerin und Inhaberin des Joyce’s House of Glamour, sowie die Barfrau Verdell Barlow. In New York City fanden sich das Harlem-Groupie Lithofayne „Fayne“ Pridgeon und Carol Shiroky. Seine Londoner Beziehung mit Kathy Etchingham verlief meist monogam, abgesehen von der Zeit, in der er auf Tour war. (Dann ließen es beide hoch hergehen.)

      Hendrix drückte häufig seine Abneigung gegen die Ehe in Interviews aus und in Songs wie „51st Anniversary“ mit seinen Beschreibungen der negativen Seite des „Bundes fürs Leben“, nicht zu vergessen ­„Castles Made Of Sand“, wo sich ein verheiratetes Paar auf offener Straße streitet und der Mann klagt: „Was geschah nur mit der innigen Liebe zwischen uns?“ („What happened to the sweet love you and me had?“) Die Heirat stellte eine Kette dar, an die sich Hendrix klugerweise nicht fesseln wollte. Auch schien ihn das Ehegelübde